Nach dem Messer-Terror von Solingen geht ein Ruck durch die deutsche Politik. Die Bundesregierung in Berlin verschärft jetzt die Asyl-Regeln.
Als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Solingen hat sich die deutsche Regierung auf neue Maßnahmen zum Schutz vor islamistischem Terror, gegen irreguläre Migration und zur Verschärfung des Waffenrechts verständigt. Unter anderem soll der Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter eingeschränkt werden. Zudem sollen Sozialleistungen für bestimmte Asylbewerber gestrichen werden.
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"Harte Maßnahmen"
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach bei der Vorstellung von "weitreichenden" und "harten Maßnahmen". Dazu zählt ein generelles Messerverbot im Fernverkehr mit Bussen und Bahnen. Es soll ein absolutes Messerverbot bei Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen geben. Die Anforderungen für einen Waffenschein sollen erhöht werden, um sicherzustellen, dass Extremisten keinen Zugang zu Waffen und Sprengstoff haben.
Bei den Asylwerbern, deren Sozialleistungen gestrichen werden sollen, geht es um so genannte "Dublin-Flüchtlinge". Das sind Migranten, für die ein anderer europäischer Staat zuständig wäre, der der Rückübernahme zugestimmt hat.
Mehr Befugnisse
Die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Islamismus sollen ausgeweitet und das Instrument des Vereinsverbots soll gegen islamistische Vereine weiter genutzt werden. Justizminister Marco Buschmann (FDP) sprach von einem sinnvollen und nützlichen Paket, um die Sicherheitslage in Deutschland zu verbessern und bei der Migration eine noch verschärfte Realpolitik durchzuführen.
Der Terror von Solingen
Beim mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen hatte ein Angreifer am Freitagabend auf einem Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Mutmaßlicher Täter ist der 26-jährige Syrer Issa Al H., der in Untersuchungshaft sitzt. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn unter anderem wegen Mordes und des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Diese hatte die Tat für sich reklamiert. Der Mann hätte eigentlich im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte.
Die Arbeit an dem Maßnahmenpaket hatte bereits am Wochenende nach dem Anschlag begonnen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zudem am Mittwoch Gespräche mit den Ländern und der Union als größter Oppositionskraft angekündigt. Eine Arbeitsgruppe, der Vertreter aller drei Ampel-Parteien angehören, soll nächste Woche erstmals zusammenkommen.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hat unterdessen im Düsseldorfer Landtag klargestellt, dass sich der Tatverdächtige des tödlichen Messerangriffs von Solingen nicht selbst gestellt hat. Tatsächlich sei einer Polizeistreife am späten Samstagabend in der Nähe des Tatorts eine männliche Person aufgefallen, berichtete Reul in einer gemeinsamen Sondersitzung des Innen- und des Integrationsausschusses am Donnerstag.
Der Verdächtige
Diese Person sei den Polizisten durch ihr Verhalten und Erscheinungsbild verdächtig vorgekommen. Deswegen sei der Mann direkt angesprochen und festgenommen worden.
"Wir müssen Islamismus weiterhin sehr ernst nehmen", mahnte er. Allein in Nordrhein-Westfalen lebten derzeit 185 islamistische Gefährder, die die Sicherheitsbehörden im Auge hätten. "Zu diesen Personen zählte der Täter aus Solingen nicht", sagte Reul. Weder polizeilich noch gar mit Bezug zu Staatsschutzdelikten sei er zuvor in Erscheinung getreten. "Kein Mensch hatte den auf dem Schirm."
Kritisch äußerte sich der Politiker über die deutsche Debatte zur Verschärfung des Waffengesetzes. "Der Täter aus Solingen hat ein Messer benutzt, wie es wahrscheinlich viele in unserer Küche haben", betonte er. Das Führen eines solchen Messers in der Öffentlichkeit sei schon heute verboten. "Er hätte damit nicht 'rumlaufen dürfen", stellte Reul fest. Gegen den Anschlag hätte aber kein Verbot geholfen.
"Nicht Waffen töten Menschen, Menschen töten Menschen", unterstrich der Minister. Wer töten wolle, den interessierten vermutlich auch keine Verbote. Viel wichtiger sei eine ernsthafte, nachdenkliche Debatte, welches Rüstzeug die Sicherheitsbehörden benötigten.