In der EU werden immer mehr Rufe laut, dass Briten die Union verlassen sollen.
Der britische Premier David Cameron hat auf dem EU-Gipfel mit seinen Forderungen nach mehr Schutz für die Londoner Banken eine dramatische Abfuhr erlitten. Jetzt kapselt sich das Königreich von der EU ab, die Spaltung der EU hat begonnen.
Sollen die Briten weiter in der EU bleiben? Für den deutschen Europapolitiker Martin Schulz, der im Jänner EU-Parlamentspräsident wird, ist klar: „Ich habe Zweifel, ob Großbritannien langfristig in der EU bleibt.“ Cameron habe „ein gigantisches Eigentor“ geschossen. Noch nie sei Großbritannien so isoliert gewesen.
Dabei sind die Gipfelbeschlüsse im Interesse Großbritanniens und im Kampf gegen die Schuldenkrise leicht nachzuvollziehen:
- Die EU-Staaten verpflichten sich, Schuldenbremsen einzuführen: Das jährliche konjunkturbereinigte Staatsdefizit darf 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, also der Summe aller Güter und Dienstleistungen, nicht übersteigen.
- Der Euro-Rettungsschirm soll seine Arbeit ein Jahr früher als geplant, also im Juli 2012, aufnehmen. Das Kapital, das in den neuen Fonds einzuzahlen ist, muss früher aufgebracht werden, was zu Belastungen der nationalen Budgets führt.
- Die Europäische Zentralbank kauft künftig keine Staatsanleihen maroder Euro-Staaten mehr.
Was stört London an der Fiskalunion „Euro plus“? Tatsächlich wenig, aber Cameron wollte seinen EU-Partnern mitten in der Krise das Messer an den Hals setzen und Ausnahmeregelungen für den britischen Bankensektor fordern. Als er die Ausnahmen nicht bekam, griff er zur ultimativen Waffe und legte Veto gegen die Beschlüsse ein.
Für Cameron waren die Banken und ihre Spekulationsgewinne eben wichtiger. Die britische Finanzbranche erwirtschaftet zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts und sichert jährlich satte 59 Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Cameron fürchtet zu Recht, dass diese Geldströme ausbleiben, wenn die EU eine europaweite Finanztransaktionssteuer durchsetzt.