US-Präsident: "Nicht realistisch, Millionen Menschen festzunehmen und zu deportieren."
US-Präsident Barack Obama will Millionen Einwanderer in den USA mit einer Regierungsverordnung aus der Illegalität holen. Einwanderer, die seit fünf Jahren in den USA leben, dort geborene Kinder haben, unbescholten sind und Steuern zahlen, sollen bis zu drei Jahre vor Abschiebung geschützt sein, sagte Obama am Donnerstagabend in einer Fernsehansprache im Weißen Haus in Washington.
"Es ist nicht realistisch, Millionen Menschen festzunehmen und zu deportieren", begründete Obama seinen innenpolitisch äußerst umstrittenen Schritt. Das US-Einwanderungssystem sei seit mehreren Jahren "kaputt". Er betonte, dass sein Vorgehen rechtmäßig sei. Die Maßnahmen seien nur so lange nötig, bis sich der Kongress auf eine entsprechende umfassende Einwanderungsreform einige, richtete Obama seinen Kritikern aus.
Es gehe darum, dass rechtschaffene illegale Einwanderer "aus dem Schatten treten", sagte Obama. Keineswegs sei die temporäre Duldung aber ein erster Schritt zur Staatsbürgerschaft oder einer unbegrenzten Aufenthaltserlaubnis. "Alles, was wir sagen, ist: Wir deportieren euch nicht." Die Betroffenen hätten nämlich die US-Gesetze gebrochen, indem sie illegal ins Land gereist seien.
In seiner Rede beschwor Obama den Geist der Vereinigten Staaten als Einwanderungsland. "Wir sind und werden immer eine Nation von Einwanderern sein", sagte er. Die Einwanderung halte die USA seit über 200 Jahren "jugendlich, dynamisch und unternehmerisch". Massenabschiebungen würden nicht dem "Charakter" der USA entsprechen.
Teil der Maßnahmen ist auch ein verschärfter Kampf gegen illegale Einwanderung. "Wer ein Straftäter ist, wird abgeschoben. Und für alle, die eine illegale Einreise in die USA planen, ist die Wahrscheinlichkeit, gefasst und zurückgeschickt zu werden, gestiegen", betonte Obama. Statt Kindern sollen Kriminelle abgeschoben werden.
VIDEO: Bleiberecht für illegale Einwanderer
Republikaner: "Kaiser" Obama
Die Republikaner, die ab der neuen Legislaturperiode im Jänner das Repräsentantenhaus und den Senat kontrollieren, werfen Obama die Überschreitung seiner Amtsbefugnisse vor. "So funktioniert unsere Demokratie einfach nicht", sagte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner. Der Präsident verhalte sich wie ein "König" oder "Kaiser". Der republikanische Senator Lindsey Graham erklärte, der Regierung über Budgetgesetze die finanziellen Mittel für die Einwanderungspolitik zu entziehen. Außerdem drohten ranghohe Republikaner mit einer Klage gegen Obamas Vorgehen.
Obama appellierte in seiner Rede an die Republikaner, wegen des Dissenses in einer Frage keinen neuen Budgetstreit heraufzubeschwören. Die Amerikaner seien der politischen Blockade in Washington überdrüssig, mahnte der Präsident.
Einer Umfrage des Fernsehsenders NBC und der Zeitung "Wall Street Journal" zufolge lehnen 48 Prozent der Amerikaner die Reformpläne des Präsidenten ab, die Zustimmung beträgt nur 38 Prozent. Allerdings ist das Vorhaben populär bei der immer wichtiger werdenden Wählergruppe der Latinos, die mit großer Mehrheit für Obamas Demokraten stimmen. Die meisten der mehr als elf Millionen illegalen Einwanderer in den USA stammen aus Mexiko und anderen lateinamerikanischen Ländern.