Farce
Mubarak-Prozess: Richter tritt zurück
13.04.2013
Neustart im Prozess gegen ägyptischen Ex-Präsidenten dauerte nur wenige Minuten.
Der einzige, dem es am Tag der Verhandlung gut zu gehen scheint, ist Ägyptens Ex-Präsident Hosni Mubarak. Die vergangenen Monate verbrachte der frühere Machthaber in einem Krankenhaus, wo er sich von einem Sturz im Gefängnis erholte. Er war im Winter in seinem Badezimmer ausgerutscht, hatte sich einige Rippen gebrochen und sich dabei die Lunge verletzt. Zeitweise hieß es sogar, er werde künstlich beatmet. Doch beim Neubeginn des Mammutprozesses gegen den 84-Jährigen ist am Samstag in Kairo davon nichts zu spüren. Mubarak wirkt gut gelaunt, winkt den Zuschauern im Saale zu und unterhält sich im Anklagekäfig mit seinen beiden Söhnen.
Wenige Minuten später ist auch das neue Verfahren gegen ihn vorerst gescheitert: Der Vorsitzende Richter, Mustafa Hassan Abdullah, tritt zurück - wegen Befangenheitsvorwürfen gegen ihn will er den Prozess nicht fortsetzen. Im Saal gibt es Tumulte.
Richter Hassan Abdullah ist vielen Ägyptern verhasst, weil er in einem anderen Verfahren Funktionäre des Mubarak-Regimes freigesprochen hatte. Es ging damals um die juristische Aufarbeitung der "Schlacht des Kamels" am 2. Februar 2011, als Männer auf Pferden und Kamelen auf dem Kairoer Tahrir-Platz mit Messern und Knüppeln auf Demonstranten eindroschen. Jetzt muss also ein anderer Richter her, den niemand für befangen hält. Ein schwieriges Unterfangen.
Ägypten ist das einzige Land, das seinem im Arabischen Frühling geschassten langjährigen Machthaber den Prozess macht - ein Vorbild ist es dabei nicht. Mubarak muss sich wegen Beihilfe zur Tötung von 846 Demonstranten verantworten, sowie wegen Korruption und Amtsmissbrauchs. Er wurde für diese Delikte bereits zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Doch wegen Verfahrensmängeln wurde dieses Urteil wieder aufgehoben.
Die meisten Ägypter haben inzwischen das Interesse an dem Fall verloren. Sie haben andere Probleme: Sie müssen um ihr Überleben in dem bevölkerungsreichsten arabischen Land kämpfen, wo die Armut wächst und der Staat die Bedürftigen nicht mehr unterstützen kann. Der Prozess ist inzwischen symptomatisch für den politischen und wirtschaftlichen Stillstand in Ägypten, wo seit dem Umsturz vor mehr als zwei Jahren kaum etwas vorankommt.
Blickt man darauf, was sich seit dem erzwungenen Rückzug Mubaraks im Februar 2011 verändert hat, findet man meist nur negative Entwicklungen. Wachsende Armut, steigende Kriminalität und immer wieder Proteste und Unruhen. Zwar gibt es seit knapp zehn Monaten erstmals einen demokratisch gewählten ägyptischen Präsidenten, doch fordern viele inzwischen schon wieder den Rücktritt des Islamisten Mohammed Mursi. Die Opposition vergleicht den aus der Muslimbruderschaft stammenden Staatschef bereits mit "Pharao Hosni Mubarak", Menschenrechtler werfen ihm vor, mit ähnlichen Methoden wie sein Vorgänger gegen Journalisten, Blogger und Aktivisten vorzugehen.
Ein Parlament gibt es nach wie vor nicht. Das erste wurde vom Verfassungsgericht wegen formaler Fehler bei der Wahl aufgelöst. Die von Mursi eigentlich von April an vorgesehene Neuwahl des "Maglis al-Shaab" wurde ebenfalls wegen Mängeln im Wahlgesetz sowie angesichts massiven Widerstands der Opposition vorerst abgesagt.
Die gefährlichste Entwicklung ist die drohende Zahlungsunfähigkeit des Landes - die Regierung verhandelt derzeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über einen Kredit in Höhe von 4,8 Milliarden US-Dollar (3,65 Mrd. Euro). Denn die Ratingagenturen haben Ägypten seit dem Sturz Mubaraks mehrfach herabgestuft, das ägyptische Pfund hat stark an Wert verloren. Die Devisenreserven des Landes sind massiv geschrumpft und reichen mit rund 11 Milliarden Euro gerade noch aus, um die Importe für drei Monate zu finanzieren. Ägypten gehört zu den größten Getreideimporteuren der Welt. Und die vielen Bedürftigen im Land sind auf das günstige, subventionierte Brot dringend angewiesen.
Mubarak ficht das alles nicht an. Nach dem kurzen Zwischenspiel vor dem Gericht am Rande der Hauptstadt wird er wieder per Hubschrauber in das Militärkrankenhaus zurückgebracht. Im neuen Verfahren setzt Mubarak auf einen Freispruch.