Ein Schiff bringt eine Stahlglocke an den Ort des Lecks im Golf.
Die Ausläufer des Ölteppichs auf dem Golf von Mexiko haben am Donnerstag erstmals die Küste des US-Bundesstaats Louisiana erreicht. Ein dünner Ölfilm sei am Ufer der Insel Freemason Island, die etwa 50 Kilometer vor dem Festland im Golf liegt, gesichtet worden, teilte die US-Küstenwache mit. Spezialisten brachten eine fast 100 Tonnen schwere Stahlglocke an den Unglücksort im Meer, um sie über das Öl-Leck zu stülpen.
Der Großteil der schätzungsweise 9,5 Millionen Liter Öl, die seit der Explosion der Förderplattform "Deepwater Horizon" Ende April ausgelaufen sind, befand sich am Donnerstag noch immer im Meer. An der Küste von Louisiana kam nur ein ölig schimmernder Film auf der Meeresoberfläche an, zunächst noch keine Ölklumpen und kein geschlossener Teppich.
Der Ölkonzern BP entsandte nach eigenen Angaben drei Einsatzteams auf die unbewohnte Insel Freemason Island. Sie sollten aufblasbare Barrieren verlegen, um die Küsten und Salzmarschen zu schützen. Freemason Island zählt zum Naturschutzgebiet Chandeleur Islands, in dem zahlreiche geschützte Vogelarten brüten.
Stahlgocke
Die Rettungsexperten brachten die Stahlglocke zum
ehemaligen Standort der "Deepwater Horizon" und begannen mit einem
beispiellosen Einsatz: Der Stahlkoloss sollte langsam ins Wasser gelassen
werden und sich dann in mehr als 1500 Metern Meerestiefe passgenau über das
Leck stülpen. Experten hoffen, dass die wie ein Trichter funktionierende
Kuppel, die das auslaufende Öl sammeln und absaugen soll, am Montag
einsatzbereit ist. Die Zeit drängt - die Golfströmung könnte den Ölteppich
an die Küsten Floridas treiben.
Heimatschutzministerin Janet Napolitano wies bei einem Besuch an der Golfküste darauf hin, dass das Stahlglocken-Verfahren noch nie in einer so großen Tiefe erprobt wurde. "Wenn es klappt, wäre das eine positive Entwicklung", sagte sie. "Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass sich die Ölpest zu einer beispiellosen ökologischen Katastrophe auswächst", sagte sie weiter. "Es könnte aber auch sein, dass es weniger schlimm wird. Wir wollen hier keine Apokalypse prophezeien."
US-Energiepolitik in Frage gestellt
Als Reaktion auf die
Katastrophe stellte US-Innenminister Ken Salazar den bisherigen
energiepolitischen Kurs der USA in Frage. Das ganze Land müsse über
grundsätzliche Fragen wie Energieverbrauch und Konsum nachdenken, sagte
Salazar, während er sich in Louisiana über den Stand der Maßnahmen
informierte. Eigentlich wolle die Regierung die Abhängigkeit von
ausländischem Öl verringern, sagte Salazar. Dies hätte aber mehr Öl- und
Gasförderung im eigenen Land zur Folge.
Nach Einschätzung des Schweizer Rückversicherers Swiss Re kommen auf die Versicherungsbranche Kosten von bis zu 3,5 Milliarden Dollar (2,7 Milliarden Euro) zu. Swiss Re selbst rechnet durch die Ölpest mit Kosten von rund 200 Millionen Dollar vor Steuern.