In Syrien bereitet Vormarsch der Jihadisten Sorge
Fast zwei Jahre nach Beginn des Aufstands gegen das Regime in Syrien gibt es erstmals eine Annäherung zwischen Opposition und den wichtigsten Verbündeten von Bashar al-Assad. Russland und Iran sprachen am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit Oppositionsführer Moas al-Khatib über Wege aus dem Bürgerkrieg. In Syrien bereitet unterdessen der Vormarsch der Jihadisten Sorge.
Auf der Münchener Sicherheitskonferenz nannten der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein iranischer Kollege Ali-Akbar Salehi das Verhandlungsangebot Khatibs an Assad einen Fortschritt. Dennoch blieben Russland und die USA tief zerstritten in der Frage, wie der Bürgerkrieg beendet werden kann.
Lawrow zeigte sich überzeugt, dass Assad weiter fest im Sattel sitze und auch die Chemiewaffen des Regimes sicher seien. Dagegen sieht US-Vizepräsident Joe Biden, den Khatib ebenfalls traf, den syrischen Präsidenten am Ende und forderte dessen Rücktritt. "Er ist ein an der Macht klebender Tyrann. Er ist nicht länger in der Lage, das syrische Volk zu führen. Er muss gehen."
Lawrow rückte öffentlich keinen Millimeter von der bisherigen Position Moskaus ab und sicherte Assad Unterstützung zu. Die syrischen Chemiewaffen seien sicher. "Wir beobachten das und sind zuversichtlich, dass kein Grund zu ernster Sorge besteht", sagte er. "Die größte Gefahr ist die Möglichkeit, dass die Aufständischen sich der Chemiewaffen bemächtigen könnten."
Russland, das neben China bisher schärfere Sanktionen im UN-Sicherheitsrat blockiert hat, warnte vor der Idee, Assad militärisch von der Macht zu vertreiben. Zugleich lobte Lawrow das Verhandlungsangebot des syrischen Oppositionsführers. Er sagte nach Informationen der Agentur Interfax auf dem Rückflug nach Moskau: "Wir haben uns unterhalten, ich habe gefühlt, dass Herr Al-Khatib ein Interesse hatte, unsere Position besser zu verstehen."
Der Iran, engster Verbündeter Assads, bot sich als fairer Vermittler an und sprach sich für Wahlen unter internationaler Aufsicht aus. Der Sekretär des iranischen Sicherheitsrats, Said Jalili, kam am Sonntag zu Beratungen mit dem Präsidenten in Damaskus zusammen. Dabei soll es auch um den israelischen Luftschlag in der vergangenen Woche gegangen sein. Assad warf Israel nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana vor, das arabische Land destabilisieren zu wollen.
Israel hatte zuvor indirekt einen Luftangriff auf Syrien bestätigt. Verteidigungsminister Ehud Barak sagte auf der Sicherheitskonferenz, Israel habe davor gewarnt, der israelfeindlichen Hisbollah-Miliz zu erlauben, Waffen von Syrien in den Libanon zu bringen. "Wenn wir etwas sagen, meinen wir es auch", betonte Barak. Aus westlichen Sicherheitskreisen hatte es zuvor geheißen, der Angriff habe einem Konvoi mit Flugabwehrraketen für die Hisbollah im Südlibanon gegolten. Syrien und der Iran werfen Israel vor, ein militärisches Forschungszentrum angegriffen zu haben.
International wächst derweil die Furcht vor einem Zerfall des Landes, wo auch rivalisierende Gruppen und Milizen gegeneinander kämpfen. Die internationale Gemeinschaft sowie syrische Demokratieaktivisten beobachten besorgt, wie jihadistische Gruppen an Einfluss gewinnen. Die bekannteste islamistische Kampfbrigade im Syrienkonflikt, die Al-Nusra-Front, wird von den USA als terroristisch eingestuft.
Am Sonntag veröffentlichte die oppositionelle Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London ein Video von einem "Scharia-Gericht" einer islamistischen Splittergruppe. Am Ende des Films wird die Erschießung von Männern gezeigt, die von den Jihadisten zum Tode verurteilt worden sein sollen. Landesweit dauerten die Kämpfe an - vor allem im Großraum Damaskus und in Aleppo nahmen Regierungstruppen Gebiete unter Beschuss, die zuvor von Rebellen erobert worden waren. Der Konflikt hat inzwischen schätzungsweise mehr als 60.000 Menschen das Leben gekostet.