5.000 Polizisten und 500 Beobachter sorgten für einen fairen Ablauf.
Ohne die befürchteten gewaltsamen Zwischenfälle haben die Bürger Albaniens am Sonntag in den Städten und Gemeinden Parlamente und Bürgermeister gewählt. Über 5000 Polizisten und mehr als 500 ausländische Beobachter waren aufgeboten, um einen fairen Ablauf der Kommunalwahlen zu gewährleisten. Nach politischer Gewalt mit Toten, massiver Korruption und Wahlfälschungen will das NATO-Mitglied beweisen, dass es sich westlichen Standards annähert.
Die USA und die EU hatten viele Millionen investiert, um die Voraussetzungen für eine demokratische Wahl zu schaffen. Stimmberechtigt waren rund drei Millionen Bürger. Besonderes Interesse fand die Wahl in der Hauptstadt Tirana, wo Oppositionsführer Edi Rama zum vierten Mal als Bürgermeister antritt. Aber auch die Position von Regierungschef Sali Berisha könnte in Gefahr geraten, falls sein konservatives politisches Lager die Wahlen verliert.
Streit zwischen Sozialisten und Konservativen
Seit den Parlamentswahlen im Sommer 2009 sind die Konservativen mit den oppositionellen Sozialisten wegen angeblicher Manipulationen tief zerstritten. Die Opposition hatte deshalb monatelang das nationale Parlament boykottiert. Sollten die Sozialisten gewinnen, wollen sie vorzeitige Wahlen auf Landesebene verlangen. Aussagekräftige Ergebnisse der Kommunalwahlen sind nach Angaben der staatlichen Zentralen Wahlkommission erst in der kommenden Woche zu erwarten.
Der nach wie vor nicht beigelegte Langzeit-Konflikt zwischen Regierung und Opposition über die Parlamentswahl 2009 hatte im Jänner vier Todesopfer gefordert. Auch im Wahlkampf kam es zu Gewaltakten. Die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen gelten auch als Gradmesser für die Polit-Lager, auf wessen Seite die Mehrheit der Bevölkerung im Wahlstreit steht.
Angesichts der brisanten Lage bereisten Ministerpräsident Berisha von den Demokraten und der sozialistische Oppositionsführer Rama im von verbalen Auseinandersetzungen geprägten Wahlkampf das ganze Land und hielten bis in die kleinsten Ortschaften Kundgebungen ab.
Rama mit aufregendem Wahlkampf
Berisha ging zur Verstärkung ein Wahlbündnis mit Mehrheitsbeschaffer und Koalitionspartner LSI (Sozialistische Integrationsbewegung) ein und schickte gegen Rama seinen bisherigen Innenminister Lulzim Basha ins Rennen. Rama sorgte im boomenden, aber post-kommunistisch grauen Tirana zunächst mit knallbunten Fassaden, und zuletzt mit weiteren städtebaulichen Projekten für Aufsehen.
Während ihm die Regierung Korruption vorwirft, war Basha wegen Amtsmissbrauchs und Unregelmäßigkeiten beim Autobahnbau als früherer Transportminister angeklagt. Seine parlamentarische Immunität verhinderte jedoch ein Verfahren. Das Balkan-Land Albanien mit seinen rund 3,1 Millionen Einwohnern befindet sich schon seit der knapp ausgegangenen Parlamentswahl im Juni 2009 in einer tiefen politischen Krise.
Die Opposition erkennt die Ergebnisse nicht an und wirft Berishas Demokratischer Partei Manipulation vor. Berisha ließ eine Neuauszählung nicht zu, Rama konnte trotz Protestaktionen vom Parlamentsboykott bis zum Hungerstreik keine Neuwahlen durchsetzen. Unzählige Appelle des Staatspräsidenten Bamir Topi, der EU, der USA und anderer internationaler Akteure brachten keine Lösung.
Im Jänner wurden bei einer Anti-Regierungs-Demonstration in Tirana, als es Ausschreitungen gab und Oppositionsanhänger versuchten, den Regierungssitz zu stürmen, vier Demonstranten offenbar durch Schüsse der Republikanischen Garde getötet, die als damaligen Innenminister Basha unterstand. Mehr als 100 Menschen wurden verletzt. Im Kommunalwahlkampf kam es zu Schlägereien und einer Messerattacke. Sogar zu Sprengstoffanschlägen kam es, bei denen aber niemand verletzt wurde.
Das korruptionsgeplagte Albanien, das während der stalinistischen Diktatur vom Rest der Welt größtenteils isoliert war, total verarmte und auf seinem Reformweg schwere Rückschläge erlitt, ist heute NATO-Land und hat 2009 den EU-Beitritt beantragt.