BP hat das Ausmaß der Katastrophe nach dem Untergang der Bohrinsel "Deepwater Horizon" völlig unterschätzt.
Der Ölteppich im Golf von Mexiko nimmt immer gewaltigere Ausmaße an. Ein Ende ist dabei nicht abzusehen, da das Öl weiter ungehindert aus dem Bohrloch der untergegangenen Bohrinsel "Deepwater Horizon" strömt. Zwar erreichte bis Sonntag nur wenig Öl die Küste, angesichts des immer weiter wachsenden Ölteppichs machte sich bei den Menschen an der Küste von Louisiana aber Verzweiflung breit. Sie sehen ihre Lebensgrundlagen in Gefahr. US-Präsident Barack Obama wollte sich selbst ein Bild von der Lage machen.
Erfolglose Rettungsversuche
Alle Versuche, das austretende Öl
irgendwie aufzuhalten, damit es nicht die Küste erreicht, blieben weiter
erfolglos. Der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, kritisierte den
Ölkonzern BP, weil dieser nach seinen Angaben noch immer kein Konzept für
den Schutz der Küste vorgelegt hat. Entsprechende Pläne habe er bereits vor
mehr als einer Woche angefordert, Jindal am Samstag. Der Ölteppich "bedroht
buchstäblich unsere Lebensweise", erklärte er. Jindal wollte am Sonntag
gemeinsam mit Obama in das betroffene Gebiet reisen.
Experten mit Sorge
Sorgen bereitete Experten vor allem die
Tatsache, dass sich die Größe des Ölteppichs innerhalb eines Tages fast
verdreifachte. Das Öl breite sich weit schneller aus als bisher gedacht,
erklärte Hans Graber von der Universität von Miami nach der Auswertung von
Satellitenbildern. Hatte der Ölteppich am Donnerstag noch eine Größe von
fast 3.000 Quadratkilometern, so waren es am Freitagabend rund 9.900
Quadratkilometer. Das ist vergleichsweise etwas größer als das Bundesland
Kärnten.
Strittig war auch weiter, wie viel Öl eigentlich unter Wasser an dem geborstenen Bohrloch austritt. Ein Sprecher der Küstenwacht erklärte am Samstag, es seien nahezu 800.000 Liter, die jeden Tag hinzu kämen. Wenig später sagte hingegen der von Obama zur Bewältigung der Krise eingesetzte Admiral Thad Allen von der Küstenwacht, es sei völlig unmöglich eine genaue Schätzung abzugeben, da das Leck in rund 1.500 Metern Tiefe liege.
Bis nach Florida?
Sorgen bereitete Wissenschaftern auch, dass das
Öl in Meeresströmungen kommen könnte, die es innerhalb kürzester Zeit bis
zur Küste von Florida spülen. Die Justizminister von Alabama, Florida,
Mississippi, Louisiana und Texas wollten am Sonntag über die rechtlichen
Optionen beraten, den Auswirkungen des Ölteppichs zu begegnen. Dazu zähle
auch die Möglichkeit, BP und andere Firmen zu verklagen. BP betrieb die
Ölbohrplattform, deren Havarie am 20. April die Katastrophe auslöste.
Ausmaß unterschätzt
BP hat nach eigenen Angaben das
Ausmaß der Katastrophe nach dem Untergang der Bohrinsel "Deepwater Horizon"
völlig unterschätzt. Aus einer Risikoanalyse von BP für die Bohrinsel
"Deepwater Horizon" geht hervor, dass der Konzern die Möglichkeit eines
Unglücks mit katastrophalen Wirkungen heruntergespielt hat. In der 52 Seiten
umfassenden Einschätzung heißt es, ein Unfall mit ernsten Umweltgefahren sei
unwahrscheinlich oder nahezu unmöglich. Was sich im Golf von Mexiko ereignet
habe, sei beispiellos, sagte ein Sprecher. "So etwas haben wir noch nicht
erlebt, einen Ausbruch in dieser Tiefe."
Der Ölkonzern lieh sich auch bei Konkurrenten Ideen, um das austretende Öl zu bekämpfen. So wurde Chemikalien zum Auflösen des Öls auch unter Wasser eingesetzt, damit dieses erst gar nicht an die Oberfläche kommt. Außerdem wird ein weiteres Loch in der Nähe des beschädigten Bohrlochs gebohrt, um das Hauptbohrloch mit Schlamm und Beton zu schließen. Das kann aber bis zu drei Monate dauern.