Landtagswahlen

Rot-Grün triumphiert in Bremen

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Die Grünen sind erstmals Zweite, CDU und FDP schlittern in ein Debakel.

Die rot-grüne Koalition in Bremen geht aus der Bürgerschaftswahl am Sonntag gestärkt hervor. Die SPD verbesserte sich den Hochrechnungen zufolge und wird wie in den vergangenen 65 Jahren mit Amtsinhaber Jens Böhrnsen wieder den Regierungschef des kleinsten deutschen Bundeslandes stellen. Die Grünen überholten erstmals bei einer Landtagswahl die CDU und wurden mit großen Zugewinnen zweitstärkste Kraft. Die FDP konnte von ihrer neuen Bundesspitze um Parteichef Philipp Rösler nicht profitieren und verpasste den Wiedereinzug in das Landesparlament deutlich. Die Linkspartei verlor Stimmen, schaffte aber die Wiederwahl.

Bremen
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Grünen-Spitzenkandidatin Karoline Linnert jubelt - (c) AP

Mit einem vorläufigen Endergebnis wird wegen des komplizierten neuen Wahlsystems erst Mitte der Woche gerechnet. Nach einer vom Landeswahlleiter veröffentlichten Hochrechnung legte die SPD auf 38,6 Prozent von 36,7 Prozent bei der Wahl 2007 zu. Die Grünen verbesserten sich stark auf 22,5 Prozent gegenüber den 16,5 Prozent vor vier Jahren. Zusammen kommen beide Parteien demnach auf 57 Mandate, die Mehrheit liegt bei 42 Sitzen. Die CDU kam auf 20,1 Prozent und verlor damit über fünf Punkte (2007: 25,6 Prozent). Die Linke verschlechterte sich auf 5,9 Prozent. 2007 hatte sie mit 8,4 Prozent erstmals den Sprung in ein westdeutsches Landesparlament geschafft. Die FDP scheiterte mit 2,4 Prozent klar an der Fünf-Prozent-Hürde nach sechs Prozent 2007.

Viele Jungwähler

Erstmals bei einer Landtagswahl durften auch die 16- und 17-Jährigen abstimmen. Da sie aber nur rund 10.000 der etwa 500.000 Wahlberechtigten stellen, haben diese Jungwähler nur wenig Einfluss auf das Ergebnis. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 56,7 Prozent einen Tiefstand, nach 57,5 Prozent 2007.

Keine bundespolitische Bedeutung
Auch wenn Politologen und Wahlforscher der Bremer Wahl keine bundespolitische Bedeutung zumessen, spiegeln sich in ihr auch bundesweite Trends. So konnten die Grünen von der Atomdebatte profitieren und erreichten wie zuvor in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ihr bisher bestes Ergebnis. Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, sieht in der Wahl ein gutes Vorzeichen für die Berliner Abgeordnetenhaus-Wahl im September: Dies sei eine Vorlage für die Spitzenkandidatin Renate Künast, "die in Berlin stärkste und nicht zweitstärkste werden will".

Negativtrend bei FDP
Die FDP konnte ihren Negativtrend nicht umkehren, obwohl es im Landesverband deutliche Kritik am früheren Parteichef Guido Westerwelle gab und die Partei mittlerweile ihr Spitzenpersonal ausgetauscht hat. FDP-Generalsekretär Christian Lindner wertete die Niederlage nicht als Schlappe für Bundeschef Rösler. Die Wahl sei aber ein klares Zeichen, dass die Menschen von der Bundesregierung mehr "Gestaltungsehrgeiz" erwarteten. Ursache für das Scheitern der FDP sind auch massive Bremer Querelen, die im Parteiaustritt des Fraktionsvorsitzenden gipfelten.

Die SPD konnte wie bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im Februar zulegen, wenn auch nicht ganz so deutlich. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem "Riesenerfolg". Von einem Trend, wonach die SPD vor allem in Stadtstaaten stark ist, wollte Gabriel nicht sprechen. Er verwies etwa auf Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, wo SPD-geführte Regierungen im Amt sind.

CDU-Debakel
Die Bremer CDU konnte mit ihrem Neuanfang nicht beim Wähler punkten. 2008 hatte der dreimalige Spitzenkandidat Bernd Neumann nach 29 Jahren sein Amt als Landesvorsitzender abgeben. Die danach folgenden innerparteilichen Streitigkeiten im Zuge des angestrebten Generationenwechsels kamen beim Wähler offenbar nicht an. Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Hermann Gröhe, sagte, seine Partei müsse ihre Großstadt-Kompetenz verbessern.

Auch bei der Bremer Linkspartei gab es heftige Auseinandersetzungen mit Aus- und Rücktritten. Bundesweit ist für die Partei der Wiedereinzug in die Bürgerschaft von Bedeutung, wird er doch als Beleg für eine Etablierung auch in der westdeutschen Politlandschaft gewertet. Damit verringert sich auch der Druck auf die umstrittenen Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst.

Die Spitzenkandidaten im Porträt - Seite 2 >>


Jens Böhrnsen - SPD
Bremens Regierungschef ist Sozialdemokrat mit Leib und Seele, seine Arbeit betrachtet er als "Privileg". Der 61-Jährige gilt als fleißiger, akribischer Arbeiter, der nach außen eher zurückhaltend wirkt. Im vergangenen Jahr war er als amtierender Vorsitzender des Bundesrates nach dem Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler im Mai bis zur Wahl von Christian Wulff vorübergehend Staatsoberhaupt.

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Böhrnsen arbeitete früher als Richter. Seit November 2005 ist er der Chef im historischen Rathaus. Bei einer Befragung der Genossen setzte sich der damalige SPD-Fraktionschef zu jener Zeit gegen den früheren Senator und Ex-Manager des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, Willi Lemke, durch.

Nach der Landtagswahl 2007 beendete der Vater von zwei erwachsenen Kindern nach zwölf Jahren die Koalition von SPD und CDU im kleinsten Bundesland und holte die Grünen als Juniorpartner ins Kabinett. Seine wichtigsten Anliegen sind das Wohl der Kinder und die Sanierung des maroden Haushalts in dem hoch verschuldeten Bundesland.

Karoline Linnert - Grüne

Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert von den Grünen hat keinen leichten Job. Das kleinste Bundesland ist mit rund 18 Milliarden Euro verschuldet. 2007 musste die heute 52-Jährige bereits kurz nach Amtsantritt erstmals eine Haushaltssperre verhängen. In den Jahren danach folgten weitere.

Bremen Linnert Lüllmann Böhrnsen
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Sparen ist Linnerts oberste Maxime, was ihr nicht überall Freunde macht. Dennoch liebt sie ihren Job. Schließlich wusste die rothaarige Politikerin vor Amtsantritt, was ihr blüht: Von 2003 bis 2007 leitete sie den Haushalts- und Finanzausschuss im Landesparlament, der Bremer Bürgerschaft.

Im Wahlkampf gab sich die zweifache Mutter volksnah. "Karo Linnert" prangte auf den Plakaten neben ihrem Porträt. Die älteste Tochter eines Kaufmanns wuchs in Bielefeld auf. Nach dem Abitur machte sie eine Lehre zur Röntgenassistentin und studierte Psychologie in Oldenburg und Bielefeld. 1980 trat sie den Grünen bei und gründete die Partei in Bremen mit. Seit 1991 sitzt sie im Landtag, von 2000 bis 2007 als Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Auch privat sieht es bei Karoline Linnert grün aus. Ein eigenes Auto besitzt die Familie der 52-Jährigen nicht. Stattdessen setzen die Linnerts auf Carsharing, Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel. Auf dem Dach des Hauses thront eine Solaranlage. Ruhe vom politischen Trubel findet die Senatorin in ihrem Kleingarten an der Weser. In ihrer Freizeit spielt sie gerne Doppelkopf und Skat.

Rita Mohr-Lüllmann - CDU
Sie ist die erste Frau, die als Spitzenkandidatin der Bremer Christdemokraten an der Weser antrat. Die in Altena in Westfalen geborene Gesundheitspolitikerin lebt seit mehr als 30 Jahren in der Hansestadt. Seit 2003 sitzt die gelernte Apothekerin in der Bremer Bürgerschaft. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Landespartei und der Fraktion.

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Ihre politische Laufbahn ist auch mit dem Schicksal des kleinen Kevin verknüpft, der 2006 tot im Kühlschrank seines Ziehvaters gefunden worden war. Mohr-Lüllmann saß im Untersuchungsausschuss des Parlaments, der das staatliche Versagen beim Tod des Jungen offenlegte. Bis heute ist der Fall ein Trauma in Bremen.

Neben ihrer Arbeit für die Partei und im Parlament engagiert sich Mohr-Lüllmann in einem sozialen Projekt in einer kleinen Schule in einem Brennpunkt. "Da kümmern wir uns um Kinderbetreuung, um die Nachmittagsbetreuung und vor allem aber auch um gesunde Ernährung", berichtet sie. Aber die Christdemokratin nimmt sich auch Auszeiten, geht gerne wandern, läuft oder trainiert in einem Fitnessstudio. Zudem liest sie leidenschaftlich gerne.
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