Ampel-Aus
Merz: "Wir sind nicht das Reserverad"
13.11.2024Der CDU-Chef und konservative deutsche Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat in Aussicht gestellt, dass die Union CDU/CSU bis zur Neuwahl einigen Vorhaben der deutschen Minderheitsregierung von Rot-Grün zustimmt.
Merz sagte beim Wirtschaftsgipfel der "Süddeutschen Zeitung" am Mittwoch in Berlin aber zugleich: "Wir sind jetzt hier nicht das Reserverad für diese nicht mehr existierende Koalition."
"Wir werden hier kein Programm abarbeiten, das im Koalitionsvertrag der Ampel mal gestanden hat, sondern wir werden jetzt einige Entscheidungen uns anschauen, die wirklich auch zeitkritisch sind." Als Beispiel nannte er die "Wohnraumüberwachung, die sogenannte TKÜ, die müssen wir noch machen, weil die am 11. Dezember sonst auslaufen würde." Merz sprach sich allgemein für eine Verabredung aus, dass nur noch die Tagesordnungspunkte im Bundestag aufgesetzt werden, die "wir vorher verabredet haben und vereinbart haben". Rot-Grün habe keine Mehrheit mehr im Parlament und auch keine Mehrheit mehr für die Bestimmung der Tagesordnung.
Auch eine Reform der Schuldenbremse schloss Merz nicht mehr aus. "Ehrlich gesagt, Schuldenbremse ist ein technisches Thema, kann man so oder so beantworten", sagte der CDU-Vorsitzende. "Selbstverständlich kann man das reformieren. Die Frage ist, wozu? Mit welchem Zweck? Was ist das Ergebnis einer solchen Reform?", fügte Merz hinzu. "Ist das Ergebnis, dass wir noch mehr Geld ausgeben für Konsum und Sozialpolitik? Dann ist die Antwort Nein", betonte der CDU-Vorsitzende. "Ist das Ergebnis, es ist wichtig für Investitionen, es ist wichtig für Fortschritt, es ist wichtig für die Lebensgrundlage unserer Kinder? Dann kann die Antwort eine andere sein."
"Mitleid hält sich in Grenzen"
Der CDU-Chef sagte weiter, seine Vermutung sei, dass die SPD mit Kanzler Olaf Scholz als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl im Februar gehen "müsse". "Mein Mitleid hält sich in Grenzen." Zu der Erwartung des FDP-Chefs und entlassenen deutschen Finanzministers Christian Lindner, dass die Liberalen ein zweistelliges Ergebnis erzielen würden, sagt Merz nur: "Gute Reise".
Er selbst will als möglicher neuer Kanzler am liebsten nur mit einem anderen Partner regieren. Der CDU-Chef sagte mit Blick auch auf die CSU: "Das Beste wäre, wenn wir nur einen Koalitionspartner brauchen, denn mal leise gesagt: Wir sind ja auch schon zwei." Falls CDU und CSU nur einen Partner bräuchten und zwei zur Auswahl hätten, dann werde es einfacher.
"Das Ausmaß des Wahlabschneidens der AfD wird mit darüber entscheiden, wie groß die Spielräume sind, die wir dann als Union haben", sagte Merz. "Ich werde in den Wahlkampf gehen und den potenziellen AfD-Wählerinnen und Wählern sagen: 'Überlegt euch gut, was Ihr da tut.' Je stärker die AfD wird, je größer wird der Einfluss eines Koalitionspartners."
Merz sagte weiter, das Wählerverhalten in Deutschland sei in den letzten Jahren schon sehr viel wechselhafter gewesen. Es werde sehr viel stärker von Augenblickseindrücken geprägt. "Die dauerhaften Bindungen an die politischen Parteien haben abgenommen." Der Wahlkampf werde entscheidend für das Ergebnis. "Die Umfragen, die wir im Augenblick sehen, sind nicht das Ergebnis, sondern wir werden ein anderes Ergebnis sehen."
Die Fraktionsspitzen von Union und SPD haben sich auf einen Vorschlag für eine vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar geeinigt.