Nach Massaker in Moscheen

Neuseeland trägt Kopftuch aus Solidarität

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Viele Neuseeländer tragen nun Kopftuch – um sich mit den Muslimen des Landes zu solidarisieren.

Christchurch. Es sind die Tage der Blumensträuße, der Kerzen, der Plüschtiere, der handgeschriebenen Zettel. So wie das die Leute in Christchurch von früheren Gelegenheiten aus dem Fernsehen kannten - nach all den schrecklichen Terroranschlägen in europäischen oder amerikanischen Metropolen. Nur dass sie jetzt, in ihrem eigentlich so friedlichen Land, so weit entfernt im Pazifik, selbst betroffen sind. 

An vielen Orten in der 350.000-Einwohner-Stadt wird jetzt der 50 Todesopfer des rechtsextremistischen Anschlags auf zwei Moscheen gedacht: vor den Gotteshäusern selbst; an den Absperrungen, die die Polizei immer noch nicht freigeben will; vor den Krankenhäusern, wo mehr als 30 Leute wegen teils schlimmer Schussverletzungen immer noch in Behandlung sind. Die Furcht ist groß, dass nicht alle durchkommen.

Neuseelands Ministerpräsidentin Jacinda Ardern (38) ging bereits nach dem Unglück mit Kopftuch bekleidet in die Moschee, dem Anschlagsort und stellte sich so vor die Kameras. Sie wurde dafür weltweit bewundert.

Neuseeland trägt Kopftuch aus Solidarität
© Getty Images

Die Aktion "Headscarf for Harmony" (deutsch: "Kopftuch für Harmonie") hat zum Gedenken vorgeschlagen, dass Männer und Frauen Kopftuch tragen sollen. Zudem wird es am Freitag, genau eine Woche nach dem Attentat, landesweit zwei Schweigeminuten geben.

Neuseeland trägt Kopftuch aus Solidarität
© AFP

Neuseeland verbietet Sturmgewehre und halbautomatische Waffen

Neuseeland will nach dem rassistisch motivierten Anschlag auf zwei Moscheen Sturmgewehre und halbautomatische Waffen verbieten. Dies kündigte Premierministerin Jacinda Ardern am Donnerstag in Wellington an. Der Verkauf von solchen Waffen ist mit sofortiger Wirkung bereits nicht mehr erlaubt. Die Polizei gab indes bekannt, dass alle 50 Todesopfer identifiziert worden seien.
 
Mit dem Verbot der Schusswaffen drückt Ardern mächtig aufs Tempo. Die Premierministerin hatte gleich nach der Tat eine Verschärfung der Waffengesetze angekündigt. Dies war allerdings erst später erwartet worden. Die sozialdemokratische Regierungschefin verfolgt damit eine völlig andere Politik als zum Beispiel die USA. Dort wird nach Massakern immer wieder über strengere Regelungen diskutiert. Bisher gelang es der mächtigen Waffenlobby jedoch stets, dies zu verhindern.Nach Schätzungen sind in Neuseeland mehr als 1,2 Millionen Schusswaffen im Umlauf. Wie viele davon halbautomatische Waffen sind, ist nicht bekannt. Wer solche Gewehre besitzt, muss sie nun zurückgeben, soll aber vom Staat Geld zurück erhalten. Für Neuseeländer, die sich solche Waffen illegal angeschafft haben und nun zurückgeben, soll es eine Amnestie geben. Verboten werden auch Zusatzteile, mit denen Gewehre aufgerüstet werden können.
 
Ardern schloss ihre Erklärung mit den Worten: "Kurz gesagt: Es wird jede Art von halbautomatischen Waffen, die bei dem Terroranschlag am vergangenen Freitag benutzt wurde, in diesem Land verboten." Das Land hatte bereits 1992 seine Waffengesetze verschärft, um den Zugang zu halbautomatischen Waffen zu beschränken. Allerdings können Bürger schon ab 16 Jahren einen Waffenschein beantragen.

50 Todesopfer identifiziert 

Nach Angaben der Polizei sind inzwischen alle 50 Todesopfer identifiziert. Inzwischen haben auch die Beerdigungen begonnen. Für die Familien geht damit eine lange Wartezeit zu Ende, die viele Hinterbliebene zusätzlich belastet hatte. Nach islamischer Tradition müssen Tote möglichst bald beigesetzt werden. Der religiöse Brauch sieht vor, dass die Beisetzung so schnell wie möglich erfolgt, am besten innerhalb von 24 Stunden.
 
An diesem Freitag will ganz Neuseeland zur Tatzeit mit zwei Schweigeminuten der Opfer gedenken. Das Massaker hatte am Freitag vergangener Woche gegen 13.40 Uhr in der Al-Nur-Moschee von Christchurch begonnen, wo sich gerade mehr als 300 Leute zum Freitagsgebet versammelt hatten. Allein dort erschoss der Täter 42 Menschen. Dann fuhr er zu einer weiteren Moschee, wo er nochmals acht Menschen umbrachte.
 
Kurz darauf wurde der 28-jährige australische Rechtsextremist von zwei Polizeibeamten in seinem Auto überwältigt. Vor dem Massaker hatte der Australier eine 74-seitige Kampfschrift mit rechtsextremistischen Parolen ins Internet gestellt und auch per E-Mail verschickt. Die Tat wurde mit einer Helmkamera ins Internet übertragen. Davon gibt es auch ein 17-minütiges Video. Dem mutmaßlichen Täter droht lebenslanges Gefängnis.
 
Neuseeland mit seinen knapp fünf Millionen Einwohnern war bisher von Terrorismus und Amokläufen weitgehend verschont geblieben. Bei den Anschlägen handelt sich um den größten Massenmord in der Geschichte Neuseelands in Friedenszeiten.
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