Kämpfer müde, Ausrüstung mies

Libyen: Frust bei Rebellen

31.03.2011

ÖSTERREICH-Reporter Karl Wendl über die Lage der Rebellen in Libyen.

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Zurück bei den Rebellen. Wieder an der Frontlinie. Als ich das letzte Mal bei den Gaddafi-Gegnern war, schien die Truppe voller Euphorie, Entschlossenheit: „Einige Tage wird es noch dauern“, jubelte damals Abdul Hamad (24), ein Ingenieur und Kommandant einer Einheit, „dann sind wir in Tripolis, vertreiben Gaddafi.“ Nun ist von dieser Euphorie nur mehr wenig zu spüren.

Jeder kämpft allein – klares Kommando fehlt
Jetzt, drei Wochen und Hunderte Luftangriffe durch die Alliierten später, gibt es Hamads Rebellen-Einheit immer noch. Aber: Die Aufständischen wirken niedergeschlagen, frustriert, erschöpft. Und: Sie stehen jetzt nicht mehr in Ras Lanuf, sondern an einem Checkpoint bei Adschdabija. Fast 300 Kilometer von der ursprünglichen Frontlinie entfernt. Die beiden Erdölzentren sind wieder in der Hand der Gaddafi-Einheiten.

„Was ist geschehen, warum der Rückzug?“, frage ich Hamad: „Gaddafis Truppen haben ihre Taktik geändert“, sagt er und erklärt: „Sie sehen jetzt aus wie wir – kleine Einheiten, schnell, wendig. Keine Panzer, die ein leichtes Ziel für die Bomber sind. Sondern Stoßtrupps mit effizienten Waffensystemen: Raketenwerfer, Boden-Boden-Raketen, gepanzerte Fahrzeuge – wir hatten kaum Chancen, die sind besser organisiert.“

Vor drei Wochen trug ­Hamad noch Turnschuhe, Jeans, T-Shirt, eine Regenjacke. Jetzt sieht er aus wie ein Guerillakämpfer: Tarnuniform, Kalaschnikow, Handgranaten am Hosengurt, schwarze Stiefel, Bart. Auf seinem Toyota-Pickup ist eine Stalinorgel installiert.

Seine zwei Dutzend Kämpfer liegen neben den Autos, schlafen erschöpft. Funkgerät hat keiner, nur Smartphones, doch die funktionieren kaum: „Wir sind zu schlecht organisiert“, klagt Hamad: „Keine Kommandostrukturen, kaum Kommunikation. Manchmal weiß ich gar nicht, wo meine Kameraden sind – vor uns, neben uns, ein Chaos.“ Immer wieder rasen Dutzende Jeeps an der Küstenstraße an uns vorbei. Niemand kann genau sagen, wo Gaddafis Truppen eigentlich sind: „Wir sehen nur die Rauchpilze“, sagt Hamad, „daran orientieren wir uns.“

Zivilisten sorgen für die Verpflegung der Rebellen
Rund viertausend Rebellen sind an der Frontlinie: „Ständig kommen neue, in Drei-Tages-Kursen ausgebildete Soldaten. Die zu integrieren ist das größte Problem“, sagt Hamad: „Euphorie reicht nicht.“

Ebenso chaotisch funktioniert der Nachschub: „Verpflegung gibt’s dann, wenn Zivilisten etwas bringen“, sagt er, „selbst der Sprit wird knapp, seit wir die Kontrolle über die Raffinerien verloren haben.“

Die fehlenden Strukturen bei den Rebellen erschweren den Kampf. Spezialisten der Alliierten sind vor Ort. Spionieren die Stellungen der Gaddafi-Truppen aus, markieren für Bomber-Piloten mit Infrarotmarkern die Ziele: „Anders könnten die uns inzwischen gar nicht mehr unterscheiden“, analysiert Hamad: „Wie sollen sie in zehntausend Meter Höhe auch erkennen, wer hier wer ist?“

Text: K. Wendl aus Bengasi


Wohin mit Mussa Kussa?

CIA-Spione unterstützen die libyschen Rebellen bei Kampf gegen Gaddafi.

Die Flucht des ehemaligen libyschen Außenministers Mussa Kussa dürfte Gaddafi schwer getroffen haben. Er soll getobt und mit Kussas Tötung gedroht haben.

Kussa hält sich derzeit in London auf. Unklar ist, wie er vom Westen weiter behandelt werden soll. Der 62-Jährige war eine der tragenden Säulen des Gaddafi-Regimes. Er soll für die Tötung einer großen Zahl von Menschen verantwortlich sein und bei zahlreichen Terror-Anschlägen im Ausland seine Finger im Spiel gehabt haben.

Andererseits erhofft sich der Westen von Kussa wichtige Informationen im schwierigen Kampf gegen Gaddafi. Der libysche Herrscher soll durch seine Flucht noch mehr isoliert werden. Das Ziel, einen Keil durch das Regime zu treiben, scheint erreicht.

Die Rebellen werden jetzt auch von CIA-Agenten unterstützt, die US-Präsident Barack Obama nach Libyen geschickt hat. Sie sollen Angriffsziele für Luftschläge gegen Gaddafi auskundschaften sowie Kontakte zu den Aufständischen knüpfen.

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