In Irans Hauptstadt Teheran waren nach Angaben von Staatsmedien in der Nacht auf Samstag mehrere Explosionen zu hören.
Israel hat seinen seit Wochen erwarteten Vergeltungsschlag auf den Iran durchgeführt. Das israelische Militär teilte am frühen Samstagmorgen mit, man führe "als Reaktion auf die seit Monaten andauernden Angriffe des iranischen Regimes" auf Israel "derzeit präzise Angriffe auf militärische Ziele im Iran durch". Iranische Medien berichteten von Explosionen im Westen der Hauptstadt Teheran. Auch in Syrien griff Israel einmal mehr an.
Wie das iranische Staatsfernsehen meldete, sei die Luftabwehr aktiviert worden. Das iranische Kommando für Luftverteidigung erklärte, die Angriffe hätten auf Militärstützpunkte in den Provinzen Teheran, Khuzestan und Ilam abgezielt. Die Luftabwehr habe die Angriffe erfolgreich abgewehrt, die Schäden seien "begrenzt". Genauere Informationen gab es zunächst nicht.
Israels Angriff beendet: Mission erfüllt
Israel erklärte seine Angriffe später für beendet. Die Mission sei erfüllt, teilte das israelische Militär am frühen Samstagmorgen mit. "Unsere Flugzeuge sind sicher nach Hause zurückgekehrt." Der Vergeltungsschlag habe Produktionsstätten von Raketen und Raketenabschussanlagen im Iran gegolten. "Wir haben gezielte und präzise Angriffe auf militärische Ziele im Iran durchgeführt und damit unmittelbare Bedrohungen für den Staat Israel abgewehrt", erklärte Militärsprecher Daniel Hagari in einem Video. "Sollte das iranische Regime den Fehler begehen, eine neue Runde der Eskalation einzuleiten, sind wir gezwungen zu reagieren", fügte er hinzu.
Das israelische Militär teilte während der Angriffe mit, das iranische Regime und seine Stellvertreter in der Region griffen Israel seit dem 7. Oktober vergangenen Jahres unerbittlich an - an sieben Fronten - einschließlich direkter Angriffe von iranischem Boden aus. "Wie jedes andere souveräne Land der Welt hat der Staat Israel das Recht und die Pflicht zu reagieren." Die defensiven und offensiven Fähigkeiten seien voll mobilisiert. "Wir werden alles Notwendige tun, um den Staat Israel und das israelische Volk zu verteidigen."
Der Gegenschlag folgte auf die jüngste iranische Raketenattacke. Am 1. Oktober hatten die Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht, rund 200 ballistische Raketen auf Israel abgefeuert. Der Angriff erfolgte nach einer Reihe von gezielten Tötungen auf iranischem Territorium durch Israel, die sich gegen zentrale Akteure in Irans Netzwerk nicht-staatlicher Verbündeter richteten. Irans Revolutionsgarden hatten in den vergangenen Tagen immer wieder betont, entschieden auf einen israelischen Angriff reagieren zu wollen.
Gegenreaktion erwartet
Und nun behält sich laut der Nachrichtenagentur Tasnim, dem Sprachrohr der Revolutionsgarden, wieder der Iran vor, auf den Angriff Israels zu reagieren. Der Iran sei darauf vorbereitet, berichtete die Agentur unter Berufung auf Insider. "Es gibt keinen Zweifel, dass Israel mit einer angemessenen Reaktion auf seine Taten rechnen muss", wurde ein Insider zitiert.
Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA berichtete unterdessen unter Berufung auf Kreise im Rettungsdienst, dass keine Opfer in Teheran gemeldet wurden. Das Internet in der Hauptstadt war stark gedrosselt. Der Iran sperrte laut Staatsmedien seinen Luftraum komplett. Alle Flüge seien gestrichen worden, berichtete IRNA unter Berufung auf einen Sprecher der zivilen Luftfahrtbehörde.
Nach Beginn des israelischen Vergeltungsschlags gab es im Norden Israels erneut Raketenalarm. Die israelische Armee teilte mit, in der Küstenstadt Nahariya und umliegenden Gebieten heulten die Warnsirenen. Es gab zunächst keine Berichte über mögliche Opfer. Die mit dem Iran verbündete libanesische Hisbollah-Miliz beschießt Israel seit Beginn des Gaza-Krieges vor einem Jahr. Israel antwortete mit massiven Luftangriffen und inzwischen auch einer Bodenoffensive. In Nahariya waren am Donnerstag zwei Männer durch Raketentrümmer verletzt worden.
Vergeltungsschlag kurz vor Angriff autorisiert
Das israelische Kabinett hatte Medienberichten zufolge den Vergeltungsschlag auf den Iran kurz vor dem Angriff autorisiert. Eine entsprechende Telefonkonferenz mit Regierungschef Benjamin Netanyahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant habe am Freitagabend stattgefunden, berichtete die Zeitung "Haaretz".
Die Minister seien in den vergangenen Tagen über den Rahmen des offensichtlichen Angriffsplans informiert worden, hieß es. Generalstabschef Herzi Halevi leite den Angriff auf den Iran von der unterirdischen Kommandozentrale der israelischen Luftwaffe aus dem Militärhauptquartier in Tel Aviv zusammen mit dem Kommandanten der Luftwaffe, Tomer Bar, teilte die israelische Armee mit.
Der Angriff auf den Iran begann während des jüdischen Ruhetags Sabbat. Zuvor waren am Donnerstagabend hohe jüdische Feiertage zu Ende gegangen.
USA von Israel über Vorgehen informiert
Die USA waren nach Angaben eines Sprechers des Weißen Hauses über Israels Vorgehen informiert, aber nicht an der Operation beteiligt. Washington bezeichnete die Angriffe Israels auf Ziele im Iran als "Manöver zur Selbstverteidigung". Die "gezielten Angriffe auf militärische Ziele" seien überdies eine Reaktion auf den iranischen Raketenangriff auf Israel am 1. Oktober, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Sean Savett, am Freitag (Ortszeit) in Washington. US-Außenminister Antony Blinken hatte am Mittwoch gewarnt, Israels Vergeltungsmaßnahmen dürften nicht zu einer weiteren Eskalation im Nahen Osten führen.
Die israelischen Angriffe auf den Iran zielen laut US-Medienberichten nicht auf iranische Atomanlagen oder Ölfelder. Die Attacke konzentriere sich tatsächlich auf militärische Ziele, berichteten die Sender ABC und NBC. Die USA hatten Israel in den vergangenen Wochen eindringlich aufgefordert, keine iranischen Öl-und Atomanlagen anzugreifen. Laut "New York Times" hatten sich Beamte des Weißen Hauses und des Pentagon in den vergangenen Tagen eng mit Israel über den Umfang und die Art der Ziele beraten, die Israel im Iran angreifen könnten.
Israel hat nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur SANA in der Nacht auf Samstag auch militärische Einrichtungen im Zentrum und im Süden Syriens unter Beschuss genommen. Die Raketen seien aus Richtung der von Israel besetzten Golanhöhen und dem Libanon gekommen und hätten zum Teil abgefangen werden können, berichtete die Agentur. Zuvor hatte es laut SANA auch Explosionen in der Nähe der Hauptstadt Damaskus gegeben. Das syrische Regime ist mit Israels Erzfeind Iran verbündet.
USA auch weiterhin Unterstützer
Die USA sicherte Israel weiterhin ihre Unterstützung zu. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin habe in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Gallant Israels Recht auf Selbstverteidigung und das "eiserne Bekenntnis" der Vereinigten Staaten zu Israels Sicherheit bekräftigt, teilte das Pentagon mit. Der Minister habe betont, dass die USA ihre Streitkräfte verstärkt hätten, um das US-Personal, Israel und die Partner in der Region angesichts der Bedrohung durch den Iran und die vom Iran unterstützten Terrororganisationen zu schützen. Die USA seien entschlossen, "jeden Akteur daran zu hindern, die Spannungen auszunutzen oder den Konflikt in der Region auszuweiten".