170 Tote

Kirgistan-Unruhen: Usbekistan macht dicht

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Deutschland fliegt Ausländer aus - keine Österreicher im Krisengebiet.

Vier Tage nach Beginn der gewalttätigen Unruhen zwischen Kirgisen und Angehörigen der usbekischen Minderheit stabilisiert sich die Lage nach offiziellen Angaben im Süden von Kirgistan langsam wieder. "Die vergangene Nacht war mehr oder weniger ruhig in der Region", sagte ein Vertreter des kirgisischen Innenministeriums in der Hauptstadt Bischkek. Dafür hätten zahlreiche Sicherheitskräfte gesorgt. Auch hätten Hilfslieferungen an Bedürftige verteilt werden können. Das große Problem sei die Verbreitung von Gerüchten, die Panik und Spannungen schürten.

170 Tote, 1.700 verletzt
Wie das Gesundheitsministerium mitteilte, wurden bisher 170 Menschen getötet und mehr als 1.700 verletzt. Allerdings gehen Augenzeugen von deutlich mehr Toten aus, weil die Usbeken ihre Leichen aus Angst nicht in die kirgisischen Einrichtungen bringen. Medien nannten am Dienstag die Zahl von 2000 Todesopfern in Osch und Dschalal-Abad (Jalalabad). Viele Leichen wurden ohne Identifizierung in Massengräbern begraben. Beweise für diese deutlich höhere Zahl an Toten gab es zunächst aber nicht. Das Verhältnis zwischen beiden Bevölkerungsgruppen ist vor allem wegen der wirtschaftlichen Ungleichheit angespannt. Die politische Situation in Kirgistan ist seit dem Sturz von Staatschef Kurmanbek Bakijew im April, bei dem 87 Menschen ums Leben kamen, äußerst instabil.

Usbeken auf der Flucht
Die humanitäre Katastrophe wegen der Unruhen hat sich auch auf das benachbarte Usbekistan ausgeweitet. Zehntausende Usbeken sind auf der Flucht vor den ethnischen Zusammenstößen in Osch und Dschalal-Abad. Weil der Flüchtlingsstrom nicht abreißt, schloss Usbekistan am Dienstag seine Grenze. "Wir haben einfach keine Kapazitäten mehr", sagte der usbekische Vize-Regierungschef Abdulla Aripow nach Angaben des zentralasiatischen Nachrichtendienstes CA-News. Neben Kirgistan fordert nun auch Usbekistan Hilfe, um der Krise Herr zu werden. Nötig seien vor allem Medikamente, Betten und Verbandsmaterial für die vielen Verletzten, teilten die usbekischen Behörden mit. Die Menschen wurden in Zeltlagern, in Schulen und Kindergärten und Krankenhäusern des Gebiets Andischan untergebracht.

Deutschland evakuierte 89 Ausländer
Das deutsche Auswärtige Amt hat 89 Europäer und andere Ausländer aus dem Krisengebiet in Kirgistan evakuiert. Die Ausländer seien in der Nacht auf Dienstag mit zwei Charter-Maschinen aus Osch in die Hauptstadt Bischkek ausgeflogen worden, sagte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle am Dienstag in Berlin. Die deutsche Botschaft sei die einzige Vertretung eines EU-Landes in Bischkek und habe daher erstmals die Organisation einer solchen Evakuierungsaktion übernommen. Die deutschen Diplomaten hätten dabei eng mit der US-Botschaft zusammengearbeitet.

Westerwelle rief erneut alle Konfliktparteien zur Beendigung der Gewalt auf. Besonders besorgt zeigte sich der Außenminister über die Lage der usbekischen Flüchtlinge, deren Zahl nach UNO-Schätzungen 100.000 überschreiten könnte. Um ihre Situation zu verbessern, kündigte Westerwelle 500.000 Euro humanitäre Hilfe an.

Unter den in der Nacht ausgeflogenen Ausländern waren nach Angaben aus Diplomatenkreisen keine Deutschen. Es habe sich um 40 Europäer gehandelt, darunter elf Schweizer. Außerdem seien 31 Amerikaner sowie Brasilianer und Südkoreaner evakuiert worden. Zwei Deutsche hatten Osch schon zuvor verlassen. Vermutet wird, dass sich nun noch ein einziger Bundesbürger in Osch aufhält. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen halten sich zurzeit noch um die 200 Deutsche in Kirgistan auf, die meisten von ihnen jedoch in der Bischkek.

Keine Österreicher im Krisengebiet
Laut dem österreichischen Außenministerium befinden sich im Krisengebiet nach derzeitigem Wissenstand keine Österreicher mehr. Einer von drei Österreichern bei einer Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek, der sich in Osch aufgehalten hatte, sei bereits am Wochenende von der OSZE nach Bischkek zurückgebracht worden und wohlauf, sagte Ministeriumssprecher Peter Launsky-Tieffenthal der APA auf Anfrage.

Sicherer Korridor gefordert
Der UNO-Sicherheitsrat verurteilte die andauernde Gewalt in Kirgistan. Die Menschen im Süden der zentralasiatischen Republik sollten Ruhe bewahren und zu Recht und Ordnung zurückkehren. Es sei an der Zeit, Nahrungs- und Hilfsmittel in das Krisengebiet zu schicken, mahnte Ratspräsident Claude Heller am späten Montagabend (Ortszeit) im Namen der 15 Rats-Mitgliedsländer. Gefordert wurde, einen sicheren Korridor für Hilfslieferungen zu schaffen.

Unterstützung für Betroffene
Dies sei angesichts der angespannten Sicherheitslage im Süden des Landes dringend nötig, damit die UNO und andere den Betroffenen Unterstützung zukommen lassen könnten, sagte am Montag der Untergeneralsekretär für politische Angelegenheiten, Lynn Pascoe. Zuvor hatte er den Sicherheitsrat über die Bemühungen der Vereinten Nationen informiert, den Betroffenen Hilfe zu gewähren. Große Sorge bereite den UNO auch die Situation der Flüchtlinge, sagte Lynn. Deshalb versuche die Weltorganisation, dem Nachbarland Usbekistan genug Hilfe zukommen zu lassen, um es zur Aufnahme weiterer Geflohener zu befähigen. Die internationale Gemeinschaft müsse auch dringend der kirgisischen Übergangsregierung helfen, eine weitere Zuspitzung der Lage zu verhindern, sagte Pascoe dem Sicherheitsrat laut einer UNO-Mitteilung.

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