Ägypten

Mursi ruft Opposition zum Dialog auf

06.12.2012

Er hält aber am Termin des Verfassungsreferendums fest.

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© Reuters
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Ägyptens islamistischer Präsident Mohammed Mursi gibt nicht nach. In seiner ersten Ansprache seit Beginn der blutigen Ausschreitungen in Kairo ging er am Donnerstagabend mit keiner Silbe auf die Forderungen der Opposition ein. Den Oppositionellen bot er ein Treffen am kommenden Samstag an. Beobachter vermuten jedoch, dass die Führung des liberalen Oppositionsbündnisses um Mohammed ElBaradei und Amre Mussa dieses Angebot nicht annehmen wird, da Mursi ihre Forderungen nicht erfüllen will.

Bei den Gesprächen solle es um die Ausgestaltung eines Wahlgesetzes und eines Zeitplans für das umstrittene Verfassungsreferendum gehen. Der Sprecher der Oppositionsallianz Nationale Heilsfront, Hussein Abdel-Ghani, sagte gegenüber Reuters: "Wir sind noch dabei die Rede des Präsidenten und sein Gesprächsangebot zu bewerten. Wir diskutieren es mit unseren Mitgliedern und der Jugend."

Islamisten schuld
Mursi gab den Gegnern der Islamisten die Schuld an der Gewalt und verteidigte seine Machtpolitik. Der Islamist, der im Juni als Kandidat der Muslimbrüder zum Präsidenten gewählt worden war, sagte, die Mehrheit der Ägypter, die ihm ihre Stimme gegeben hätten, müsse nun über die Zukunft des Landes entscheiden. "Ist das nicht Demokratie?", fragte er.

Die liberalen und linken Parteien verlangen eine Überarbeitung des von den Islamisten formulierten Entwurfs für eine neue Verfassung. Außerdem bestehen sie auf einer Verschiebung der Volksabstimmung über die Verfassung, die für den 12. Dezember geplant ist. Mursi lehnt das ab. Sollte die Mehrheit der Bürger gegen den Entwurf stimmen, sei er aber bereit, eine neue Verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, fügte er hinzu.

Auch an der umstrittenen Verfassungserklärung, mit der er seine Machtbefugnisse im November erheblich ausgeweitet hatte, hielt Mursi fest. Lediglich auf Artikel VI der Erklärung sei er bereit zu verzichten, sagte der Präsident. Dieser Artikel hätte es Mursi erlaubt, ohne Rücksprache "alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Revolution, die Einheit und die nationale Sicherheit zu wahren".

"Bezahlte Schläger"
Der Präsident sagte, einige der bewaffneten Gewalttäter, die von der Polizei nach den Straßenschlachten festgenommen worden seien, hätten Kontakte zu sogenannten "politischen Kräften" gehabt. Unter den Festgenommenen seien auch "bezahlte Schläger". Diese seien von Anhängern des alten Regimes des gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak angeheuert worden. Auch ausländische Mächte seien hinter den Kulissen aktiv, warnte er.

Mursi betonte, er beschuldige nicht alle Oppositionellen, die Kritik an dem Verfassungsentwurf der Islamisten geübt hatten. "Dies ist freie Meinungsäußerung, das ist normal, da müssen wir differenzieren", fügte er hinzu.

Von der Opposition wurde Mursis Rede mit Entsetzen und Spott aufgenommen. Einige Revolutionsaktivisten verglichen seine Rhetorik mit der seines Vorgängers Hosni Mubarak. Auch Mubarak hatte bei Kritik an seiner Amtsführung stets die Angst vor einer ausländischen Verschwörung geschürt.

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