Johnson fordert "Andockmöglichkeiten und offene Türen" von der EU.
Der neue britische Außenminister Boris Johnson hat den Willen Londons zur weiteren Zusammenarbeit mit der EU betont. Auch nach einem EU-Austritt wolle es weiter in "führender Rolle" in Europa mitwirken, sagte Johnson am Montag bei seinem ersten offiziellen Besuch in Brüssel. Er forderte dabei insbesondere in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik "Andockmöglichkeiten und Türen" für London.
Produktives Treffen
Johnson sprach am Abend von einem "sehr guten" und "produktiven" Treffen. Er habe klar gemacht, dass der Wille des britischen Volkes umgesetzt werden müsse. "Brexit muss Brexit sein." Dies bedeute aber "keinesfalls" das Ende der britischen Beteiligung an europäischen Vorhaben. Es sei deshalb gut, wenn sich Europa in der Außen- und Sicherheitspolitik weiterentwickle und dabei Raum für Zusammenarbeit mit London lasse.
Weiterer Punkt einer möglichen Kooperation sei die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden nach den Anschlägen in Nizza, sagte Johnson. Bei dem Treffen sei auch darüber gesprochen worden, "was wir tun können, um den Franzosen dabei zu helfen, einige ihrer Anti-Terror-Operationen rund um die Welt aufzufüllen".
Kurz: Brücken nicht abbrechen
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sprach sich ebenfalls dafür aus, die Brücken zu Großbritannien nicht abzubrechen. "Großbritannien wird ein Teil unseres Kontinents bleiben." Klar sei, dass "solange Großbritannien nicht ausgetreten ist", es "weiterhin mit am Tisch dabei" sei. Die Briten würden auch "weiterhin ihren Beitrag zahlen, und somit mitdiskutieren. Der Prozess wird ein langer sein."
Kurz berichtete auch von ersten informellen Gesprächen über die künftige Beziehung zwischen London und der EU, obwohl die formellen Verhandlungen erst nach dem Beitrittsantrag Großbritanniens starten sollen. "Es hat erste informelle Gespräche zwischen der EU und Großbritannien gegeben, die dürften relativ gut verlaufen sein", sagte er.
Erstes Gespräch gut verlaufen
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte, ihr erstes Gespräch mit Johnson am Sonntagabend sei sehr gut gewesen. Sie bekräftigte die Haltung der Union, wonach es keine Austrittsverhandlungen geben werde, solange nicht Artikel 50 (der Antrag auf einen Exit, Anm.) von London gestellt sei.
Der ehemalige Londoner Bürgermeister war eine der führenden Figuren in der Kampagne für einen Austritt Großbritanniens aus der EU und ist für seine undiplomatischen Äußerungen bekannt. Während der Brexit-Kampagne hatte Johnson einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, als er die EU mit Adolf Hitler verglich.
Austritt nicht offiziell erklärt
Die britische Regierung hat ihren Austritt aus der Union bisher noch nicht offiziell erklärt. Erst danach beginnt eine zweijährige Frist, in der die EU und Großbritannien über die Entflechtung ihrer Beziehungen verhandeln. Laut dem für Handelsverträge zuständigen Minister Liam Fox bereitet sich London auf einen Austritt mit 1. Jänner 2019 vor. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass London das Austrittsgesuch erst nächstes Jahr abgeben wird.