Seit 90 Jahren versuchen die Liberalen das Labour-Tory-Duopol in Großbritannien zu durchbrechen. Nie waren sie ihrem Ziel so nahe wie jetzt.
Der neue Star der britischen Innenpolitik heißt Nick Clegg. Katapultartig schoss der Spitzenkandidat der Liberaldemokraten für die Wahl am 6. Mai seine Partei auf Platz eins in der Wählergunst. Bei einer TV-Konfrontation letzte Woche ließ er die Chefs der etablierten Parteien, Premierminister Gordon Brown von der Labour Partei und David Cameron von den konservativen Tories, alt aussehen.
Senkrechtstart.
Cleggs Liberaldemokraten rangieren prompt bei 33
Prozent und damit einen Prozentpunkt vor den Konservativen. Für die seit 13
Jahren regierende Labour-Partei von Premier Gordon Brown sprachen sich am
Montag nur 26 Prozent aus.
„Dritter Mann“.
Trotz allen Erfolges gibt sich Clegg
bescheiden: Die Hunderten Umfragen vor der Parlamentswahl dürften nicht
überbewertet werden. Er habe seine Füße weiterhin „fest auf dem Boden“,
beteuerte Clegg. Der 43-Jährige gilt als moderner Politiker neuer Schule,
der vor allem bei jungen Leuten gut ankommt.
Exot.
In der britischen Politik wirkt Clegg wie ein Exot. Das
mag mit seinen Familienverhältnissen zusammenhängen: Als Sohn eines
halbrussischen Bankers und einer Holländerin heiratete er die Tochter eines
spanischen Senators. Mit Miriam González Durántez, einer feschen Juristin
aus Valladolid, hat er drei Kinder: Antonio, Alberto und Miguel.
Polyglott.
Clegg spricht – für britische Politiker ungewöhnlich
– fünf Sprachen fließend: Englisch, Holländisch, Französisch, Spanisch und
Deutsch.
Deutsch-Kanone.
Seine Sprachkenntnisse in Deutsch erwarb Clegg
im Zuge eines Schüler-Auslandsaufenthaltes in München sowie bei seinem
Ferialjob in der Studentenzeit: Er arbeitete als Skilehrer in Tirol. Und
noch etwas ist neu für die Briten: Clegg spricht offen über seine
Vergangenheit, etwa: „Vor meiner Ehe habe ich nicht mit mehr als 30 Frauen
geschlafen.“