US-Wahl
Nikki Haley trifft Nerv der US-Wähler
16.12.2023Pragmatismus als Geheimwaffe in polarisierter US-Politik
Die ehemalige Gouverneurin und Diplomatin Nikki Haley ist die Überraschungs-Aufsteigerin im Wahlkampf für die 2024-Wahlen. Die Republikanerin, so schlagfertig wie konstruktiv, erhält Zuspruch als Stimme der Mitte. Wie sehr sich die USA offenbar nach einem Ende der Polarisierung sehnen, zeigen Umfragen. Und der Frust ist -mit einem Ex-Präsidenten, der als Rechtsaußen zuletzt sogar mit Nazi-Vokabular (er nannte Gegner "Ungeziefer") w ütete und Nachfolger Joe Biden, der oft dem progressiven "Woke-Flügel" der Demokraten nach dem Mund redet -verständlich. Haley hingegen segelt mit pragmatischen Ansagen auf Erfolgskurs. Laut Meinungsforschung führt sie im direkten Duell mit 16 Prozentpunkten (!) Vorsprung vor Biden. Trump hingegen liegt da nur vier Prozentpunkte vorne.
Die Umfrage führte zum Schock bei Biden UND Trump: Denn halten die Daten, hätte Biden gegen die Politikerin indischer Abstammung wohl keine Chance. Und Trump wird hellhörig, da mit Haley offenbar eine weit effektivere Republikaner-Kandidatin bereitsteht. Aber gleichzeitig: Bei den Republikaner-Vorwahlen, die Mitte Jänner in Iowa beginnen und bei denen der Parteikandidat für die Präsidentschaftswahlen (5.11.2024) ermittelt wird, steht wiederum Haley auf verlorenem Posten. Trumps treue "Make America Great Again"-Bewegung (MAGA) dürfte ihm zum Wahlsieg in den Vorwahlen verhelfen. Im Countdown zu den Iowa-Abstimmungen ("Caucus") führt er mit 51 Prozent bereits praktisch uneinholbar. Haley kommt hier nur auf 16 Prozent. Trump gelte als "uneinholbar", so die Website "The Hill". Haley aber hofft, dass sie letztendlich alle Anti-Trump-Stimmen bei der GOP einsammeln und ihm doch noch gefährlich werden könnte.
Trump gilt bei den Vorwahlen als unschlagbar
Dilemma. Das Dilemma der Konservativen wird aber offensichtlich: Jener Kandidat, der zum 2024- Nominierten gewählt werden dürfte, scheint sich am schwersten gegen Amtsinhaber Biden zu tun. Der gilt als Trumps "Angstgegner", das weiß Trump spätestes seit der Wahlschlappe 2020. Warum trifft Haley den politischen Nerv? Sie propagiert pragmatische Lösungen, gilt als bescheidener Gegenpol zum prahlerischen Trump. Und -30 Jahre jünger als Biden ist sie aus einer jüngeren Politiker-Generation.
Auch erhält sie wegen ihrer sachlichen Politik breite Unterstützung aus Wirtschaft und Wall Street. Sie hält an einer dominanten Rolle der USA in der Weltpolitik fest -im Kontrast zu Trumps "Amerika Zuerst"-Isolationismus.
Aber: Könnte sie Trump als Vizekandidatin-Geheimwaffe ("Running Mate") an seine Seite holen? Fraglich, denn dann könnte die Basis revoltieren. Warum? Haley ist bei Trump-Fans als "Neokonservative" verschrien, eine Philosophie, bei der Amerikas Macht zur Lenkung der Welt eingesetzt wird. MAGA aber pfeift auf die Außenpolitik, ihre Sichtweise ist nach innen gerichtet. Bitter jedenfalls: Haleys Pragmatismus macht sie bei den Wählern beliebt -aber in der hyperpolarisierten US-Politik chancenlos ...