Stichtag 1. Juli
Kroatien: Countdown zur EU-Mitgliedschaft
26.06.2013
Montag wird das Land als 28. EU-Mitglied aufgenommen. Wien half mit.
Kroatien wird als zweiter Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawien - nach Slowenien - ab 1. Juli der EU als 28. Mitglied beitreten. Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) hat die besondere Rolle Österreichs bei der Unabhängigkeit Kroatiens und dem darauffolgenden Annäherungsprozess an die EU im Gespräch mit der APA hervorgehoben: Österreich habe "Hilfe von A bis Z" geleistet, weil man überzeugt sei, dass "die Länder des Westbalkan" eine Europa-Perspektive brauchen. Spindelegger glaubt fest daran, dass das wirtschaftlich taumelnde Kroatien - auch durch den EU-Beitritt beflügelt - "wieder in die Aufwärtsspirale kommen" wird.
Wien half mit
Österreich habe den EU-Beitritt Kroatiens immer befürwortet. "Wir haben über verschiedene Klippen hinweggeholfen, etwa beim Streit über die Bucht von Piran mit Slowenien", betonte der Außenminister. Mit dem Ziel der EU-Mitgliedschaft vor Augen sei es in Kroatien zu "unglaublichen Veränderungen und zu einem Reformprozess" gekommen. "Österreich war und ist und bleibt ein Unterstützer Kroatiens", so der Außenminister, der am heutigen Mittwoch in Wien mit seiner kroatischen Amtskollegin Vesna Pusic zusammentreffen wird.
Angesprochen auf die wirtschaftlichen und budgetären Schwierigkeiten Kroatiens meinte der Außenminister: "Wir alle haben zu leiden unter der Krise, das ist nicht nur bei Kroatien so." Auch Österreich etwa habe nur ein geringes Wachstum. Dennoch hofft Spindelegger auf einen Reformmotor im Adriastaat, der auch für eine Konjunkturbelebung sorge. Kroatien sei wirtschaftlich stark vom Tourismus abhängig, sagte der Vizekanzler, er erwarte einen guten Sommer für das künftige EU-Mitglied.
Aufschwung
Doch auch die österreichische Wirtschaft könne zu einem Aufschwung in Kroatien beitragen, man sei schon über viele Jahre hinweg der größte Investor in dem Adriastaat, erinnerte Spindelegger, auch wenn es in den vergangenen Jahren immer wieder Beschwerden von Unternehmen über das Investitionsklima gegeben hatte. Einzelne Fälle werden auch auf Außenministerebene besprochen, um Lösungen zu finden.
"Wenn sich eine schlechte Nachricht in der Business-Community verbreitet, dann wird es keine weiteren Investitionen geben", mahnte Spindelegger. Für Investitionen brauche es natürlich auch Sicherheiten, also keine Korruption und ein gutes rechtsstaatliches System, da könne man auch nach dem Beitritt die Regierung ermahnen, falls etwas nicht so umgesetzt werde wie versprochen, erklärte der Außenminister. Vertragstreue sei auch für Kroatien ein wichtiger Punkt.
Spindelegger will die Beziehungen zur kroatischen Schwesterpartei HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft), die von zahllosen Korruptionsfällen gebeutelt wird, "auf einen neuen Stand bringen". Er habe den neuen HDZ-Vorsitzenden Tomislav Karamarko vergangene Woche in Wien getroffen. "Immer wenn es eine neue Führung gibt, braucht man ein neues Vertrauensverhältnis", so der Minister. Nach einem Treffen könne er aber nicht sagen, ob es eine neue Qualität bedeutet.
"Jeder, der eine Partei neu aufstellen muss, hat es schwierig, der verdient auch Unterstützung", betonte der ÖVP-Chef. Es sei aber klar, dass es bei Korruption kein Pardon gebe. "Das haben wir miteinander so ausgesprochen. Ich gehe davon aus, das Vertrauensverhältnis wird wieder wachsen. Das hängt auch davon ab, wie sich die HDZ entwickelt."
Stabilisierungs-Faktor
Das wichtigste Argument für einen EU-Beitritt Kroatiens, das er dem Österreicher auf der Straße nennen würde, sei die weitere Stabilisierung des Balkan, so der Außenminister. "Südosteuropa ist nach wie vor nicht frei von Krisen und Konflikten. Dort ein Mitglied zu haben, heißt Sicherheit". Österreich habe es in den 1990er Jahren erlebt, welche Folgen die Balkan-Kriege hatten. Spindelegger erinnerte unter anderem an die Flüchtlingswelle aus Ex-Jugoslawien.
"Unsicherheit, Konflikt, Krieg in der Nachbarschaft heißt: 'Du wirst mit einbezogen'." Kroatien sei aber ein Motivator für andere Staaten aus der Region wie Serbien und den Kosovo, um an dieser Friedensstruktur mitzuarbeiten. Der Fokus für die EU-Erweiterung liegt aus Sicht Spindeleggers auf dem sogenannte West-Balkan - etwa Mazedonien und Serbien. "Bei Bosnien hoffe ich, dass man einmal zu einem Beitrittsantrag kommt."