Unglück vor Palermo

Luxusyacht-Drama: Kapitän bestreitet Flucht

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Der Kapitän der am 19. August vor Palermo gesunkene Segeljacht "Bayesian" bestreitet den Vorwurf, das Luxusschiff verlassen zu haben, während sich noch Passagiere an Bord befanden 

Er sei nicht geflüchtet, er habe alles Erdenkliche unternommen, "um Passagiere und Crew zu retten", wurde der Neuseeländer von der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Mittwochausgabe) zitiert.

 Ab einem gewissen Punkt sei jedoch so viel Wasser in die 56 Meter lange Jacht eingedrungen, dass es unmöglich war, nach den Passagieren in den Kabinen zu suchen. "Ich habe jene gerettet, die ich retten konnte", sagte der Kapitän. Bei dem Unglück kamen sieben Personen ums Leben, darunter sechs Gäste und ein Bordkoch.

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Die Staatsanwaltschaft auf Sizilien hat eine Untersuchung wegen fahrlässiger Tötung gegen den Kapitän eröffnet. Es werde wegen der möglichen "Verbrechen des fahrlässigen Schiffbruchs und mehrfacher fahrlässiger Tötung" ermittelt. Ermittlungen wurden am Mittwoch auch gegen ein 22-jähriges Crewmitglied aufgenommen. Der Engländer befand sich am Deck und hätte den schweren Windsturm melden sollen, der das Schiff zum Sinken brachte, berichteten italienische Medien .

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Besonderes Augenmerk schenkt der im Fall ermittelnde sizilianische Staatsanwalt Ambrogio Cartosio dem Umstand, dass beim Untergang nur eines der zehn Crew-Mitglieder, der kanadisch-antiguanische Bordkoch Thomas Recaldo, ums Leben kam, aber sechs der zwölf Gäste an Bord starben. Laut Gesetz müsste insbesondere der Kapitän bei einem Schiffbruch als Letzter das Schiff verlassen. Cartosio geht der Frage nach, ob der Kapitän und die Crew wirklich versucht hatten, die Passagiere zu warnen und zu retten.

Viele Fragen offen

Rätselhaft bleibt, warum die Wache auf Deck, die vom Kapitän angeordnet wurde, in den Morgenstunden den nahenden Sturm nicht bemerkt hatte. "Man hat gut gesehen, dass sich da etwas zusammenbraut", berichteten Zeugen in Palermo.

Der Kapitän wurde am Dienstag erneut befragt, er weigerte sich jedoch, die Fragen der Staatsanwälte zu beantworten. Er sei erschöpft, außerdem habe sein Anwaltsteam keine Zeit gehabt, eine Verteidigung gegen eine mögliche Anklage wegen fahrlässiger Tötung zusammenzustellen, sagte der Anwalt des Skippers nach der ergebnislosen Befragung. "Der Kommandant hat von seinem Recht zu schweigen aus zwei wesentlichen Gründen Gebrauch gemacht", sagte der Anwalt Giovanni Rizzuti laut Medienangaben.

Die mit zehn Besatzungsmitgliedern und zwölf Passagieren besetzte Segeljacht "Bayesian" war in der Nacht auf Montag in der Nähe von Porticello vor der Küste Palermos in einem Sturm gesunken. Ursache war eine Wasserhose, eine Art Tornado. 15 Passagiere und Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden.

Bei den Todesopfern handelt es sich neben Tycoon Mike Lynch und seiner 18-jährigen Tochter Hannah um den hochrangigen Manager der Investmentbank Morgan Stanley International, Jonathan Bloomer, dessen Frau Anne Elizabeth, den Anwalt Chris Morvillo und dessen Frau Nada. Bereits am vergangenen Montag war die Leiche des Bordkochs gefunden worden. Am Dienstag hat die Obduktion der Leichen der Opfer begonnen.

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