15 Jahre nach Verschwinden

Maddies Eltern geben Hoffnung nicht auf

28.04.2022

Sie geben nicht auf - auch nach so langer Zeit nicht: Die Eltern von Madeleine McCann klammern sich an den Gedanken, dass ein Wiedersehen mit ihrer vermissten Tochter möglich bleibt.

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"Auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering sein sollte, haben wir die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Madeleine noch immer am Leben ist und wir mit ihr vereint werden", schrieb das Paar vor wenigen Tagen - 15 Jahre nach dem Verschwinden des Mädchens aus einem Ferienappartement in Portugal.

Am 3. Mai 2007 verschwand die damals dreijährige Madeleine aus Großbritannien - auch Maddie genannt - aus der von der Familie im Urlaub genutzten Ferienwohnung im portugiesischen Praia da Luz. Seitdem wird dieser mysteriöse Fall bis ins kleinste Detail begleitet, steht immer wieder im Rampenlicht und produziert weltweit Schlagzeilen.

Was passierte am 3. Mai 2007?

Rund um diesen Abend an der Algarve, der aus einem Traumurlaub einen Alptraum machte, scheint mittlerweile alles bekannt: Die Eltern hatten Maddie und ihre beiden jüngeren Geschwister im Appartement gelassen, als sie in einem nahe gelegenen Restaurant mit Freunden zu Abend aßen. Regelmäßig schauten sie nach den Kindern - bis die Mutter plötzlich entsetzt feststellte: Maddies Bett war leer und die Terrassentür stand offen. Seitdem fehlt von dem Mädchen jede Spur.

Eltern standen selbst unter Verdacht

Mutter Kate und Vater Gerry McCann standen zwischenzeitlich sogar selbst unter Verdacht. Die portugiesischen Ermittler vermuteten, Maddie sei versehentlich von ihren Eltern getötet worden. Die Suche nach ihr wäre demnach nur ein Ablenkungsmanöver gewesen. Doch auch das erwies sich wie viele andere Ermittlungsstränge als Sackgasse.

In all den Jahren haben die McCanns viel Auf und Ab in dem Fall erlebt, der wie kaum ein anderer für Aufsehen sorgte. Sie selbst hatten die britische Medienmaschinerie in Gang gesetzt. Der dortige Boulevard setzte aber auch ihnen dann heftig zu. Die inzwischen eingestellte Sonntagszeitung "News of the World" veröffentlichte Tagebucheinträge von Kate McCann ohne deren Zustimmung - und musste sich öffentlich dafür entschuldigen.

Zu dem Fall gibt es mittlerweile unzählige Berichte, Dokumentationen und Reportagen. Nur ändert all das nicht, dass Maddies Schicksal bis heute ungeklärt bleibt. Und in diesen Tagen machen die Ermittler in Deutschland deutlich, dass sich daran so schnell nichts ändern wird.

Deutsche Behörden ermitteln weiter

Ein Ende der Untersuchungen sei derzeit nicht absehbar, sagte Hans Christian Wolters von der Staatsanwaltschaft Braunschweig der dpa. "Die Ermittlungen werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen", berichtete der Behördensprecher fast zwei Jahre, nachdem die Strafverfolger in Niedersachsen überraschend über einen Mordverdacht gegen einen Deutschen informiert hatten.

Nach der Info, dass die Ermittler den vorbestraften Sexualstraftäter im Visier haben, gab es neben Portugal und Großbritannien plötzlich einen dritten Schauplatz in Deutschland. Im Fokus steht seitdem ein heute 45 Jahre alter Mann, der mehrmals vor der deutschen Justiz in das südeuropäische Land floh und viele Jahre in Praia da Luz lebte.

Christian B. ist Hauptverdächtiger

Die deutschen Ermittler gehen davon aus, dass Christian B. Maddie entführte und umbrachte. Es gibt viele Hinweise, aber die Beweiskette ist nicht geschlossen - und es gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung. Derzeit sitzt der Verdächtige in einem niedersächsischen Gefängnis eine mehrjährige Haftstrafe für die Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin im Jahr 2005 in Praia da Luz ab. Das spurlose Verschwinden von Maddie ist nicht der einzige Fall, in dem gegen Christian B. noch ermittelt wird.

Auch eine Frau aus Irland, die in Praia da Luz bereits im Jahr 2004 Opfer einer Vergewaltigung wurde, vermutet, dass es sich bei dem Deutschen um ihren Peiniger handeln könnte. Auf seine Fährte gebracht wurde sie durch die Berichterstattung über die Vergewaltigung der älteren US-Amerikanerin. Sie habe sich beim Lesen übergeben müssen, "weil es mich direkt wieder zu meiner Erfahrung transportiert hat", sagte sie im Juni 2020 dem "Guardian".

Vorwürfe gegen Portugals Polizei

Später erhob sie schwere Vorwürfe gegen die portugiesischen Ermittler: "Ich denke, wenn die ihren Job richtig gemacht hätten beim Ermitteln von dem, was mir geschehen ist, und das wirklich derselbe Mann ist, der die Amerikanerin angriff und Madeleine McCann entführt hat, hätten sie die Attacke auf sie verhindern können und Madeleine wäre jetzt zuhause bei ihren Eltern."

In Portugal lösen Nachfragen schon lange eine eher ablehnende Haltung aus. "Ist das schon 15 Jahre her? Mir kommt es eher wie 50 vor", meint einer. Filipe, Betreiber eines Cafés in Lagos, sagt der dpa, er und die meisten seiner Bekannten im beschaulichen Städtchen unweit der Praia da Luz hätten den Fall "längst vergessen". "Nur wenn die ausländischen Journalisten kommen oder uns anrufen und danach fragen, denken wir kurz wieder daran. Sonst haben wir andere Probleme."

Kein Mitleid mehr mit Eltern

Solche Reaktionen sind nicht neu. Schon seit vielen Jahren gibt es an der Algarve kein Mitleid mit den Eltern mehr. Das ist häufig längst von Ärger und Zorn überschattet. Man fühlt sich ungerecht behandelt, stigmatisiert. "Überall auf der Welt verschwinden täglich Kinder, es gibt viele Maddies", erklärt Filipe die Haltung der meisten Menschen in der Region.

Der junge Wirt bleibt nett und zeigt Verständnis für die Fragen. Derjenige, der es wagt, in Lagos das Thema anzusprechen, erntet aber auch schon mal einen bösen Blick, völliges Schweigen und auch unhöfliche Antworten wie "Lassen Sie mich in Ruhe" oder "Was denkt man denn? Wir sind hier keine Verbrecher, es war sicher dieser Deutsche, die Eltern oder ein anderer Ausländer".

Erst vor wenigen Tagen erklärte nun auch die Staatsanwaltschaft in Faro Christian B. zum Verdächtigen in dem Fall. Diesen Schritt begrüßten Maddies Eltern als "Fortschritt in den Ermittlungen". Beobachter in Portugal betonten indes, dass es nur darum gehe, die Verjährung unterbrechen zu wollen. Diese tritt nach portugiesischem Recht bei Mord nach 15 Jahren ein. Die Verteidigung in Deutschland hat mehrmals betont, dass sich der Verdächtige nicht zu den Vorwürfen geäußert habe. Weder sei er damit konfrontiert worden, noch habe es Akteneinsicht gegeben, hieß es zuletzt bei Anfragen.

Weitere Vorwürfe gegen Christian B.

Während die Aufklärung im Fall Maddie weiter offen bleibt, dürfte der Verdächtige wegen anderer Vorwürfe schon bald erneut in den Fokus rücken. Gegen Christian B. werde abgesehen von den Mordermittlungen wegen weiterer Sexualstraftaten ermittelt, sagte der Braunschweiger Staatsanwalt Wolters. Dabei gehe es um zwei Missbrauchsfälle und drei Vergewaltigungsvorwürfe, zu denen auch der Fall der Frau aus Irland zähle. Diese Ermittlungen sollen Wolters zufolge schon bald abgeschlossen sein. Voraussichtlich noch im Mai wollen die Strafverfolger dazu informieren.

Sollte sich der Wunsch von Maddies Eltern auf ein Wiedersehen doch ganz zerschlagen, bleibt zumindest die Hoffnung auf Klärung des Schicksals. "Wie wir des Öfteren gesagt haben, müssen wir wissen, was mit unserer wunderbaren Tochter geschehen ist - egal was es ist", schrieben die McCanns 2021 zum 18. Geburtstag des vermissten Mädchens.
 

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