"JOBS Act" verleite sum Aktienbetrug, so Kritiker.
Obamas finanzfreundlicher Kurs (Larry Summers als Berater, Tim Geithner als "Treasurer", keine Strafverfolgung der Architekten des 2008-Crashes...) war immer ein Rätsel – doch jetzt bleibt vielen echt die Spucke weg: Feierlich paraphierte Obama letzte Woche den JOBS Act, ein Gesetz zur Ankurbelung des Job-Marktes, wie die grinsenden Kongress-Abgeordneten neben den blühenden Bäumen im "Rose Garden" vor dem White House inmitten lieblichem Vogelgezwitscher versicherten. Überparteilich noch dazu, die Medien stürzten sich vor allem auf diesen Aspekt. Das Motto ihrer Reports: Es geht doch noch was im paralysierten D.C.. Tiefschürfender wird es ja meist nicht, deshalb blieb in der Berichterstattung auch unbemerkt, dass dieses Paragrafenwerk lieber ebenfalls dem Stillstand zum Opfer fallen hätte sollen.
"Jumpstart Our Business Startups" steht für das Kürzel JOBS (die Amis sind sogar bei Gesetzen Marketingweltmeister...). Es soll bei der Firmengründung helfen. Klingt gut. Weniger offensichtlich ist, dass das Gesetz die größte Deregulierung für den Finanzsektor seit Jahren darstellt - und nicht bloß "das Risiko zur Gaunereien erhöht sondern sogar regelrecht fördert", wie sich Wall-Street-Kritiker Matt Taibbi empört.
Für das Gesetzt hatte vor allem "Silicon Valley" fest Lobbyarbeit betrieben: Jetzt können junge Unternehmen, die Risikokapital aufnehmen, sogar die Standardregeln der Buchhaltung missachten - bis zu fünf Jahre nach dem Börsengang. Durch das Gesetz können Finanz-Analysten auch wieder ungehemmt Werbung für ihre Lieblingsfirmen betreiben – eine Praxis, die zum Aufblähen der Internet-Blasen in den Neunzigern führte Mary Meeker, Henry Blodget anyone?). Der JOBS Act stellt sogar bewussten Schwindel mit dem Businessplan eines Start-Ups bei den beliebten Power-Point-Präsentationen vor Investoren straffrei. Stimmen sollen nur mehr so halbwegs die "Broschüren" vor dem IPO.
Arbeitsplätze schaffen zu wollen mit Firmenneugründungen ist eine Sache: Das Rad der Zeit mit neuen, haarsträubenden Deregulierungen zurückzudrehen und neue Spekulationsblasen zu fördern, ist eine andere. "Das Gesetz legalisiert praktisch Aktienbetrug", fasst Taibi zusammen. Doch die Zwölferfrage: Warum verweigert Obama zuerst eine harte Gangart gegenüber der Wall Street und hilft dann auch noch bei neuen Deregulierungsvorstößen? Geht es wirklich auch bei ihm nur mehr um Wahlkampfspenden? Besonders sauer stößt auf, dass Obama zuletzt gleichzeitig viel der Rhetorik der "Occupy"-Bewegung zum Herzstück seiner Wahlkampfreden machte. Vielleicht gelingt es ihm mit diesem "Doublespeak", Wechselwähler zu überzeugen. Doch gleichzeitig dürfte Obamas "Change"- und "Hope"-Basis aus 2008 bald der Geduldsfaden reißen. Wie viele von denen im November zur Wahl gehen, bleibt abzuwarten.