Nach Gipfel mit Putin:

Trump wird in den USA Verrat vorgeworfen

16.07.2018

Gipfel unter schlechten Vorzeichen: „Die Beziehungen sind so schlecht wie nie“, so Trump.

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Am Anfang ein Tiefschlag von Trump – der Gipfel mit Russlands Wladimir Putin stand unter keinem guten Stern. „Unsere Beziehung zu Russland war niemals schlechter“, twitterte Trump am Montagmorgen.

Wenige Stunden später war der „Feind“ plötzlich ein Freund. Das Gespräch in Helsinki habe „alles geändert“, erklärte Trump. „Der Kalte Krieg ist vorbei“, stimmte Putin auf der gemeinsamen Pressekonferenz zu. Putin schenkte Trump sogar einen WM-Fußball, den der pein­licherweise seiner Ehefrau Melania weiterschupfte.

Gipfel

Beim ersten Hand­shake (Foto oben) war das noch anders gewesen. Aus den Gesichtern der beiden mächtigsten Männer war herauszulesen, was Trump zuvor sagte: Russland sei ein „Gegner“. Das erste Statement, bevor die Polstertüren zugingen, fiel nichtssagend aus. Es sei Zeit, „über die großen globalen Probleme zu reden“, meinte Putin zum Start.

Vieraugengespräch

Ein knallhartes Duell stand bevor, am Ende dauerte das Vieraugengespräch dann zwei Stunden und zehn Minuten. Danach: alles Bussi-Bussi. Putin würdigte das Engagement Trumps in Korea. Der US-Präsident wiederum hofft auf eine bessere Zusammenarbeit in Syrien. Man sprach über Handel, Militär, Raketen und China. „Ein sehr produktiver Dialog, der zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen beigetragen hat“, war Trump voll des Lobes – für Putin. Der hat ihn offensichtlich vollständig über den Tisch gezogen.

© APA/AFP/YURI KADOBNOV

Putin: "Ja, ich wollte, dass Trump die Wahl gewinnt"

Klage gegen Russen. Dabei hatte vor wenigen Tagen das US-Justizministerium Anklage gegen zwölf russische Geheimdienstler erhoben. Sie sollen hinter Cyberangriffen auf die Demokraten im Wahlkampf 2016 gestanden haben. Seine Regierung habe sich nie eingemischt, so Putin gestern. Und dann: „Ja, ich wollte, dass Trump gewinnt.“

McCain rüffelt Trump: ­"Historischer Tiefpunkt"

Trump saß noch nicht einmal im Flugzeug, gab es schon Kritik. Der republikanische Senator John McCain nannte Trumps Auftritt einen „historischen Tiefpunkt“. Ex-CIA-Chef John O. Brennan tobte: Das sei „an der Grenze zum Hochverrat“. CNN kommentierte: „Der erbärmlichste Auftritt aller Zeiten!“

© Getty Images

Trump: "Das war erster Schritt für eine bessere Zukunft"

Donald Trump über die Beziehung der Länder: Die Beziehung unserer Länder war nie so schlecht wie jetzt, aber das hat sich heute in diesen vier Stunden geändert.

… dankt Putin: Präsident Putin, ich danke Ihnen, dass wir zu diesem offenen Dialog zusammengekommen sind. Es war ein konstruktiver Tag, wir werden die Gespräche fortsetzen – wir werden uns öfter treffen.

… über vergangene Versäumnisse: Die USA waren dumm. Wir hätten diesen Dialog schon viel früher starten sollen. Vor allem, was nukleare Abrüstung betrifft. Das ist der wichtigste Punkt.

… über mögliche Wahleinmischung der Russen: Die Untersuchung zur Wahleinmischung hat viel zerstört, das hat uns auseinandergebracht. Ich möchte noch einmal sagen: Es gab keine Einmischung.

… über Syrien: Wir möchten in Bezug auf Syrien einiges tun, um die Sicherheit Israels zu erhöhen. Das ist Putin und mir sehr wichtig. Wir wollen auch den Menschen vor Ort helfen.

Putin: "Russland hat sich nie in Wahlen eingemischt"

Wladimir Putin über das Treffen: Ich bin zufrieden mit diesem Gipfel. Es waren gute Gespräche, jetzt kommen große Herausforderungen auf uns zu. Wir konnten nicht alles besprechen, aber der Weg ist geebnet für weitere Gespräche.

… über globale Friedensbemühungen: Wir haben eine Verantwortung für den internationalen Frieden – das ist uns beiden bewusst.

… zu Syrien: Ein Frieden in der Region könnte unser erster gemeinsamer Erfolg sein.

… über Wahleinmischung: Russland hat sich niemals in US-Wahlen eingemischt. Falls es solche Aktivitäten gäbe, würden wir alles tun, um sie einzudämmen. Ja, ich wollte, dass er (Trump, Anm.) gewinnt.

… über angebliche Fotos von Trump mit Prostituierten in Russland: Ich habe die Gerüchte gehört, dass wir kompromittierende Fotos haben. Als Trump in Moskau war, wusste ich nicht einmal, dass er da war. Er war eine Privatperson. Fragen Sie das nicht mehr.

Europas führender USA-Experte: "Sie wollen Europa spalten, um es zu beherrschen"

ÖSTERREICH: War es taktisch klug von Trump, die EU und Russland als Feinde zu bezeichnen?

Josef Braml: Wenn man Trumps Weltbild versteht, dann ist es strategisch geboten, die EU als Feind zu sehen. Nach seinem knallharten Weltbild haben Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen. Trump hat deutlich gemacht: „Meine Interessen gehen auf Kosten deiner.“ Also: „Ich ­gewinne auf Kosten aller anderen.“

ÖSTERREICH: Aber dezidiert Russland als Feind zu nennen, nur Stunden vor dem Treffen – ist das klug?

Braml: Trump wird innenpolitisch an die Kandare gelegt. Sonderermittler Mueller macht ihm das Leben schwer, das könnte Richtung Amtsenthebung gehen – da muss er schon taktieren. Es schadet nichts, wenn er da kräftig auftritt.

ÖSTERREICH: Es heißt, Trump und Putin seien eine große Gefahr für Europa …

Braml: Beide sind Machtmenschen. Beide wollen Europa spalten, um es besser zu beherrschen. Da dürfen wir Europäer uns keine Illusionen mehr machen.

ÖSTERREICH: Was konkret sind die Gefahren?

Braml: Wir werden erpresst. Wir werden derzeit von den USA erpresst. Die sagen: „Wenn ihr unseren Schutz wollt, dann habt ihr gefälligst das teurere Flüssigerdgas aus Amerika, und nicht das Pipeline-Gas aus Russland zu kaufen.“ Auch mit den Handelszöllen werden wir erpresst. Trump sagt, wir Europäer sollen endlich mehr Rüstung aus den USA kaufen – das nennt man Erpressung.(pom)

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