Das Landesgericht Aachen verurteilte den 88-jährigen früheren SS-Mann.
In einem der wohl allerletzten großen NS-Prozesse in Deutschland ist der frühere SS-Mann Heinrich Boere zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Aachener Landgericht sprach den 88-Jährigen am Dienstag des dreifachen Mordes für schuldig. Der Vorsitzende Richter Gerd Nohl sagte zu der Erschießung der niederländischen Zivilpersonen im Jahr 1944 in Breda, Voorschoten und Wassenaar bei Den Haag: "Es waren Morde, die an Niederträchtigkeit und Feigheit kaum zu überbieten waren - außerhalb der Anständigkeit eines jeden Soldaten."
Das Gericht folgte mit seinem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Anklagebehörde hatte die Taten als heimtückische und meuchlerische Morde bewertet. Boere, Sohn einer Deutschen und eines Holländers, sei ein überzeugter Nazi gewesen und habe als Spion im Widerstand Landsleute ans Messer geliefert. Boere hatte die 19 Prozesstage im Rollstuhl sitzend verfolgt. Er hatte so gut wie nichts selbst gesagt.
"Habe gelernt, Befehle auszuführen"
Boere hatte
vor Gericht die Tötungen zugegeben. In einer von seinem Verteidiger
verlesenen Erklärung beteuerte der Angeklagte allerdings, als Mitglied des
SS-Killerkommandos "Feldmeijer" der "Germanischen SS in den Niederlanden" in
Befehlsnotstand gehandelt zu haben. Er habe damals nicht in dem Bewusstsein
gehandelt, ein Verbrechen zu begehen. "Als einfacher Soldat habe ich
gelernt, Befehle auszuführen, und wusste, dass ich bei Nichtbefolgen eines
Befehls meinen Eid brechen und selbst erschossen werden würde",
argumentierte er.
Boeres Verteidiger hatten die Einstellung des Verfahrens verlangt - oder im Falle einer Verurteilung eine Höchststrafe von sieben Jahren. Ihr Mandant sei für seine Taten bereits nach Kriegsende in den Niederlanden verurteilt worden. Der Prozess verstoße damit gegen des Verbot der Doppelverfolgung. Boere hat die damals verhängte Strafe allerdings nie verbüßt. Trotzdem dürfe er nicht noch einmal verurteilt werden, hatten die Verteidiger mit Hinweis auf die neue Grundrechte-Charta der EU argumentiert. Bei einem Schuldspruch müssten Mediziner zudem den 88-Jährigen erst für haftfähig erklären.