Nahost-Konflikt

Netanyahu: "Zweite Phase" des Krieges begonnen

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Israel hat im Krieg gegen die radikale Palästinenserorganisation Hamas eine "Zweite Phase" ausgerufen und Gaza-Stadt zum "Schlachtfeld" erklärt.

Unklar ist derzeit, ob Israel damit die erwartete Bodenoffensive begonnen hat. Die israelische Armee und Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu riefen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen am Samstag nochmals nachdrücklich auf, "unverzüglich" in Richtung Süden zu flüchten.

Ziel sei es, die militärischen Fähigkeiten sowie die Herrschaft der Islamistenorganisation zu zerstören und die Geiseln nach Hause zurückzubringen, sagte Netanyahu am Samstagabend vor Journalisten in Tel Aviv. Die Notstandsregierung habe die Entscheidung zur Ausweitung der Bodeneinsätze einstimmig getroffen. Der Augenblick der Wahrheit sei gekommen: "Siegen oder aufhören zu existieren", zitierte die italienische Nachrichtenagentur ANSA Netanyahu. Der Krieg in Gaza sei "unser zweiter Unabhängigkeitskrieg. Wir wollen den Mördern zurückzahlen, was sie getan haben".

Gallant: Israel sei "an allen Fronten gerüstet"

Verteidigungsminister Yoav Gallant sagte, Israel habe kein Interesse, den Krieg auszuweiten, aber man sei "an allen Fronten gerüstet". Der Oppositionspolitiker und Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, Benny Gantz, sagte, die "Bodenoperation" könne helfen, die Geisel zurückzubringen.

Die israelische Armee hatte in der Nacht auf Samstag ihre bisher heftigsten Angriffe in dem Palästinensergebiet seit Beginn des Krieges vor drei Wochen geführt. Armee-Angaben zufolge wurden dabei 150 unterirdische und militärische Ziele der Hamas getroffen. Zudem sei einer der Hauptverantwortlichen für den Großangriff auf Israel getötet worden. Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei dem nächtlichen Beschuss hunderte Gebäude im Norden des Gazastreifens komplett zerstört.

Guterres kritisierte "beispiellose Eskalation"

UNO-Generalsekretär António Guterres kritisierte die "beispiellose Eskalation" der Luftangriffe im Gazastreifen scharf. "Statt der von ihm erwarteten Pause" habe es eine "beispiellose Eskalation der Bombardierungen und ihrer verheerenden Auswirkungen gegeben, welche die genannten humanitären Ziele untergraben", sagte Guterres bei einem Besuch in Katar. Guterres forderte auch erneut eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen.

Auch die UNO-Vollversammlung in New York hatte am Freitag mit großer Mehrheit eine "sofortige humanitäre Waffenruhe" im Gazastreifen gefordert. Im Zentrum des Textes steht die humanitäre Lage im Gazastreifen - die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas erwähnt er jedoch mit keinem Wort. Während Israel empört darauf reagierte, begrüßte die Hamas die Resolution. Österreich stimmte dagegen.

Die Hamas forderte am Samstag die Freilassung aller in Israel inhaftierten palästinensischen Gefangenen. Dies sei der "Preis", den Israel für die Freilassung der von den Islamisten verschleppten Geiseln "bezahlen" müsse, hieß es in einer vom Hamas-Fernsehen verbreiteten Videobotschaft des Sprechers des bewaffneten Arms der militanten Organisation, Abu Obeida.

700.000 Palästinenser in den Süden geflohen

Nach israelischen Militärangaben sind bereits mindestens 700.000 Palästinenser in den Süden des Gazastreifens geflohen. Die Vereinten Nationen sprechen von 1,4 Millionen Binnenflüchtlingen. Insgesamt leben in dem dicht besiedelten Gebiet mehr als 2,2 Millionen Menschen. Am Samstag plünderten Binnenflüchtlinge ein UNO-Lebensmittellager.

Am Samstag sind indes auch wieder israelische Städte vom Gazastreifen aus beschossen worden. In mehreren Ortschaften im Grenzgebiet zu dem Küstenstreifen heulten mehrmals Sirenen, wie die israelische Armee mitteilte. Auch im Großraum Tel Aviv und in Ashkelon gab es Luftalarm. In der Wüstenstadt Beersheva wurde nach Polizeiangaben ein Gebäude durch eine Rakete getroffen. Es gab zunächst auch hier keine Berichte zu Verletzten. Die Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der im Gazastreifen herrschenden Islamistenorganisation Hamas, bekannten sich zu den Angriffen aus Gaza.

Gefechte an der Grenze zum Libanon

Auch an Israels Grenze zum Libanon kam es am Samstag wieder zu Gefechten. Mehrere Panzerabwehrraketen und Mörsergranaten seien vom Libanon aus auf Israel abgefeuert worden, teilte die israelische Armee mit. Auch Militärposten entlang der Grenze seien beschossen worden. Die Geschosse seien in offenen Gebieten eingeschlagen. Die israelische Armee habe zurückgeschossen und militärische Einrichtungen der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah angegriffen. An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon kommt es seit Beginn des Gaza-Kriegs zunehmend zu Zwischenfällen. Auf beiden Seiten gab es bereits Todesopfer.

Die israelische Armee hat eine Verstärkung der humanitären Hilfslieferungen für die palästinensische Bevölkerung angekündigt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte davor die Konfliktparteien erneut zu einer dringend benötigten Feuerpause aufgerufen. Berichte über Bombardierungen in der Nähe großer Krankenhäuser gäben Anlass zu großer Sorge. Die WHO bekräftigte, es sei unmöglich, Patienten zu evakuieren, ohne ihr Leben zu gefährden. Kliniken im gesamten Gazastreifen seien aufgrund der bisher Verletzten bereits ausgelastet und könnten den dramatischen Anstieg der Patientenzahlen nicht verkraften, während sie gleichzeitig Tausende von Zivilisten beherbergten, teilte die WHO am Samstag mit. Während des nächtlichen Vorstoßes israelischer Truppen in den Gazastreifen sei es zu einem totalen Kommunikations- und Stromausfall für Gesundheitspersonal, Patienten und Zivilisten gekommen.

Durch den Terror der Hamas starben bisher rund 1.400 Israelis. Auf der anderen Seite sind im Gazastreifen nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde in Ramallah 7.650 Menschen durch israelische Angriffe ums Leben gekommen. 19.450 seien verletzt worden. Am Samstag gab es weltweit in zahlreichen Städten pro-palästinensische Kundgebungen, darunter auch in Bregenz.

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