In iranischer Basis
"Enorme Explosionen" in Syrien
14.04.2018Mehrere Berichte deuten auf neuerliche Attacken in Syrien hin.
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Eine iranische Militärbasis in Syrien ist laut staatlichen syrischen Medien am Samstagabend bombardiert worden, berichtete die "Jerusalem Post". Die Basis in der Region Jabal Azzan südlich von Aleppo, ist die größte Militärbasis des Irans in Syrien. Augenzeugen beobachteten mehrere Explosionen, unbestätigten Quellen zufolge sollen israelische Kampfjets identifiziert worden sein, so die Zeitung.
Die staatliche iranische Nachrichtenagentur "Tasnim" bestätigte die Berichte, berichtete die "Bild"-Zeitung. "Tasnim" vermeldete auf Twitter: "Ein unbekanntes Kampfflugzeug hat soeben eine Lagerhalle südlich von Aleppo angegriffen. Daraus resultierte eine enorme Explosion."
Vonseiten der mit dem syrischen Regime von Präsident Bashar al-Assad und dem Iran verbündeten libanesischen Hisbollah-Miliz hieß es indes, die Explosionen seien erfolgt, weil Sprengstoffe innerhalb eines Lagerhauses explodiert seien.
USA drohten mit neuerlichen Angriffen
Die USA sind im Falle eines erneuten Chemiewaffenangriffs in Syrien zu weiteren Luftangriffen bereit. Sollten die Truppen von Machthaber Bashar al-Assad nochmals Giftgas einsetzen, werde das US-Militär mit neuen Angriffen reagieren, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, am Samstag bei einer von Russland einberufenen Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zu Syrien.
Die Militärschläge gegen Syrien waren nach Überzeugung der Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen legitim und angemessen. "Zivile Opfer wurden sorgfältig vermieden", sagte Haley.
"Keine Demonstration der Stärke"
"Dies war keine Rache oder Vergeltung und keine Demonstration der Stärke", sagte Haley. Stattdessen hätten die USA und ihre Alliierten die syrische Regierung zur Verantwortung für den Einsatz chemischer Waffen gezogen. Die Bilder toter Kinder nach dem Einsatz chemischer Waffen in der Stadt Douma vor einer Woche seien keine gefälschten Nachrichten gewesen.
Haley warf Russland eine Desinformationskampagne vor. "Eine Woche des Nichtstuns ist vergangen", sagte Haley. Dieses Nichtstun habe in der Nacht geendet. Die Diplomatie habe Chance um Chance gehabt, aber Russland habe sechs Mal sein Veto gegen eine gemeinsame Resolution eingelegt. Diese Vetos seien für Syrien das grüne Licht für seine barbarischen Aktionen gewesen. Das Scheitern in Syrien sei die Verantwortung Russlands.
"Chemische Waffen sind für uns alle eine Bedrohung", sagte Haley. "Die USA werden Syrien nicht erlauben, chemische Waffen weiter einzusetzen." Sie habe am Morgen mit US-Präsident Donald Trump gesprochen, sagte Haley. Sollte Syrien weiter chemische Waffen einsetzen, hätten die USA den Finger am Abzug, habe Trump deutlich gemacht. "Wenn unser Präsident eine rote Linie zieht, dann verschafft unser Präsident dieser roten Linie Geltung", betonte Haley.
USA, Frankreich & GB bombardierten Syrien
Nach ihren schweren Luftangriffen in Syrien wollen die USA den Konflikt mit Russland zunächst nicht weiter anheizen. "Auftrag erfüllt", twitterte US-Präsident Donald Trump am Samstag. Wie seine Alliierten Großbritannien und Frankreich machte er klar, dass keine weiteren Attacken geplant seien. Allerdings dürfe Präsident Bashar al-Assad nicht erneut Chemiewaffen einsetzen.
Auch Assads Verbündeter Russland zeigte kein Interesse an einer Zuspitzung. Vize-Außenminister Sergej Rjabkow erklärte, Moskau sei an einer Zusammenarbeit mit Washington interessiert. Am Abend wollte sich der UN-Sicherheitsrat auf russischen Wunsch mit den Angriffen auf vermutete Produktions-, Forschungs- und Lagerstätten von Chemiewaffen der syrischen Regierung befassen.
Über Hundert Raketen
"Ein perfekt ausgeführter Einsatz vergangene Nacht", twitterte Trump. In der Nacht auf Samstag feuerten die drei westlichen Alliierten nach Angaben von US-Verteidigungsminister Jim Mattis über hundert Raketen von Schiffen und Flugzeugen auf Ziele in Syrien ab. "Wir sind darauf vorbereitet, diese Art Antworten zu geben, bis das syrische Regime den Einsatz verbotener Chemikalien aufgibt", kündigte Trump zeitgleich an. In Anspielung auf Assad und den mutmaßlichen Giftgas-Angriff in Douma vor einer Woche sagte er: "Dies sind nicht die Taten eines Mannes. Es sind die Verbrechen eines Monsters."
Assad konterte, die Attacke vergrößere die Entschiedenheit Syriens im Kampf gegen "Terrorismus". Putin warf den USA und ihren Verbündete vor, die humanitäre Katastrophe in Syrien zu verschlimmern. Der Angriff werde sich verheerend auf die internationalen Beziehungen auswirken. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die eine Beteiligung Berlins an dem Einsatz abgelehnt hatte, begrüßte die westliche Strafaktion.
Drei Ziele im Visier
Im Visier hatten die Alliierten offenbar drei Ziele, davon zwei bei Homs und eines in der Hauptstadt Damaskus. Mindestens sechs laute Detonationen seien in Damaskus zu hören gewesen, sagte ein Reuters-Augenzeuge. Über der Millionen-Stadt hätten Rauchwolken gelegen. Ein zweiter Zeuge schilderte Einschläge im Viertel Barzeh (Barsah). Dort befinden sich Forschungseinrichtungen.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Großbritanniens Regierungschefin Theresa May erklärten, es handle sich um gezielte Angriffe auf Gebäude, die das syrische Regime zur Produktion von Chemiewaffen nutze. Auch die USA machten deutlich, dass sie eine Konfrontation mit russischen Kräften verhindern wollten. Die Angriffe seien so geplant worden, dass das Risiko von Opfern unter russischen Einsatzkräften minimal gewesen sei, sagte US-Generalstabschef Joseph Dunford.
Die Luftschläge ändern nach Ansicht von Beobachtern kaum etwas an den Kräfteverhältnissen in Syrien, wo sich Assads Truppen dank russischer und iranischer Hilfe seit Monaten auf dem Vormarsch gegen ein gemischtes Feld von verschiedenen Rebellengruppen befinden. Zudem bekräftigte Trump noch während der Angriffe, die noch in Syrien stationierten amerikanischen Soldaten weiter abziehen zu wollen: "Amerika strebt keine unbegrenzte Präsenz in Syrien an, unter keinen Umständen."
Widersprüchliche Aussagen über Auswirkungen
Widersprüchliche Aussagen gab es über die Auswirkungen des Luftschlags. Ein hochrangiger Vertreter eines regionalen Verbündeten Assads sagte Reuters, der Schaden halte sich in Grenzen, weil die Ziele dank russischer Warnungen rechtzeitig geräumt werden konnten. Nach einem Bericht der russischer Nachrichtenagentur Tass wurden die meisten Raketen von der syrischen Luftabwehr abgefangen. Die syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, es seien drei Zivilisten verletzt worden.
Das US-Verteidigungsministerium erklärte dagegen, jedes Ziel sei erfolgreich getroffen worden. Das Chemiewaffen-Programm sei für Jahre zurückgeworfen worden. Merkel stellte sich hinter die Angriffe: "Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren." In Deutschland löste die Attacke einen Parteien-Streit aus.
Bereits am Mittwoch hatte Trump Militärschläge angekündigt, später aber seine Aussagen relativiert. Er reagierte auf einen mutmaßlichen Giftgas-Angriff auf die Rebellen-Hochburg Douma am 7. April mit Toten und Verletzten. Trumps Äußerungen hatten Sorgen vor einer Konfrontation zwischen den USA und Russland ausgelöst. Russland und der Iran sind enge Verbündete Assads.
Umfangreicher Militärschlag
Trump wandte sich in seiner Ansprache auch gegen Russland und Iran: "Was für eine Art Nation will im Zusammenhang mit dem Massenmord an unschuldigen Männern, Frauen und Kindern stehen?" Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei bezeichnete im TV-Sender Al-Manar den Angriff als kriminell. Israel wertete dagegen die Attacke als "wichtiges Signal" an den Iran und deren Verbündete, die libanesische Miliz Hisbollah. Israel fürchtet, die Islamische Republik werde ihr Engagement in Syrien nutzen, um den Einfluss des Iran in der Region auszuweiten.
Bereits vor einem Jahr hatte das US-Militär die syrische Luftwaffenbasis Shairat unter Beschuss genommen als Reaktion auf den Giftgasangriff mit Dutzenden Toten auf die Stadt Khan Sheikhoun. Der neue Militärschlag war wesentlich umfangreicher.