Tat angekündigt
Mutter-Mord: Psycho-Akte der Angelika D.
15.04.2010
Für großes Aufsehen sorgte der ÖSTERREICH-Bericht, dass die 14-jährige Angelika D. ihre Bluttat an der eigenen Mutter angekündigt hat.
Die grausige Tat einer jungen Schülerin (für die die Unschuldsvermutung gilt) schockt noch immer das ganze Land. Die 14-jährige Angelika D. hat am Montag Mama Svetlana (37) mit dem Messer erstochen – weil sie nicht mehr ins Internet durfte.
Wie ÖSTERREICH ausführlich berichtete, hat die Poly-Schülerin mit tschechischen Wurzeln ihre Tat bereits im November in ihrem Internet-Tagebuch angekündigt. Fritzl-Gutachterin Dr. Adelheid Kastner sagt zu ÖSTERREICH: „Klar ist, dass sie die Tat in ihrer Fantasie gehabt hat.“
Daraufhin entzündete sich eine Expertendiskussion, ob das Mädchen – das sagt, im Affekt gehandelt zu haben – nicht doch vorsätzlich zugestochen hat. „Die Frage ist, welches Delikt das Gericht und die beauftragten Psychiater feststellen“, sagt Strafrechtsexperte Dr. Helmut Fuchs aus Wien. „Zu klären ist, ob es Mord, Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge war.“ Aber: Ihr drohen laut Jugendstrafrecht auf jeden Fall bis zu zehn Jahren Haft.
Seit Mittwoch ist das Mädchen, unter ständiger Beobachtung (wegen Suizidgefahr) bis zum Prozess, in U-Haft in der Justizanstalt Josefstadt. Andreas Zembaty vom Täter- und Opferhilfeverein Neustadt: „Egal, wie viele Jahre sie ausfasst, sie wird auf jeden Fall ein Leben lang das Trauma mit Psychologen aufarbeiten müssen.“
14-Jährige tötet Mama – ihr Online-Tagebuch
Bereits gestern brachte ÖSTERREICH erste Auszüge aus den Hunderten Internet-Blogs von Angelika D., 14. Es sind Zeilen, die erschüttern. Jahrelang muss sich der Hass zwischen Mutter und Tochter aufgestaut haben. Immer wieder kam es zu Entladungen der Gewalt.
Das Mädchen schrieb ausschließlich in ihrer Muttersprache Tschechisch. In den von uns übersetzten, neuen Tagebucheinträgen gewährt das Mädchen weitere Einblicke in sein Seelenleben.
2. November 2008
Die damals 13-jährige Angelika D. beschreibt
sich selbst als „Pessimistin. Die Schule verfluche ich. Jeder Trottel sagt,
ich stinke und ich weiß nicht was noch … Ich weine unauffällig. Wenn ich
heimgehe, dann heule ich und schreie, dass das Leben scheiße ist. Dann
schließe ich mich in der Toilette oder im Bad ein, nehme die Schere und
fahre mit ihr so richtig über den Arm … Seit ich ein Kind war, habe ich mich
selbst verletzt, es beruhigt mich einfach. Ich habe zwar vernarbte Arme,
aber ich erzähle, dass ich es vom Kaninchen habe …“
4. November 2009
Erstmals veröffentlicht sie in ihrem Blog die
Abgründe zwischen ihr und Svetlana D. (37). Es fing mit einem Streit um
Mutters Make-up an: „Ich habe sie beschimpft und angeschrien, dass sie eine
Hure, eine F*** *und eine Schlampe ist (nichts Neues bei mir). Danach ist
sie noch mehr ausgerastet und sie hat mich verprügelt. Es tut einfach gar
nicht mehr weh … ich spürte es nicht, weil ich es gewohnt bin … Ich bin dann
raus aus dem Haus und mir wurde klar: Es ist wirklich besser, von zu Hause
wegzulaufen als dort bei ihr zu sein … Ich bin dann in den Wald, ich wusste
gar nicht, wohin. Es war total matschig und nass, meine Schuhe waren
vergatscht, es hatte drei Grad und ich hatte nur eine Weste an, aber ich
konnte ja nicht wissen, dass ich heute weglaufen werde …“ Angelika fährt
anschließend zu ihrem Papa Miroslav in die Firma. „Ich habe permanent
geweint … Er hat mir dann gesagt, dass wir zu Hause reden werden, sein Chef
wird in einer halben Stunde da sein und er muss seine Arbeit fertig machen …
und ich soll die Mutter nicht beachten.“ Kaum daheim, geht der Streit bis
hin zu ärgsten Handgreiflichkeiten wieder los: „Ich habe ihr gesagt, dass
sie sterben soll, sie ist dann auf mich los. Im Wohnzimmer bin ich auf den
Boden gegangen und sie schlug auf mich ein.“ Am Abend kam der Vater und gab
dem Mädchen Geld, damit sie sich eigenes Make-up kauft und die Sachen der
Mutter in Ruhe lässt.
10. November 2009
„Heute hab ich zu Hause wieder mit meiner
Mutter gestritten. Sie wollte, dass ich meine Wäsche wasche, aber ich hatte
keine Lust dazu. Ich wollte lieber im Internet surfen. Sie hat mich dauernd
gefragt, wann ich endlich die Wäsche mache, und ich habe es immer um eine
Stunde nach hinten verschoben. Später war sie schon so sauer, dass sie mir
eine geschmiert hat und sie schrie mich wieder an … Dann habe auch ich
angefangen, sie anzuschreien. Als ich sie angeschrien habe, riss sie mir
mein Notebook aus den Händen, es fiel auf den Boden, sie machte es beinahe
kaputt. Da wurde ich aggressiv und prügelte auf sie ein … lieber würde ich
sie umbringen, wir haben uns dann „total“ gehauen, ich habe sogar auf sie
gespuckt. Dafür hat sie mich total niedergeschlagen, während dessen habe ich
sie „Hure“, „F**“ und so weiter geschimpft … Echt schade, dass ich kein
Messer genommen habe, um ihren Hals aufzuschlitzen. Dann rief der Bruder
beim Papa in der Arbeit an, dass wir uns hier umbringen und dass er schnell
nach Hause kommen soll. Und jetzt ist er da … Als er gekommen ist, hat sich
die Situation wieder halbwegs beruhigt. Ich verstehe es einfach nicht, ich
ignoriere meine Mutter und sie lässt mich nicht in Ruhe. Sie soll mich in
Ruhe lassen, oder? Ehrlich, ich verspreche, dass wenn das nochmals passiert,
dann nehme ich das Messer und schneide ihren Hals durch, dann wird sie
endlich krepieren und ich werde total megahappy sein … Dann werdet ihr mich
hier niemals wiedersehen, oder besser gesagt, ich werde nie wieder hier
herkommen, weil ich im Gefängnis sein werde, aber es ist 100-mal besser, als
mit dieser Mutter zusammen zu sein, die am Leben ist …
Facebook
Hier hat die Schülerin, die in Wien den Polytechnischen
Lehrgang besucht, einen Account. Sie ist Mitglied in Dutzenden Gruppen, z.B.
bei „Ein echter Freund ist der, zu dem du sagen kannst: ‚Ich habe jemanden
umgebracht!‘ Und der antwortet darauf: ‚Wo werden wir ihn vergraben?‘
Fritzl-Gutachterin Adelheid Kastner:
"Todes-Fantasie länge im Kopf"
ÖSTERREICH: Wie konnte es zu dieser Tat kommen? |