Die deutsche Verbraucherministerin Ilse Aigner fordert von dem
Online-Netzwerk Facebook ein sofortiges Signal für mehr Datenschutz. "Ich
erwarte, dass Facebook umgehend reagiert, zumal die Kritik vonseiten der
Nutzer immer lauter wird", sagte sie am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa
in Berlin. "Mit weltweit mehr als 400 Millionen Nutzern sollte Facebook ein
Vorbild beim Datenschutz sein, nicht Schlusslicht." Aigner hatte Facebook in
einem offenen Brief mit einer Kündigung ihrer Mitgliedschaft gedroht, wenn
Daten der Nutzer ohne deren Einwilligung weitergegeben werden.
"Wie eine Krake"
Der Chaos Computer Club (CCC) warnte
vor Datenschutzlecks. "Wenn man erstmal drin ist, ist es eine Krake, die
sich alles von den Nutzern holt", sagte Sprecher Frank Rosengart. Der Zweck
der sozialen Netzwerke sei es letztlich, Geschäfte zu machen. Die Politik
hat nach Ansicht des CCC kaum eine Handhabe. "Die Facebook-Nutzer haben mit
dem amerikanischen Unternehmen eine Nutzungsvereinbarung", sagte Rosengart.
Damit unterliege das Netzwerk nicht deutschem Recht.
Aus den USA gab es von Facebook zunächst keine Stellungnahme. Eine deutsche
Sprecherin sagte aber in Hamburg, das Unternehmen nehme die Reaktionen und
die Kritik der Nutzer "sehr ernst".
Hier der Brief im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Zuckerberg, mit großer Verwunderung habe
ich gesehen, dass "Facebook" ungeachtet der Bedenken von Nutzern und
massiver Kritik von Verbraucherschützern den Datenschutz im Netzwerk
weiter lockern möchte. Wie es in Ihrer aktuellen Datenschutzrichtlinie
heißt, sollen künftig Nutzerdaten automatisch an Dritte weitergegeben
werden. Dabei soll es sich um vorab überprüfte Website- und
Applikationen-Betreiber handeln. Wer dies nicht möchte, muss selbst
tätig werden und aktiv die Opt-Out-Funktion benutzen. Ich
nutze jeden Tag, beruflich wie privat, das Internet, und bin Mitglied
in mehreren sozialen Netzwerken, darunter auch bei Facebook. Soziale
Netzwerke sind eine Bereicherung und aus unserem Leben nicht mehr
wegzudenken. Gerade weil Netzwerke wie Facebook Millionen von Menschen
über Ländergrenzen hinweg miteinander vernetzen, muss der Schutz der
Privatsphäre einen hohen Stellenwert haben. Wie Sie wissen, setze ich
mich als Bundesverbraucherministerin mit Nachdruck dafür ein, dass der
Schutz personenbezogener Daten im Internet gewährleistet wird.
Privates muss privat bleiben - ich denke, ich spreche hier für viele
Internet-Nutzer. Leider achtet Facebook diesen Wunsch nicht, was auch
durch die jüngste Studie der "Stiftung Warentest" belegt wurde.
Facebook schneidet hier schlecht ab. Im Umgang mit Benutzerdaten und
bei Nutzerrechten ist jeweils die Note "mangelhaft" vergeben worden.
Bei der Datensicherheit hat sich Facebook nicht in die Karten blicken
lassen – dafür gab es ebenfalls die Note 5. Umso
erstaunlicher ist es, dass Facebook nicht gewillt ist, die bestehenden
Mängel im Datenschutz abzustellen, sondern stattdessen noch
weitergehende Eingriffe vornimmt. Mit solchen Entscheidungen kann ein
Unternehmen auf Dauer kein Vertrauen gewinnen. Ich erwarte von
Facebook, die Datenschutzrichtlinie umgehend zu überarbeiten. Facebook
muss sicherstellen, dass die persönlichen Daten aller Mitglieder
umfassend geschützt werden. Geplante Änderungen der
Nutzungsbedingungen müssen allen Mitgliedern klar und deutlich bereits
vor jeder Änderung mitgeteilt werden. Grundsätzlich dürfen
persönliche Daten nicht ohne Einwilligung automatisch an Dritte zu
kommerziellen Zwecken weitergeleitet werden. Eine Weiterleitung und
Kommerzialisierung privater Daten darf nur mit Zustimmung der
betroffenen Personen erfolgen. Gerade weil besonders jungen Nutzern
meist nicht bewusst ist, dass ihre persönlichen Profile zu
kommerziellen Zwecken genutzt werden sollen, kommt Unternehmen wie
Facebook eine besondere Verantwortung zu. Sollte Facebook nicht
bereit sein, seine Firmenpolitik zu ändern und die eklatanten
Missstände zu beheben, sehe ich mich gezwungen, meine Mitgliedschaft
zu beenden.
Ilse Aigner Bundesverbraucherschutzministerin
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