Enttäuschung, Wut und Unverständnis bei allen Katholiken. Papst Benedikt hat sich erneut nicht zum Missbrauchs-Skandal geäußert.
Dem Heiligen Vater hat es weiter die Rede verschlagen. Kein Trost, keine Entschuldigung, keine Erklärung. Papst Benedikt XVI., Oberhaupt von mehr als einer Milliarde Katholiken, hat sich am Sonntag beim Angelusgebet in Rom erneut nicht zum Missbrauchs-Skandal geäußert.
Katholiken auf der ganzen Welt sind sehr enttäuscht
Seine
Ignoranz stößt bei Gläubigen auf der ganzen Welt auf Unverständnis und Zorn.
„Wir sind enttäuscht, dass der Papst kein Wort für eine Bitte um Vergebung
und Versöhnung gefunden hat“, heißt es von der Reformbewegung Wir sind
Kirche. Auch in Österreich ist die Enttäuschung groß. „Sein Schweigen
beweist die Wirklichkeits-Fremdheit in Rom“, sagt Hubert Feichtlbauer von
Wir sind Kirche in Wien. Vor allem Opfer sind verärgert: „Ich hätte mir eine
gewisse Einsicht und eine Stellungnahme erwartet“, sagt Missbrauchs-Opfer
Werner R. aus Oberösterreich.
Nun brodelt es in Rom
Laut Vatikan-Experten zeige die
Sprachlosigkeit die große Unsicherheit. Das Schweigen ist umso
erstaunlicher, als Papst Benedikt seit vergangenem Freitag selbst mit dem
Missbrauchs-Skandal in Zusammenhang gebracht wird – das Angelusgebet als
erster öffentlicher Auftritt seitdem wäre eine Chance zur Stellungnahme
gewesen.
Zur Erinnerung: In seiner Zeit als Erzbischof in München ist ein vorbelasteter Priester in seinem Bistum aufgenommen worden – dieser hat später erneut Kinder missbraucht. Und Papst Benedikts Bruder Georg war an der Spitze der Regensburger Domspatzen, als es zu Missbrauchs-Fällen gekommen ist. Kritiker sehen einen „Vertuschungskurs.“
Der Vatikan selbst spricht von einer „Kampagne gegen den Papst.“ Vatikan-Sprecher Federico Lombardi: „Es gibt derzeit Einige, die den Heiligen Vater mit einer Verbissenheit in den Skandal hineinziehen wollen.“ In einem Kommentar der Vatikanzeitung Osservatore Romano heißt es: „Es ist paradox, die katholische Kirche so darstellen zu wollen, als sei sie verantwortlich für den Missbrauch Minderjähriger.“ Der führende vatikanische Exorzist Gabriele Amorth: „Das ist ein Angriff des Teufels.“
Ombudsstellen: Künftig nicht mehr nur Priester
Nun erwägt
der Vatikan laut Kathpress zumindest eine Aufhebung der zehnjährigen
Verjährungsfrist für Missbrauchsdelikte. Indes kommen in
Österreich immer mehr Missbrauchs-Fälle dazu. „Täglich melden sich neue
Opfer, die Zahlen steigen an“, sagt Paul Wuthe, Sprecher der
Bischofskonferenz.
Er lässt durchblicken, dass nun die Ombudsstellen neu organisiert werden. „Sie werden künftig nicht mehr nur mit Priestern besetzt und die Bundesländer-Stellen werden mehr vernetzt.“