Schuldfrage in Syrien
Nach Giftgas-Anschlag: Wer tötete 72 Menschen?
05.04.2017
Assad, Putin oder doch Trump?
Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien hat die syrische Opposition den USA eine Mitschuld an den "Verbrechen" von Machthaber Bashar al-Assad gegeben. Die Äußerungen der US-Regierung zur Zukunft Assads würden seine "Verbrechen" begünstigen, sagte der Vizepräsident der Nationalen Syrischen Koalition, Abdulhakim Bashar, am Mittwoch in Istanbul.
Die US-Regierung unternehme nichts, "um das Regime zu beseitigen, welches das syrische Volk unterdrückt". Washington nehme "eine Zuschauerposition ein und gibt Erklärungen ab, die dem Regime die Möglichkeit gibt, neue Verbrechen zu begehen", sagte Bashar. US-Außenminister Rex Tillerson hatte vergangene Woche bei einem Besuch in Ankara gesagt, das syrische Volk müsse selbst über die Zukunft Assads entscheiden. Dies bedeutete eine Abkehr von der Position des früheren US-Präsidenten Barack Obama, der stets gefordert hatte, dass Assad seine Macht abgibt.
Auch für die syrische Opposition ist der Abtritt Assads eine Voraussetzung für jede politische Neuordnung des Landes. Der Oppositionsvertreter Baschar forderte eine UN-Resolution, "die alle Verbrecher, die für das Massaker gestern verantwortlich sind, zur Rechenschaft zieht". Die USA, Frankreich und Großbritannien wollen eine Resolution in den UN-Sicherheitsrat einbringen, die den Angriff in der Provinz Idlib verurteilt und Ermittlungen fordert.
Russland: Giftgas in Syrien stammt aus Rebellen-Depot
Russland nimmt seinen Verbündeten Syrien vor Vorwürfen eines Giftgasangriffs auf Rebellengebiete in Schutz. Die Todesfälle in Khan Sheikhoun (Chan Scheichun) seien die Folge eines syrischen Luftangriffs auf ein Chemiewaffen-Lager der Aufständischen, erklärte das russische Militär am Mittwoch. Ein Rebellenkommandant wies dies als Lüge zurück.
Die USA, Großbritannien und Frankreich haben der Regierung in Damaskus vorgeworfen, in dem Ort in der umkämpften Provinz Idlib Giftgas eingesetzt zu haben. Syrien verneint dies. Der UNO-Sicherheitsrat sollte sich im Laufe des Tages mit dem Vorfall befassen. Dort hat Russland ein Vetorecht.
Ein russischer Militärsprecher erklärte dagegen über YouTube, die syrischen Kampfjets hätten ein "großes Munitionslager der Terroristen und Militärgerät" bombardiert. "Auf dem Gelände des Depots waren Werkstätten, in denen chemische Munition hergestellt wurde." Der Rebellenkommandant Haj Ali von der Freien Armee von Idlib wies dies als Lüge zurück. "Alle haben gesehen, wie das Flugzeug Gas einsetzte", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Weder gebe es in der Umgebung Militärstellungen noch Orte für den Bau von Chemiewaffen. "Die verschiedenen Oppositionsgruppen sind nicht in der Lage, solche Substanzen herzustellen."
72 Tote bei Giftgas-Angriff
Bei dem mutmaßlichen Giftgasangriff auf die von Rebellen kontrollierte Kleinstadt Khan Sheikhoun (Chan Scheichun) waren am Dienstagmorgen laut Aktivisten mindestens 72 Menschen getötet worden, darunter Dutzende Frauen und Kinder. Mehr als hundert weitere Menschen verletzt.
Der türkische Gesundheitsminister Recep Akdag sagte, 30 Verletzte seien in die Türkei gebracht worden. Sie würden von einem Spezialteam in Reyhanli in der Provinz Hatay behandelt.
Akdag sagte zudem, die Türkei habe "Hinweise, dass der Angriff in Idlib ein Chemiewaffenangriff war". Die entsprechenden Informationen würden an die Weltgesundheitsorganisation übergeben.