Rückt von Ausweisung ab

Nach Botschafter-Eklat: Erdogan macht Rückzieher

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Wiener Außenamt hofft, dass Aussagen ''Zeichen von Deeskalation sind''.

Berlin/Istanbul. Nach massiver Kritik rückt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan von der angedrohten Ausweisung westlicher Botschafter ab. Die zurückhaltende Reaktion Deutschlands und andere Länder wertete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Montag als Einlenken. Die Botschafter hätten damit vor "der Verleumdung unserer Justiz und unseres Landes kehrt gemacht", sagte Erdogan am Montag nach einer Kabinettssitzung in Ankara.

Er glaube daran, dass die Botschafter in Zukunft "vorsichtiger" sein werden. Wer die Unabhängigkeit der Türkei und die Empfindsamkeiten der Türken nicht respektiere, werde in diesem Land nicht Willkommen geheißen, so Erdogan. Egal, welchen Status die Person habe. Erdogan äußerte sich, nachdem sich mehrere betroffene Botschaften öffentlich dazu bekannt hatten, das Gebot der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten des Gastlandes zu achten. "Die Vereinigten Staaten stellen fest, dass sie Artikel 41 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen einhalten", hatte etwa die US-Botschaft getwittert. Kanada, die Niederlande und Neuseeland sendeten jeweils eine ähnliche Nachricht.

Außenministerium reagierte positiv

Das österreichische Außenministerium reagierte positiv auf die neuen Äußerungen Erdogans. "Wir hoffen, dass die aktuellen Aussagen von türkischer Seite ein Zeichen für Deeskalation sind", hieß es am Montagabend aus dem Außenministerium auf APA-Anfrage. Zugleich bestätigte das Ministerium, dass Außenminister Michael Linhart (ÖVP) den Fall zuvor in einem Telefonat mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu angesprochen habe. Dabei habe er auch seine Sorge über die potenziellen Auswirkungen auf die EU-Türkei-Beziehungen zum Ausdruck gebracht. Österreich spreche sich "weiterhin sehr eng mit den europäischen Partnern ab", betonte man im Außenamt. Über mögliche weitere Maßnahmen wolle man nicht spekulieren. Österreich hatte sich nachträglich mit der Erklärung der zehn Staaten solidarisiert.

Erdogan hatte am Wochenende angekündigt, die Botschafter von Deutschland, den USA und acht weiteren Staaten durch das Außenministerium zu unerwünschten Person erklären zu lassen. Ein solcher Schritt bedeutet in der Regel die Ausweisung der Diplomaten. Anlass war eine Forderung der Botschafter, den seit 2017 ohne Urteil inhaftierten Kulturförderer Osman Kavala freizulassen. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hatte bereits 2019 Kavalas Freilassung gefordert. Erdogan wertete die Positionierung der Botschaften als Einmischung in innere Angelegenheiten.

Vereinzelt Unterstützung für Erdogan

Aus der Regierungspartei AKP war zwar vereinzelt Unterstützung für Erdogans Schritt gekommen. Die ranghohen Präsidenten-Berater Ibrahim Kalin und Fahrettin Altun, die eigentlich als treue Fürsprecher Erdogans bekannt sind, hüllten sich jedoch in auffallendes Schweigen. Offene Kritik übte der frühere Präsident und Außenminister Abdullah Gül. Es könne nicht im Interesse des Landes sein, die Sache zu einer noch größeren Krise zu machen, wurde Gül am Montag in der oppositionsnahen Zeitung Sözcü zitiert. Der frühere Erdogan-Getreue hatte sich bereits zuvor kritisch gegenüber dem Präsidenten geäußert. Der frühere türkische Botschafter in den USA, Namik Tan, sagte der Deutschen Welle, dass nur führende Personen in der AKP Erdogan umstimmen könnten.

Der Chef der größten Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, warf Erdogan vor, künstliche Probleme zu schaffen, um von der von ihm verursachten wirtschaftlichen Krise abzulenken. Die strauchelnde Landeswährung Lira fiel am Montag erneut auf Rekordtiefstände.

Deutsche Regierung äußerte sich kritisch

Die deutsche Regierung äußerte sich am Montag kritisch zur Ankündigung Erdogans. Man sehe dies "mit Sorge und Unverständnis", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte, man habe von türkischer Seite noch keine offizielle Nachricht dazu erhalten. Deutschland habe sich am Wochenende mehrfach mit Partnern in Paris und Washington beraten. Die Reaktion werde man davon abhängig machen, welchen Schritt die türkische Seite jetzt gehen werde.

Ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell teilte mit, man verfolge die Entwicklungen sehr genau und stufe die Situation als sehr ernst ein. Bisher sei jedoch keines der betroffenen Länder über tatsächliche Maßnahmen informiert worden. Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich zurückhaltend: Bis Ergebnisse der Kontakte zwischen der Türkei und den jeweiligen Ländern bekannt würden, sei es zu früh, darüber zu sprechen. Der finnische Präsident Sauli Niinistö sagte, über Medien habe man von der türkischen Reaktion gehört, nicht aber auf diplomatischem Wege.

Freilassung des Menschenrechtlers Kavala gefordert

Die zehn Botschafter hatten am 18. Oktober die Freilassung des seit 2017 inhaftierten Menschenrechtlers Kavala gefordert. Unterzeichner sind neben Deutschland und den USA Frankreich, die Niederlande, Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen, Kanada und Neuseeland. Auf Nachfrage teilte das Außenministerium in Wien der APA mit, dass auch Österreich ebenfalls die sofortige und unmittelbare Freilassung Kavalas fordere. "Österreich hätte daher die Erklärung selbstverständlich unterstützt."

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