USA verwanzten EU

Obama ließ Faymann und Merkel bespitzeln

30.06.2013


Unfassbar: Die USA haben nicht nur die EU ausspioniert, sondern bespitzeln auch in Österreich.

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Sie lesen unsere E-Mails mit, hören unsere Telefone ab, speichern, auf welchen Internetseiten wir waren, und verwanzen sogar EU-Gebäude: Die NSA, der amerikanische Abhörgeheimdienst, hat jahrelang die halbe Welt abgehört. Erst durch Edward Snowden und die Veröffentlichung seiner hochbrisanten Geheimdokumente wird jetzt das ganze Ausmaß der US-Spionage bekannt. Heute enthüllt der Spiegel, dass der US-Geheimdienst seit über fünf Jahren alle Aktivitäten der EU abhört.

EU-Gebäude in Brüssel und Washington waren verwanzt

„Sollten die Gerüchte stimmen, dann wäre das ein durch nichts begründbarer Skandal – ein Vertrauensbruch“, erklärt Othmar Karas, der Chef der ÖVP-Delegation im Europäischen Parlament.

Laut Spiegel soll die NSA zunächst die EU-Vertretungen in Washington und bei der UNO verwanzt haben. Als das erfolgreich war, wurde auch das EU-Hauptgebäude in Brüssel verwanzt und vom NATO-Quartier aus die gesamte EU-Telefonanlage angezapft. Schließlich wurde das EU-Computersystem infiltriert, womit die Amerikaner an alle Dokumente kamen.

Wurden bei Faymann die Ost-Kontakte der EU abgehört?
Hannes Swoboda, SP-Fraktionschef im EU-Parlament, fordert im Gespräch mit ÖSTERREICH die sofortige Aufklärung der Anschuldigungen: „Ansonsten könnte es zu einer schwerwiegenden Belastung der Beziehungen kommen.“

Swoboda vermutet, dass insbesondere Österreich Ziel der Abhöraktion sein könnte. Kanzler Faymann gilt nämlich als Drehscheibe der EU-Kontakte zu den Ostländern. „Ich weiß“, so Faymann zu den Spionage-Vorwürfen, „dass unser Innenministerium und das Verteidigungsministerium mit dem Heeresnachrichtendienst bemüht sind, mit den Regierungskollegen herauszufinden, was davon stimmt.“

EU-Parlamentarier: "Spionage auch bei uns"

ÖSTERREICH: Gleich mehrere EU-Gebäude wurden von den USA ausspioniert. Wie sehr hat Sie das überrascht?
Hannes Swoboda: Man musste damit rechnen. Trotzdem darf man das aber nicht akzeptieren, sondern muss mit den Amerikanern Klartext reden.

ÖSTERREICH: Könnte denn auch in Österreich gespitzelt worden sein?
Swoboda: Ich gehe davon aus, dass das natürlich auch in Österreich passiert ist. Bei den Vorbereitungen für beispielsweise ein Abkommen dürfte es die USA auch interessieren, was die einzelnen Länder für Positionen haben.

ÖSTERREICH: Wie sehr belasten die Enthüllungen die Beziehungen der EU zu den USA?
Swoboda: Ich denke, dass die Sache gerade für die anstehenden EU-US-Handelsgespräche eine schwerwiegende Belastung ist.

Edward Snowden: Vom Schulabbrecher zum Staatsfeind Nr. 1

Er ist blass, trägt eine eckige Brille, ähnelt eher einem harmlosen Schulbuben als einem Staatsfeind Nr. 1 – und doch: Edward Snowden (30) wird derzeit von den Amerikanern rund um die Welt gejagt. Denn der Schulabbrecher aus Maryland schmuggelte streng geheime Dokumente aus den USA und stürzte seine Heimat damit in die größte Krise der letzten Jahre.

„Ich will in keiner Welt leben, die überwacht wird“
Bereits vor acht Jahren hatte Snowden als technischer Mitarbeiter bei den US-Geheimdiensten CIA und NSA angeheuert. Bis 2013 fungierte er dort als Systemadministrator. Allerdings: Ihm gefielen die Schnüffeleien im Internet nicht. Heute sagt er: „Ich wollte nicht in einer Gesellschaft leben, die alles überwacht.“

Ende Mai dann sein großer Coup: Von Hawaii aus (hier ließ er Freundin Lindsay Mills zurück) flüchtete er zuerst nach Hongkong, später nach Moskau. Mit in seinem Gepäck: vier unscheinbare Laptops. In den USA ist er inzwischen wegen Spionage angeklagt. Höchststrafe: 30 Jahre Haft.

So werden wir von den USA bespitzelt

Egal, ob ein schnelles SMS oder eine Suche im Internet: Jeder, der ein Handy besitzt und das Internet nutzt, hinterlässt Spuren. Der US-Geheimdienst spioniert direkt auf unseren Computern. Und das geht so:

Amerikaner zapfen sogar gleich Datenleitungen an

  • Die NSA (National Security Agency) kooperiert mit mehr als 80 Unternehmen weltweit. Mit dabei: Google, Facebook, Microsoft, Youtube, Skype, Yahoo und AOL. Egal also, ob Mails, Suchanfragen, Fotos oder Chats – die Amerikaner haben uneingeschränkten Zugriff auf die Daten dieser Firmen. Schützen können wir uns dagegen kaum, denn: Die Server der Firmen stehen in den USA.
  • Wie der Spiegel nun berichtete, hat der US-Geheimdienst sogar Zugriff auf mehrere Tausend Bündeln Glasfaserkabeln. Hier können 1,9 Terabit an Daten in nur einer Sekunde abgezapft werden. An jedem einzelnen Tag werden so alleine aus Deutschland 15 Millionen Telefongespräche und 10 Millionen Internetverbindungen abgefangen. Eine halbe Milliarde Mails und SMS sind es pro Monat.
  • Unabhängig von den jüngsten amerikanischen Enthüllungen werden in Österreich bereits jetzt alle unsere Telefon- und Internetverbindungen sechs Monate lang gespeichert. Das heißt: Jedes Telefonat und jede SMS kann von unserer Polizei sechs Monate lang abgerufen werden.

(mud)



 
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