Details des "Bridge-Gate"-Skandals schocken ganz Amerika.
Noch einmal wollte sich der US-Präsident der Presse zu einer Jahresbilanz stellen, ein fast masochistischer Akt. Die Fragen prasselten ein, fast alle waren unangenehm, die Themen eine einzige Litanei von Pannen und Rückschlägen eines wahren Albtraum-Jahres für Obama.
Eine Stunde vor dem Spießroutenlauf im Presseraum im West Wing veröffentlichte CNN die letzt ernüchternden Zahlen von der Umfragefront: Obamas Popularität sank auf 41 %, vor 12 Monaten waren es noch 55 %. Der Sinkflug illustriert ein lausiges Jahr: Wenig wollte Obama gelingen, strengere Waffengesetzte nach dem Newtown-Massaker scheiterten wie auch – bisher – die geplante Einwanderungsreform. Dazu trieb ein junger, bebrillter Mann mit sanfter Stimme den mächtigsten Politiker der Erde vor sich her: Seit Edwards Snowdens Absprung mit den “Kronjuwelen” der NSA nach Moskau im Frühsommer hat Obama mit jeder weiteren Enthüllung (Freitag vermeldete die NYT gleich 1000 Abhörziele in 60 Nationen…) neuen Erklärungsbedarf. Er musste den Amerikanern erläutern, warum der US-Geheimdienst alle ihre Telefonate und das gesamte Internet-Verhalten protokolliert. Mit Angela Merkel musste er diesbezüglich auch ein sehr unangenehmes persönlich Gespräch führen.
Außenpolitisch stolperte Obama eher zufällig in kleine Erfolge, wie die Abrüstung der C-Waffen in Syrien oder die Hoffnung auf einen Atom-Deal mit dem Iran. Doch auf der Weltbühne zeigte sogar Russlands Putin mehr Leadership.
Obamas größtes Waterloo ist freilich Obamacare. Die Flop mit Website ist peinlich, der Bruch des Versprechens, dass alle ihre Ärzte und Polizzen behalten können, wiegt weit schwerer. Es ist ein Vertrauensbruch. Wer glaubt dem ständigen Schönreden noch? Glück hatte Obama heuer nur mit seinen Gegnern: Die Republikaner, getriebenen von den ultrarechten Crazies der “Tea Party”, drückten beim “Government Shutdown” den Selbstzerstörungsknopf.
Viele TV-Talkköpfe schreiben wegen all der Stümperei Obama bereits ab wie Bush nach Katrina: Der wurde zur Lame Duck, räumte mit 25 % Zustimmung das Oval Office. Obamas Chancen für ein Comeback sind aber noch gegeben – um seine historische Präsidentschaft als erster Afroamerikaner im White House zu einem erfolgreichen Ende zu führen, was wichtig wäre für dieses Land mit seiner bitteren Vergangenheit. Die Wirtschaft zeigte zuletzt kräftige Lebenszeichen: Das Wachstum wurde im Q3 auf 4,1 % nach oben revidiert, die Arbeitslosigkeit fiel auf 7 %. Sollte der starke Puls auch für die Mittelklasse spürbarer werden, kann Obama profitieren.
Auch Obamacare könnte sich am Ende doch noch als Erfolg erweisen, wenn sich die Amerikaner daran gewöhnen und am Ende Millionen mehr Bürger eine Krankenversicherung haben.
Für dieses Jahr lieferte aber selbst der Präsident im Schwitzkasten der Reporter fast nur halbherzige Rechtfertigungen. Er wirkte erschöpft. Als Jahresvorsatz fiel ihm nur ein: “Netter zu sein als das White House Press Corps…” Den 17 Tage langen Urlaub in Kailua (Hawaii) kann er jedenfalls sicher gut gebrauchen. Vielleicht telefoniert er ein paar mal mit jemanden, der im Oval Office ebenfalls so die eine oder andere Krise übertauchte - “Comeback Kid” Bill Clinton.
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