Vergeltungsschlag
Libyen lässt EU-Bürger nicht einreisen
15.02.2010
Laut Italien handelt es sich um eine Vergeltungsmaßnahme gegen die Schweiz.
Bürger der Europäischen Union können derzeit nicht nach Libyen einreisen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Montag auf dem Flughafen der Hauptstadt Tripolis erfuhr, verweigert das nordafrikanische Land EU-Bürgern mit Ausnahme von Briten die Erteilung von Einreise-Visa. "Es stimmt. Diese Entscheidung ist gefallen. Keine Visa für Europa, außer für Großbritannien", sagte ein auf Anonymität bestehender Vertreter des Flughafens. Gründe für die Entscheidung wurden nicht genannt.
"Kein Visa für Europa"
Das italienische
Außenministerium bestätigte die Angaben und sprach von einer
Vergeltungsmaßnahme für die Entscheidung der Schweiz, eine Liste mit 180 von
einem Einreiseverbot betroffenen Libyern zu veröffentlichen. Betroffen seien
alle Länder der Schengen-Zone, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Von der
libyschen Regierung war zunächst keine Bestätigung zu erhalten.
Lybien vs. Schweiz
Libyen und die Schweiz liegen seit fast
eineinhalb Jahren im Dauerstreit. Zwei Schweizer Geschäftsleute waren im
Juli 2008 in dem nordafrikanischen Land festgesetzt worden, nachdem in Genf
ein Sohn des libyschen Revolutionsführers Muammar Gaddafi, Hannibal, und
seine Frau kurzzeitig unter dem Vorwurf der Misshandlung zweier
Hotelangestellter im Sommer 2008 festgenommen worden waren.
Zusammenhang bestritten
Als Repressalie hinderte Tripolis die
Schweizer Max Göldi und Rahid Hamdani an der Ausreise aus dem
nordafrikanischen Land. Zudem wurden Gerichtsverfahren gegen die beiden
eingeleitet. Im vergangenen Juni verschärfte Bern die Bedingungen für Visa
an libysche Staatsbürger. Die Einreiseerlaubnis für libysche Staatsbürger
wird nur noch in Ausnahmefällen erteilt. Libyen bestreitet einen
Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen.
Hamdani wurde kürzlich in beiden Gerichtsverfahren freigesprochen. Göldi wurde wegen illegalen Aufenthalts in einem Revisionsverfahren zu vier Monaten Haft verurteilt. Beide Schweizer halten sich zurzeit in der Schweizer Botschaft in Tripolis auf.
Das Schengen-Abkommen
Die Zeitung "Oea", die einem anderen
Gaddafi-Sohn, Saif al-Islam, nahesteht, hatte berichtet, Libyen werde die
Erteilung von Visa für Bürger aus den Ländern des Schengen-Abkommens
beenden. Zum Schengen-Raum, in dem unkontrolliertes Passieren der Grenzen
möglich ist, gehört auch die Schweiz, die nicht Mitglied der Europäischen
Union ist - genauso Island und Norwegen, die ebenfalls nicht bei der EU
sind. Umgekehrt gibt es EU-Staaten, die nur beschränkt am Schenger Abkommen
teilnehmen: Neben Großbritannien ist das Irland. Die zuletzt - Anfang 2007 -
der EU beigetretenen Länder Bulgarien und Rumänien müssen die nötigen
Kriterien für einen Schengen-Beitritt erfüllen.
Schweizer sollen Erlass annullieren
Auf der Liste mit 188
hochrangigen Libyern, denen die Schweiz laut "Oea" (Internet) die Einreise
verbietet, befinden sich angeblich auch Staatschef Muammar Gaddafi und die
Mitglieder seiner Familie sowie Mitglieder des Volkskongresses, der
Regierung sowie Militärs, Wirtschaftsvertreter und Geheimdienstmitarbeiter.
Ein Vertreter der Regierung in Tripolis erklärte dem Blatt zufolge, dass
Libyen Gegenmaßnahmen ergreifen werde, sollte die Schweiz ihren Erlass nicht
annullieren. Das Außenministerium in Bern wollte den libyschen Medienbericht
nicht kommentieren.