… und die Deutschen halfen den amerikanischen Spionen.
Der Spionage-Krieg erreicht Österreich. US-Geheimdienste hackten unsere Leitungen. Diese Affäre wird international schwere diplomatische Verstimmungen auslösen. Deutschland hat österreichische Behörden ausspioniert. Noch schlimmer: Der Bundesnachrichtendienst (BND) tat es im Auftrag vom US-Geheimdienst NSA.
Zentrum der Bespitzelungs-Aktionen war die deutsche Abhörstation in Bad Aibling (Bayern, siehe Foto oben). Dort wurde im US-Auftrag nach Begriffen wie „gov“, „diplo“ oder „Bundesamt“ gesucht. 12.000 Treffer habe es gegeben, berichtet die Bild am Sonntag. Hinter dem Stichwort „Bundesamt“ stecken Anfragen, die Österreich betreffen.
Systematisch ausspioniert wurden „Ministerien, Botschaften und internationale Einrichtungen“, so Peter Pilz von den Grünen (siehe unten): „Die Hinweise auf diese Tätigkeiten gibt es bereits länger.“
BND half NSA jahrelang bei
Spionage gegen Franzosen
Gert R. Polli ist als ehemaliger Direktor des österreichischen Verfassungsschutzes von der Affäre nicht überrascht: „Es geht um Regierungskommunikation und um persönliche Kommunikation von Personen des öffentlichen Lebens.“
Die Innenpolitik interessiert die Geheimdienste eher nur am Rande. Wichtig sind ihnen unsere Pläne zu den Krisenregionen der Welt. Etwa: Wie sind die genauen Einschätzungen der österreichischen Experten zur Ukraine.
ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner meinte gestern zu den Enthüllungen nur: „Meine Experten sind mit Deutschland in Verbindung.“ Die Arbeit in ihrem Ressort sei eingeleitet.
In Deutschland stürzt die Regierung deswegen in eine Krise. Bereits vor einer Woche wurde bekannt, dass der BND den USA jahrelang bei der Spionage gegen Frankreich half. (pom)
Spionageabwehr-Spezialist im Interview
»Alles, was technisch möglich ist, wird getan«
ÖSTERREICH: Die NSA suchte in Österreich nach dem Begriff „Bundesamt“ – warum?
Gert R. Polli: Da geht es um die Regierungskommunikation und andererseits um persönliche Kommunikation, vorrangig von Personen des öffentlichen Lebens.
ÖSTERREICH: Überrascht Sie das Spionieren?
Polli: Überhaupt nicht. Das gehört zum amerikanischen Aufklärungsprofil. Die überraschten Politiker, das überrascht mich schon eher.
ÖSTERREICH: Ist das gespielt?
Polli: Zum Teil. Politiker wechseln. Staatsinteressen bleiben dieselben. Die Aufklärungsprofile der Amerikaner sind seit Jahren beinahe unverändert. Ich glaube, dass die Kontrolle der Nachrichtendienste, sowohl in Deutschland als auch in Österreich, nicht gegeben ist.
ÖSTERREICH: Die arbeiten auf eigene Faust?
Polli: Nein, aber es müsste ihnen jemand 24 Stunden am Tag über die Schulter schauen. Das ist kaum möglich.
ÖSTERREICH: Ist der Fall nur die Spitze des Eisbergs?
Polli: Die größten Abhörstationen sind bekannt, das setzt sich in Österreich fort. Ausspionieren ist technischer Natur. Alles, was technisch möglich ist, wird gemacht. Die Frage ist nur: Mithilfe von Behörden oder ohne?
ÖSTERREICH: Wie sieht das in Österreich aus?
Polli: Die Medien haben hier schon einiges zutage gefördert, wo man sich fragen muss, ob das nicht schon eine Gefährdung der Neutralität darstellt.(küe)
Peter Pilz (61) ist Sicherheitssprecher der Grünen
»Ziel sind Ministerien, Botschaften«
ÖSTERREICH: Können Sie abschätzen, wer abgehört wurde?
Peter Pilz: Es ist eine größere Story, als wir bisher wissen. Unsere Telekom-Infrastruktur im In- und Ausland ist betroffen. Ziel sind Ministerien, Botschaften und vor allem internationale Einrichtungen in Österreich. Wahrscheinlich auch Unternehmen.
ÖSTERREICH: Was interessiert die Amerikaner an uns?
Pilz: Alles, was über Österreich hinausgeht. Sie wollen wissen, welche Initiativen wir in Bezug auf die Ukraine, auf Russland oder den Nahen Osten planen.
ÖSTERREICH: Was weiß das offizielle Österreich?
Pilz: Dass die USA Spione in der Botschaft in Wien unterhalten, wissen Innen- und Außenministerium.