Jahrelang verdeckt ermittelt

Nazi-Schatz wird jetzt Behörden-Skandal

06.11.2013

Die Kunstszene wusste seit Jahrzehnten, dass Cornelius Gurlitt die Sammlung besitzt.

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© Reuters
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1.406 Meisterwerke wurden in der Münchner Wohnung von Cornelius Gurlitt (80) gefunden. Für Experten keine Überraschung: „Es war längst bekannt“, behauptet Alfred Weidinger, Vizedirektor des Wiener Belvedere, „dass diese Sammlung existiert. Jeder wichtige Kunsthändler hat das gewusst“, meint er im ­ÖSTERREICH-Gespräch.
Längst hätte auch das Haus von Gurlitt in Salzburg geöffnet werden müssen, so Weidinger. Das fordert auch Otto Hans Ressler, langjähriger Chef der Wiener Kunstauktionen: „Es muss Nachschau gehalten werden.“

Polizei war schon 2010 im Salzburger Geisterhaus
Cornelius Gurlitt besitzt in der Carl-Storch-Straße 9 in Salzburg-Aigen ein Anwesen. Das „Geisterhaus“ ist in einem schlechten Zustand.

  • Bereits im Oktober 2010 kam der „mürrische, alte Mann“ Nachbarn so verdächtig vor, dass sie die Polizei riefen. Die Beamten rückten mit Suchhund und Feuerwehr an, hielten Nachschau im Haus, fanden aber nur Müll. Nach Kunst suchten sie nicht: „Es wurde danach ein neues Türschloss eingebaut“, so die Polizei, „und wir sperrten wieder ab.“ Den Schlüssel holte Cornelius Gurlitt nie ab.
  • Am 6. Dezember 2011 hatte die Salzburger Staatsanwaltschaft mit Gurlitt zu tun. Wegen Verdachtes auf Abgabenhinterziehung in der Höhe von 9.000 Euro ersuchten deutsche Behörden um Rechtshilfe – niemand wurde aktiv.

Tatsache ist weiters, dass Gurlitt bis zuletzt Bilder aus seiner Sammlung verkauft hat, zuletzt im Herbst 2011. 864.000 Euro bekam er für ein Max-Beckmann-Bild vom Auktionshaus Lempertz in Köln. Leiter des Auktionshauses ist Henrik Hanstein.

Museums-Chefin Leopold: "Wir haben von ihm nichts gekauft"

ÖSTERREICH: Cornelius Gurlitt hat bis 2011 aus seiner Sammlung Bilder verkauft …
Elisabeth Leopold: … aber nicht an das Leopold Museum. Auch hat Cornelius Gurlitt nie mit meinem Mann (Anm.: Rudolf Leopold) zusammengearbeitet. Ich kenne ihn gar nicht. Mein Mann hatte immer mit Wolfgang Gurlitt zu tun gehabt, dem Sohn des bekannten Berliner Kunsthändlers Fritz Gurlitt. Ich kann nicht sagen, ob alle Gurlitts miteinander verwandt sind.

ÖSTERREICH: Wie bewerten Sie den jetzt entdeckten Nazi-Raubkunst-Schatz?
Leopold: Ich kenne die Bilder nicht, es wurde bisher ja kaum etwas veröffentlicht. Auch wäre ich extrem vorsichtig mit der Behauptung, wonach es sich hier um einen Raubkunst-Schatz handelt. Es könnte durchaus sein, dass die Werke rechtmäßig erworben wurden.

ÖSTERREICH: Werden weitere Kunstwerke auftauchen?
Leopold: Denkbar und wünschenswert ist es. Sie haben gar keine Vorstellung, was in diversen US-Depots gelagert ist.

Karl Wendl

 

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