Der US-Präsident kämpft um die Gesundheitsreform - gegen die Republikaner.
Es ist der letzte Versuch Barack Obamas, sein wichtigstes Reformwerk zu retten - ein letzter verzweifelter Akt, die Blockadestrategie der Republikaner zu brechen, "seine" Gesundheitsreform doch noch auf den Weg zu bringen. Fast flehentlich bittet der US-Präsident die Opposition, ihre Karten endlich auf den Tisch zu legen, eigene Vorschläge zu machen, die Politik des kalten Neins aufzugeben. Selten haben die USA in den letzten Jahren eine derartige Pattsituation erlebt, wie gelähmt scheint das politische Washington. Schon sprechen manche von einer "Unregierbarkeit". Doch wird der "Gesundheitsgipfel" den Durchbruch bringen?
Parteingezänk
Er wolle kein "politisches Theater", nicht das
seit Monaten vertraute Parteiengezänk, appelliert der Präsident. Frische
Ideen sollen her, freier Austausch der Positionen, endlich konstruktives
Miteinander von Demokraten und Republikanern. Wenn die Opposition einen
guten Vorschlag machen sollte - "Ich greife ihn auf und sage "großartig"."
So einfach sieht das Obama. Doch tatsächlich geht der Präsident mit seinem
"Gesundheitsgipfel" am kommenden Donnerstag ein erhebliches Risiko ein. Kein
Zufall ist es, dass der "Medienmensch" Obama das Treffen per Live-TV in alle
US- Wohnzimmer bringen will. Statt in traditioneller Manier "stille
Diplomatie" zu pflegen, hinter den Kulissen mögliche Gemeinsamkeiten
auszuloten und nach guter, alter Diplomatenart darauf zu achten, dass keine
Seite das Gesicht verliert, setzt Obama im letzen Akt auf den großen
öffentlichen Auftritt.
Skeptiker wenden ein, unproduktive Fernsehreden seien so geradezu vorprogrammiert. "Up next! On Live TV! Battle Over. ..Health?, titelt die "New York Times". Showdown statt Einigung, weitere rhetorische Zuspitzung statt Entspannung?
Die Krux
Die Republikaner haben mit ihrer Frontal-Opposition
bisher erheblichen Erfolg - und der Kampf gegen die Gesundheitsreform, gegen
das "unamerikanische" Einmischen der Regierung in das Leben der Amerikaner
ist geradezu zum politischen Credo der Rechten geworden. Der Erfolg der
Republikaner bei den jüngsten Wahlen in Massachusetts war geradezu ein
Fanal: Ausgerechnet der "angestammte" Senatssitz des Kennedy-Clans fiel an
die Republikaner - noch vor kurzem wäre das undenkbar gewesen.
Tatsächlich verloren die Demokraten damit nicht nur "strategische" 60-Stimmen-Mehrheit im Senat, die sie brauchen, um die Blockadepolitik der Republikaner zu brechen. In Wahrheit erlitten sie einen Schock, von dem sie sich so leicht nicht erholen dürften. Niemand in Washington erwartet, dass die Republikaner vor den Kongresswahlen im November ihre Strategie ändern werden - die Demokraten fürchten bereits jetzt erhebliche Verluste.
Internet-Offensive in der Kritik
Schon vor dem Treffen machten
die Republikaner denn klar, das Obama eine helfende Hand kaum erwarten kann.
Sie wehren sich nicht zuletzt gegen Obamas Öffentlichkeits-Initiative,
seinen Entwurf vorab ins Internet zu stellen. "Wenn sie (die Regierung)
ihren Plan, den sie verabschiedet haben will, schon vier Tage vorher
veröffentlicht - worüber reden wir dann eigentlich am Donnerstag?", fragt
sich der republikanische Minderheitsführer in der Kammer, Mitch McConnell.
Tatsächlich hat sich die Polarisierung zwischen Republikanern und Demokraten seit Obamas Amtsübernahme vor einem Jahr erheblich verstärkt, immer unversöhnlicher stehen sich die Lager gegenüber. Das politische Klima wird immer rauer - sehr zum Ärger der Amerikaner. Umfragen ergeben, dass zwei Drittel der Amerikaner mit der politischen Lähmung unzufrieden sind.