Weiteres Attentat: Wieder erschütterte eine Explosion Russland und die Welt.
Die Straße ist übersät mit Glassplittern und Trümmern, der Bus kaum mehr zu erkennen. Gestern um exakt 8.23 Uhr Ortszeit (5.23 Uhr MEZ) detonierte wieder eine Bombe im russischen Wolgograd. Diesmal in einem voll besetzten Linienbus. Wieder gab es 14 Tote und 28 Verletzte.
Welle an Terror-Anschlägen zieht Spur durch Russland
Erst einen Tag zuvor waren bei einer Explosion im Hauptbahnhof der Stadt 17 Menschen gestorben, mehr als 50 wurden teils schwer verletzt. Fest steht: Die Terror-Anschläge hängen zusammen.
Bombe war mit Nägeln und Metallsplittern gefüllt
Beide Male waren die Bomben mit dem hochexplosiven Sprengstoff TNT gebaut worden, beide Male mit spitzen Metallstücken und Nägeln gefüllt, um die Zahl der Verletzten zu erhöhen, und beide Male traf es strategische Verkehrsknotenpunkte.
Gestern besonders dramatisch: Die Bombe detonierte im Frühverkehr kurz vor einer Bus-Haltestelle auf dem Weg ins Stadtzentrum und tötete auch zwei Kinder und ein erst einjähriges Baby. „Der Knall war kilometerweit zu hören“, berichtet ein Helfer. Auch diesmal sollen Anhänger des radikalislamischen Terror-Führers Doku Umarow hinter dem Anschlag stecken (siehe unten).
Millionen Russen feiern heute auf den Straßen
In Wolgograd wurde eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in und um Wolgograd an. Doch: Experten zweifeln daran, dass solche Selbstmord-Attentate in Zukunft zu verhindern sind (siehe Interview rechts). Heute Abend sind wieder Millionen Russen bei den riesigen Silvesterpartys auf den Straßen. Und: In 38 Tagen starten die Olympischen Winterspiele in Sotschi.
Russland-Experte: "Diese Anschläge sind nicht zu verhindern"
ÖSTERREICH: Wieder explodierte in Wolgograd eine Bombe. Warum gerade wieder in dieser Stadt?
Gerhard Mangott: Die Stadt ist für Russland eine symbolische. Sie steht für den Sieg gegen Nazi-Deutschland. Wenn es hier einen Anschlag gibt, trifft er das Land ganz besonders. Und: Wolgograd spielt auch als großer Verkehrsknotenpunkt eine wichtige Rolle.
ÖSTERREICH: Keine Organisation hat sich bisher zu den Anschlägen bekannt.
Mangott: Trotzdem habe ich keine Zweifel, dass islamistische Terroristen dahinterstecken. Da der Terrorismus in dieser Region sehr dezentral organisiert ist und manchmal auch nur Einzelpersonen handeln, verwundert es auch nicht, dass es noch keine Bekennerschreiben gab.
ÖSTERREICH: Welche Rolle spielt dabei Doku Umarow? Im Juli rief der Terror-Führer ja in einem Video zu vermehrten Angriffen auf.
Mangott: Umarow ist der Osama bin Laden der Nordkaukasus-Region. Die aktuellen Anschläge sind eine direkte Reaktion auf seinen Aufruf.
ÖSTERREICH: Wie gefährdet sind nun die Olympischen Winterspiele in Sotschi?
Mangott: Solche Selbstmord-Anschläge sind nicht zu verhindern und die aktuellen werden leider auch nicht die letzten gewesen sein. Ob es im nächsten Jahr allerdings in Sotschi selbst welche geben wird, ist fraglich. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt sind bereits jetzt extrem. Viele Ressourcen der Nachrichten-Dienste wurden dorthin abgezogen. Wahrscheinlicher ist, dass die Terroristen eher im Umland wie eben in Wolgograd zuschlagen.
Das will der Terror-Pate
Kampf im Kaukasus. Seit Jahren versetzen Anhänger von Doku Umarow (49) Russland mit Terror-Anschlägen auf Busse, Züge oder Flugzeuge in Angst und Schrecken. Ungewöhnlich: Immer öfter sind es auch Frauen, die sich für die Errichtung eines islamistischen Gottesstaates in Tschetschenien in die Luft sprengen.
Erst im Sommer hatte Umarow seine Gefolgsleute zu vermehrten Angriffen aufgerufen.
D. Müllejans