Härte gegen Chaoten
Die Gesichter der Schlacht um London
10.08.2011
Unterdessen haben die Unruhen ein viertes Opfer gefordert.
Die Krawalle in Großbritannien haben erneut ein Todesopfer gefordert. Ein 68 Jahre alter Mann starb kurz vor Mitternacht an seinen bei den Unruhen in London erlittenen Verletzungen. Wie Scotland Yard nach Medienberichten in der Nacht zum Freitag mitteilte, seien Mordermittlungen eingeleitet worden. Der 68-Jährige sei am Montag im Londoner Stadtteil Ealing attackiert worden, als er ein Feuer löschen wollte. Der Mann hatte schwere Kopfverletzungen erlitten.
Die Gesichter der Schlacht um London
Die mutmaßlichen Täter unterscheiden sich optisch nicht von den anderen Chaoten: Sie sind jung, tragen Sportswear und verbergen ihre weißen oder farbigen Gesichter unter Schals und Kapuzen. Es ist die Herkunft, die sie aus der kriminellen Masse hervorstechen lässt. Sogar „Wohlstandsbriten“ haben sich im Dunkel der Nacht den Plünderern angeschlossen. Söhne und Töchter aus gutem Haus, mit Job, Wohnung, Versicherung. Ihre Motivation: Spaß am Chaos, Lust am Kriminellen, Abwechslung zum biederen Alltag.
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Die Millionärstochter
Die 19-jährige Laura Johnson ist eine von ihnen. Aufgewachsen in einem Millionen-Anwesen mit Securitys und Tennisplatz im vornehmen Kent, die Eltern erfolgreiche Marktforscher, Ausbildung in der Privatschule. Montagnacht aber folgte der dramatische Bruch in ihrer Biografie: Die Polizei erwischte Laura in Charlton, Südostlondon, als sie mit Komplizen im Auto nach der Einbruchstour flüchtete. Die Bobbys fanden in ihrem Wagen gestohlene TV-Geräte, Blu-ray-Player, Handys, Zigaretten und Alkohol. Warenwert: Mehr als 5.300 Euro! -
Der Aushilfslehrer
Auf der Suche nach dem Gewalt-Kick zogen Hunderte moralisch verwahrloste „Wohlstandsbürger“ durch Englands Nächte – Friseure, Postler, Büroangestellte. Mit im Mob: Alex Bailey, 31, Lehrer: „Es passt gar nicht zu ihm, das ist nicht seine Art. Eine Mutter kann sich keinen besseren Sohn wünschen“, sagt seine verzweifelte Mutter. Der Pädagoge, der selbst Problemkids betreut, war von der Polizei erwischt worden, als er ein Elektronikgeschäft plünderte. -
Der Briefträger
Auch Briefträger Jeffrey Ebanks (32) ist in Haft: Gemeinsam mit seinem Neffen stahl er zwei Laptops und einen Blackberry aus einem zerstörten Shop. -
Der 11-Jährige
Ein großer Teil der wütenden Plünderer waren Kinder. Die Bilder eines elfjährigen Buben, den seine Mutter vom Gericht abholte, gingen um die Welt. Der Schüler räumte einen Supermarkt aus. Teilweise wurden die Kids sogar von ihren Eltern zum Plündern geschickt.
Volle Härte
1.330 Krawallmacher wurden bisher verhaftet, der Schaden, den die Vandalen angerichtet haben, beträgt gigantische 200 Millionen Pfund. Zumindest Donnerstagnacht blieb es weitgehend ruhig. Allein in London sichern 16.000 Polizisten mit Knüppeln, Schildern und Hunden die Straßen vor der Meute.
Zusätzlich greift Premier David Cameron endlich hart durch: Er will die Chaoten aus Sozialwohnungen werfen, schließt inzwischen auch den Einsatz der Armee nicht mehr aus, sollte es wieder zu Krawallen kommen: „Wer plündert, muss mit der ganzen Härte des Gesetzes rechnen.“
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21:57 Uhr: In Birmignham werden heute Nacht 1.000 Polizisten unterwegs sein.
21:02 Uhr: Aus Manchster gibt es die ersten Urteile gegen verhaftete Randalierer: Ein Mann muss 10 Wochen ins Gefängnis.
20:03 Uhr: französische Innenministerium hat Vermutungen zurückgewiesen, es werde wegen der Unruhen in Großbritannien zur Unterstützung Polizeikräfte ins Nachbarland schicken.
19:37 Uhr: Im Fall der drei während der Krawalle von einem Auto überfahrenen Männer hat die Polizei drei Tatverdächtige festgenommen, darunter einen 16-Jährigen.
18:58 Uhr: Cameron hält den Einsatz von Soldaten im Kampf gegen Gewalt auf den Straßen Englands nicht für das richtige Mittel. Es sei zwar seine Pflicht, Möglichkeiten zu prüfen, wie die Armee die Polizei entlasten könne. Dies werde er auch tun. Er selber sei jedoch nicht dafür.
18:25 Uhr: Großbritannien will der Gewalt und Gesetzlosigkeit auf den Straßen die Stirn bieten. Premierminister David Cameron will prüfen, ob Soldaten die Polizei unterstützen können und Straftätern der Zugang zu Internetdiensten wie Twitter und Facebook verwehrt werden kann.
17:44 Uhr: Eine Website der Regierung, die extra wegen der Randale eingeerichtet wurde, ist unter dem Ansturm zusammengebrochen.
16:59 Uhr: Das Fußball-Spiel zwischen Tottenham und Everton wurde wegen der Randale abgesagt.
16:28 Uhr: Ein 17-jähriges Mädchen hat sich der Polizei gestellt. Offenbar plagte sie nach ihrer Teilnahme an den Plünderungen das schlechte Gewissen.
15:45 Uhr: Premierminister David Cameron hat die Gemeinden dazu aufgerufen, Straftäter wenn nötig aus Sozialwohnungen herauszuwerfen. Örtliche Behörden und Vermieter hätten bereits umfangreiche Rechte, Kriminelle aus Sozialwohnungen auszuweisen, sagte Cameron bei der Sondersitzung: "Einige Gemeinden tun dies bereits. Ich möchte sehen, dass andere deren Beispiel folgen und wir werden prüfen, ob diese Befugnisse noch weiter ausgebaut werden müssen."
15:34 Uhr: Das 11-jährige Mädchen, das wegen Sachbeschädigung im Zuge der Unruhen angeklagt war, wurde heute zu einem 9-monatigen Besserungskurs (Youth Offender Panel) verurteilt. Sie muss nun in Begleitung eines speziell ausgebildeten Mediators, den Eltern und den Geschädigten an Mediationssitzungen teilnehmen und ihr Verbrechen aufarbeiten. Sie hatte am Dienstag die Schaufenster mehrerer Geschäfte eingeschlagen.
15:24 Uhr: Die britische Polizei soll in Zukunft mehr Entscheidungsspielraum bekommen. So soll Polizisten künftig erlaubt werden, vermummte Gewalttäter zu zwingen, ihre Gesichtsmasken abzunehmen, erklärte der Premierminister. "Wir müssen ein Jahr vor den Olympischen Spielen zeigen, dass Großbritannien nicht zerstört, sondern aufbaut."
15:16 Uhr: Cameron bedankte sich bei den Polizisten, räumte aber auch Fehler ein. Zu Beginn der Krawalle seien "viel zu wenige" Sicherheitsbeamte im Einsatz gewesen, gab er zu. Auch die "Taktik" habe anfangs "nicht funktioniert". Man habe die "kriminelle" Komponente nicht erkannt und deshalb die Einsatzkräfte zurückgehalten - aber "viel zu lange", so Cameron.
15:02 Uhr: Die nunmehr 16.000 Polizisten in Londons Straßen sollen auch am Wochenende bleiben. Cameron hält aber an den schon vor den Krawallen angekündigten Einsparungen im Polizeisektor fest. Gleichzeitig kündigte er an, dass all jene, die durch die Krawalle Schäden erlitten haben, durch ein entsprechendes Maßnahmenpaket entschädigt werden sollen.
14:50 Uhr: Cameron wird gefragt, ob er sich vorstellen könnte, die Londoner Polizei in zwei separate Abteilungen aufzuteilen - eine um London sicher zu halten und eine um nationaler Bedrohungen, wie Terrorismus entgegenzuwirken. Der Premier antwortet, dass es zum jetztigen Zeitpunkt, ein Jahr vor den Olympischen Spielen, falsch wäre solch drastische Änderungen im Polizeiapparat durchzusetzen.
14:31 Uhr: Seit über zwei Stunden beantwortet Premierminister David Cameron nun schon die Fragen der Öffentlichkeit.
14:15 Uhr: Ein arbeitsloser 26-Jähriger ist der erste Verurteilte der in Gloucester festgenommen Randalierer. Er soll mit Stöcken und Ziegelsteinen auf Polizisten geworfen haben. Der kahlrasierte Mann gab sich vor Gericht ganz kleinlaut und sprach nur um seine persönlichen Daten und die Anklage zu bestätigen.
13:50 Uhr: Premierminister David Cameron hat im Parlament zugegeben, dass am Sonntagabend zu wenige Polizisten eingesetzt waren: "Daraus müssen wir einiges lernen."
13:43 Uhr: Die Krawalle in England haben wie erwartet auch Auswirkungen auf den für das Wochenende geplanten Auftakt der Fußball-Premier-League. Das für Samstag angesetzt gewesene Match zwischen Tottenham und Everton ist wegen der Unruhen verschoben worden.
Das hat am Donnerstag Liga-Chef Richard Scudamore verkündet.
13:30 Uhr: Laut Premier David Cameron sind bereits rund 1200 mutmaßliche Randalierer festgenommen. Viele weitere würden durch die Auswertung von Videoaufzeichnungen identifiziert und ebenfalls in Untersuchungshaft kommen.
13:28 Uhr: Nach mehreren Krawall-Nächten ist im Londoner Stadtviertel Tottenham, in dem die Ausschreitungen in der Nacht auf Sonntag ihren Ausgang genommen haben, mittlerweile wieder Ruhe eingekehrt. "Ich glaube, die Leute sind schon noch ein bisschen nervös, aber es geht wieder zurück zur Normalität", schilderte die dort lebende Kärntnerin Barbara Wutte am Donnerstag telefonisch der Austria Presse Agentur (APA).
13:25 Uhr: Cameron: "Jeder Betroffene wird eine Entschädigung erhalten, auch wenn er nicht versichert ist", betonte der Regierungschef. Zudem werde die Regierung Notfallunterkünfte finanzieren.
David Cameron im Britischen Unterhaus - (c) AP
13:20 Uhr: Der Sachschaden nach den Krawallen in Großbritannien wird sich auf bis zu 200 Millionen Pfund (228 Millionen Euro) belaufen. Diese Summe nannte der Premierminister als möglichen Betrag, den die Versicherungen auszahlen müssen. Er kündigte einen millionenschweren staatlichen Fonds für die betroffenen Gemeinden und Stadtteile an. Damit sollen die Gemeinden sicher und sauber gemacht werden, sagte Cameron.
13:06 Uhr: Premier Cameron verspricht, dass die Einsparungen bei der Polizei zu keiner Reduktion der Polizeipräsenz auf der Straße führen wird. Höhnische Zwischenrufe aus den Reihen der Labour-Abgeordneten.
13:05 Uhr: Milliband: " Wir können nicht so weitermachen, als sei nichts gewesen. Den Leuten, die in dieser Woche Angst erleben mussten, sind wir es schuldig, dass sich diese Ereignisse nie mehr wiederholen."
13:02 Uhr: Milliband: "Wir können nicht weitermachen mit der Politik des 'Nimm, soviel du kannst." Milliband kritisierte in diesem Zusammenhang auch Hohe Managergehälter und Boni.
13:00 Uhr: Milliband: "Warum glauben die Leute, sie hätten nichts zu verlieren und denken, sie könnten nur durch kriminelle Akte gewinnen. Wir können diese Probleme nicht lösen, ohne den einzelnen Communities genau zuzuhlören."
12:57 Uhr: Milliband will von Premier Cameron wissen, ob er die Einsparungen bei der Polizei rückgängig macht.
12:56 Uhr: Milliband: "Der Premier hat Recht, die Armee nicht anzufordern. Die Jagd auf die Krawallmacher ist Sache der Polizei".
12:55 Uhr: Jetzt spricht Labour-Chef Ed Milliband: "Das Parlament als Ganzes verurteilt die Gewalt in England."
12:53 Uhr: Cameron zu den Bürgern: "Wir sind auf eurer Seite, wir schützen euch und der Gegenschlag hat begonnen." Zu den Tätern: "Wir werden euch finden und wir werden euch bestrafen."
12:51 Uhr: Cameron: Die Regierung will kriminelle Banden in Zukunft frühzeitig zerschlagen. Als Vorbild nennt der Premier entsprechende Maßnahmen in Schottland und den USA.
12:49 Uhr: Cameron: Privathaushalte sollen die von den Randalierern verursachten Schäden vom Staat ersetzt bekommen. Sie haben 42 anstatt 12 Tage Zeit, Schäden an die Behörden zu melden. Geschädigte Haushalte und Unternehmer können wenn nötig ihre Steuern später zahlen.
12:47 Uhr: Cameron: Die Polizei soll das Recht bekommen, maskierte Leute sofort zu identifizieren. Außerdem sollen die sozialen Netzwerke im Internet verstärkt überwacht werden.
12:45 Uhr: Cameron: Die Verhafteten Verdächtigen sollen nicht zurück auf die Straße. Wenn nötig, sollen Polizei und Justiz neue Kompetenzen bekommen, um sie länger festzuhalten, sagt Cameron.
12:41 Uhr: Cameron verspricht, die Umstände des Tode von Mark Duggan genau zu untersuchen. Duggan war vergangene Woche bei einer Schießerei mit der Polizei getötet worden. Daraufhin waren die schweren Krawalle ausgebrochen. Dies sei aber nur ein Vrowand für die Eskalation der Gewalt, so Cameron im britischen Unterhaus "Jungen Leuten, die Flachbildfernseher stehlen und Geschäfte anzünden, geht es nicht um Politik."
12:39 Uhr: Premier Cameron: "Wir werden dies(e Krawalle) in unserem Land nicht dulden. Wir werden es nicht zulassen, dass sich in unseren Straßen eine Kultur der Gewalt breitmacht."
12:36 Uhr: Premierminister David Cameron ist im Unterhaus des Parlaments eingetroffen und spricht jetzt zu den Abgeordneten.
12:33 Uhr: Der konservative Abgeordnete Mark Pritchard fordert die Ausweisung aller Ausländer, die an den Ausschreitungen teilgenommen haben: "Sie sind hier zu Gast und dementsprechend sollten sie sich auch benehmen."
12:30 Uhr: Bei den Ausschreitungen in Nottingham ist auch eine Elfjährige verhaftet worden. Ihr wird vorgeworfen, gemeinsam mit weiteren Teenagern und einigen älteren Jugendlichen schwere Sachbeschädigungen begangen zu haben. Sie bleibt in Polizeigewahrsam.
12:15 Uhr: Rund 100 Familien sind nach der Randale in mehreren Städten Großbritanniens obdachlos. Ihre Häuser und Wohnungen sind ausgebrannt oder verwüstet. Wohnungsminister Grant Shapps verspricht ihnen rasche Hilfe.
11:50 Uhr: Der Londoner Polizeichef Tim Godwin betonte, jede Anschuldigung, dass seine Beamten sich zu sehr zurückgehalten hätten, sei falsch. Die Polizei habe sich "noch nie dagewesener Gewalt und Kriminalität und Plünderungen" gegenübergesehen. Das Land solle stolz darauf sein, dass es trotz aller Tragödien nicht noch mehr Verletzte und Todesopfer gegeben habe. Das sei seiner Ansicht nach in keinem anderen Land der Welt so möglich.
11:35 Uhr: Der Londoner Bürgermeister Boris Johnson hat den Einsatz der Polizei gegen die Randalierer verteidigt. Die Polizei habe "großartige Arbeit" geleistet, sagte Johnson am Donnerstag nach einer Beratung des Krisenkabinetts in London. Er kündigte an, dass Unruhestifter weiterhin mit harten Maßnahmen zu rechnen hätten. "Da draußen gibt es Leute, die dieser Stadt nicht gut tun. Sie werden weiterhin die volle Kraft des Gesetzes zu spüren bekommen."
11:28 Uhr: Auch die English Defence League (EDL), die erst kürzlich durch ihre mutmaßlichen Verbindungen zum Olso-Attentäter Anders Behring Breivik in Verruf geriet, versucht, den Protest für sich zu nutzen und damit ihr Image wieder aufzubessern, konstatiert das Magazin. In einer auf ihrer Internetseite veröffentlichten Stellungnahme zu den Krawallen kritisiert die EDL die ihrer Meinung nach zu lasche Taktik der Polizei und versucht so Stimmung in der Bevölkerung zu machen.
11:20 Uhr: Nach Krawallen in London, Manchester, Birmingham und anderen britischen Städten wird nun die Rolle rechtspopulistischer Gruppen bei den Ausschreitungen diskutiert. Ihnen wird die Instrumentalisierung der Randale vorgeworfen. Rechtsextreme Parteien wie die British National Party (BNP) würden offensiv versuchen, aus den Unruhen in Großbritannien und den Bildern plündernder Jugendlicher Profit zu schlagen, schreibt "Der Spiegel" am Donnerstag in seiner Online-Ausgabe. Sie würden sich außerdem das "Entsetzen der Briten über und die Angst vor den Ausschreitungen" zu Nutzen machen.
11:05 Uhr: Die britische Regierung kündigt harte Maßnahmen gegen die Randalierer an. Neben langen Haftstrafen sollen sie auch ihre Sozialwohnungen und weitere Vergünstigungen verlieren. "Die Krawallmacher müssen büßen", fordern Parlamentarier in eine Erklärung. Mit Spannung erwartet wird die Rede von Premierminister David Cameron, die für 12.30 unserer Zeit geplant ist.
10:55 Uhr: Bei mehreren Razzien sind in London nach Medienberichten mehrere mutmaßliche Krawallmacher verhaftet worden. Darunter auch zwei 17-Jährige, die am Dienstag ein Luxusmode-Geschäft und einen Juwelier geplündert haben sollen.
10:41 Uhr: Auf Twitter berichtet ein Londoner Polizist von seinem Einsatz gegen die Randalierer: "Ich war seit Samstag 98 Stunden im Dienst, habe zwei Paar Socken durchgelaufen, drei Menschen verhaftet und mehr als 30 Tassen Tee getrunken."
10:20 Uhr: In mehreren Stadtteilen Londons finden Razzien statt, um weitere Randalierer und Plünderer dingfest zu machen. Britische Medien berichten von zahlreichen Festnahmen. Die Polizei hält sich während der laufenden Aktion bedeckt.
09:55 Uhr: Das Bild ging um die Welt: Nachdem Randalierer ihr Haus in London-Croydon in Brand gesteckt hatten, war sie in ihrer Wohnung gefangen. Nur durch einen Sprung aus dem Fenster konnte sie sich retten. Ein beherzter Polizist fing sie auf, die junge Frau blieb unverletzt. Jetzt schilderte die 32-jährige Monika Konczyck, wie sie der Flammen-Hölle entkam.
09:45 Uhr: Vizepremier Clegg verteidigt die umstrittenen Einsparungen bei der Polizei. Die Regierung hätte sie niemals genehmigt, wäre man nicht davon überzeugt gewesen, die Sicherheit der Bürger trotzdem garantieren zu können. Der Londoner Bürgermeister Johnson hatte die Einsparungen zuvor scharf kritisiert.
09:40 Uhr: Auch in Liverpool blieb es in der Nacht ruhig, dennoch hat die Polizei einige Menschen verhaftet. Sie sollen an den Krawallen vom Montag und Dienstag beteiligt gewesen sein.
09:21 Uhr: Der liberale Vizepremier Nick Clegg forderte in der BBC die rasche Bestrafung der Täter. "Wenn die Leute gegen die Regierung oder die unpopulären Entscheidungen, die wir treffen mussten, protestieren wollen, dann sollen sie vor dem Parlament demonstrieren. Das, was wir in den vergangenen Tagen erlebt haben, war einfach, dass die Leute die Gelegenheit ergriffen haben zu stehlen. Das gehört bestraft."
09:10 Uhr: Nach wie vor herrscht Nervosität nach den gewalttätigen Ausschreitungen in Großbritannien. In der Politik jagt heute ein Meeting das andere:
09.30 Uhr: Der Krisenstab der britischen Regierung trifft zusammen
09.30 Uhr: Meeting der Labour-Schattenregierung
10.00 Uhr: Kabinettssitzung unter dem Vorsitz von Premier Cameron
11:00 Uhr: Der Parlamentsclub der Labour Partei berät über die Eskalation der Gewalt
11:15 Uhr: Bürgermeister Boris Johnson trifft die Londoner Parlamentsabgeordneten
11:45 Sitzung im Parlamentsclub der Liberaldemokraten
12:30 Uhr: Rede von Premier David Cameron im Unterhaus
08:50 Uhr: Nach den heftigen Krawallen in England mit mehreren Toten wächst der politische Druck auf den konservativen britischen Premierminister David Cameron. Vor einer Sondersitzung des Parlaments (12.30 MESZ Rede Camerons) und einer Beratung des Krisenkabinetts am Donnerstag forderten Politiker der Opposition und auch des Regierungslagers, bereits beschlossene Sparmaßnahmen bei der Polizei zurückzunehmen. In der Nacht blieb England erstmals seit dem Gewaltausbruch in London am Wochenende von Krawallen verschont.
08:25 Uhr: Bisher sind alleine in London 251 Verdächtige wegen Plünderungen angeklagt worden. Viele von ihnen mussten bereits vor Gericht aussagen, die Gerichte blieben die ganze Nacht über geöffnet. Ein massives Polizeiaufgebot patrouilliert in London und anderen großen Städten, um weitere Ausschreitungen zu verhindern.
07:55 Uhr: Wegen Plünderungen angeklagt ist auch ein 31-jähriger Hilfslehrer, der mit sozial benachteiligten Schülern aus Problemfamilien arbeitet. Er sitzt jetzt in U-Haft und wartet auf seinen Prozess.
07:45 Uhr: 78.000 Menschen haben gestern auf der Homepage des britischen Premierministers David Cameron eine Petition unterschrieben, um den Krawallmachern Sozialleistungen zu streichen. Dann brachen die Server unter dem Ansturm zusammen. Wenn mehr als 100.000 Menschen die Petition unterzeichnen, muss sich das Unterhaus des Parlaments damit befassen.
07:29 Uhr: Die meisten der bisher angezeigten Randalierer sind arbeitslose Jugendliche aus Problembezirken. Auch ein Elfjähriger wurde nach Plünderungen angeklagt. Vor Gericht erscheinen musste auch die 19-jährige Millionärstochter Laura J.. Sie war am Steuer eines Autos voll mit gestohlenen Elektrogeräten erwischt worden, die aus Plünderungen stammen sollen.
07:16 Uhr: Den Randalierern droht neben strafrechtlichen Konsequenzen auch der Verlust der Wohnung. Wohnungsminister Grant Shapps hat alle Stadtverwaltungen aufgefordert, die Krawallmacher aus den Gemeindewohnungen zu werfen. Mehrere lokale Behörden haben bereits erste Schritte dazu eingeleitet, etwa in den Londoner Stadtteilen Greenwich und Hammersmith.
07:00 Uhr: Ein Vertreter der Londoner Polizei hat die Bürger in der Nacht erneut zu Ruhe und Besonnenheit aufgerufen und davor gewarnt, zur Selbstjustiz zu greifen. Viele der selbsternannten "Wächter" seien betrunken und würden so für Polizeieinsätze sorgen. Dadurch müssten Beamte vom Einsatz gegen die Randalierer und Plünderer abgezogen werden.
06:45 Uhr: Im Londoner Stadtteil Eltham haben aufgebrachte Bürger die Polizei angegriffen. Die Polizisten waren gegen etwa 200 Rechtsradikale vorgegangen, die auf der Straße randaliert hatten. Mitglieder einer selbsternannten Bürgerwehr griffen dann die Polizei an, um ihrem Unmut über die Ausschreitungen der vergangenen Tage Luft zu machen.
Lesen Sie mehr über die Hintergründe der Randale auf Seite 2 >>>
Hauptstadt als „Festung“
Zumindest London hat die Staatsgewalt nach vier Chaosnächten wieder „rückerobert“: Inzwischen riegeln 16.000 Polizisten die Hauptstadt ab, um weitere Brandstiftungen zu verhindern. Und sie scheinen weitgehend Erfolg zu haben.
Aber: Während es in London zum Großteil ruhig blieb, entlud sich die Wut der Jugend in anderen Großstädten. In der Nacht auf Mittwoch zog der Plünderer-Mob durch Manchester, Liverpool, Nottingham, Birmingham, Gloucester und Bristol. Mit einem Aufstand gegen Jugendarbeitslosigkeit und Notstand haben die Randale nichts zu tun. Es geht um Spaß am Chaos – eine Kriegserklärung an den Staat durch die „Riot-Kids“.
Drei Männer getötet
In Birmingham eskalierte die Lage völlig. Drei Männer zwischen 20 und 31 Jahren wurden getötet. Sie wollten ihre Geschäfte vor den anstürmenden Chaoten schützen, als sie ein Lenker mit dem Auto eiskalt niederfuhr. Zugleich zündeten Chaoten im ganzen Land reihenweise Autos an, zertrümmerten Scheibenfenster und räumten Geschäfte leer. In Nottingham griff eine Jugendgang eine Polizeistation mit Feuerwerkskörpern an. Die Gewalt machte nicht einmal mehr vor Prominenten halt: Der Starkoch Jamie Oliver und auch Ex-Oasis-Frontmann Liam Gallagher wurden Opfer.
1.300 Festnahmen
„Nur mit massivem Polizeieinsatz sind die Krawalle noch zu beenden“, meint der österreichische Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier (siehe Interview). 1.300 Randalierer sind bisher verhaftet worden. Dennoch trauen die Briten ihrer Staatsgewalt nicht mehr – inzwischen formieren sich überall im Land erste Bürgerwehren.
Erste Verurteilungen
Die ersten Plünderer wurden Mittwoch verurteilt – zwei Männer erhielten 10 bzw. 16 Wochen Haft. Ein 11-Jähriger musste sich als bisher jüngster Angeklagter vor dem Gericht verantworten – er hatte bei Randalen einen Mistkübel im Wert von 50 Pfund gestohlen…
Experte: „Das ist das Ergebnis der britischen Politik“
ÖSTERREICH: Die Ausschreitungen in Großbritannien halten ganz Europa in Atem. Hat Sie deren Heftigkeit überrascht?
Bernhard Heinzlmaier: Überrascht? Nein, das nicht gerade. Was jetzt passiert, ist das Ergebnis einer britischen Politik, die sich in den letzten zehn bis 15 Jahren verstärkt an Amerika orientiert hat. Es geht um einen Rückbau des Sozialstaates, um eine Leistungsideologie, die eine riesige Gruppe von Hoffnungslosen produziert, die dahinvegetieren.
ÖSTERREICH: Und diese Menschen wehren sich nun?
Heinzlmaier: Ja, sie fühlen sich nicht mehr zu dieser Gesellschaft dazugehörig. Es geht um das völlige Ignorieren von Normen und Werten, deshalb nehmen sie sich auch das Recht heraus, jedes Geschäft zu plündern, jede Person niederzuhauen oder jedes Auto zu zerstören.
ÖSTERREICH: Wie ist diese Gewaltspirale denn zu beenden?
Heinzlmaier: Ich sehe kaum Chancen, das auf friedliche Weise zu schaffen. Man muss die Gettos bewachen und das wird nur mit Polizeigewalt klappen.
ÖSTERREICH: Wie hoch ist die Gefahr, dass Ähnliches auch in Österreich passiert?
Heinzlmaier: In Österreich halte ich solche Ausschreitungen nicht für denkbar. Bei uns kümmert man sich mehr um soziale Randlagen, investiert viel in soziale Brennpunkte. In Großbritannien gibt es eine abgehobene Elite, die eigene wirtschaftliche Ziele verfolgt. Diese Ausschreitungen sind kein Zufall.
(mud)