Empörung

Orbán: Ungarn würde bei Russen-Angriff keinen Widerstand leisten

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Die ungarische Regierung würde im Gegensatz zur Ukraine einer ausländischen Invasion keinen Widerstand leisten. 

Diese Interviewaussage des Politikers Balázs Orbán, eines engen Mitarbeiters von Ungarns Premier Viktor Orbán, sorgt im Land für Empörung. Balázs Orbán - kein Verwandter des Regierungschefs - verwies dabei auf jene "Erfahrung" des Ungarn-Aufstandes 1956, dass Widerstand gegen einen Angriff nur Leid und Tod bringe.

Politischer Direktor

Der Politiker der Regierungspartei Fidesz, der an der Seite des Premiers das Amt eines "politischen Direktors" ausübt, nannte in dem Youtube-Videogespräch mit dem regierungsnahen Portal "Mandiner" den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "unverantwortlich". Dieser habe "sein Land in einen Abwehrkrieg geführt", bei dem bereits viele Menschen gestorben seien. Ungarns Führung habe hingegen aus dem 1956 von sowjetischen Truppen niedergeschlagenen Aufstand gegen das damalige kommunistische Regime gelernt, dass "man mit dem sehr wertvollen Leben der Ungarn sehr vorsichtig umgehen muss. Diese kann man nicht einfach so anderen vorwerfen".

Die russische Führung unter Staatschef Wladimir Putin hatte im Februar 2022 eine Invasion der Ukraine gestartet. Der ukrainische Staatschef Selenskyj hatte damals eine Flucht aus der Hauptstadt Kiew abgelehnt und sich für den militärischen Widerstand entschieden, was eine schnelle Eroberung des Landes durch Russland verhinderte.

Empörte Reaktionen

Orbáns Aussagen führten zu empörten Reaktionen der ungarischen Opposition wie auch von regierungskritischen Kommentatoren. Die historischen Freiheitskämpfe des Landes - etwa gegen die Habsburgerherrschaft 1848/49 oder gegen die sowjetische Besatzung 1956 - spielen in der Geschichtsschreibung und im Selbstverständnis der meisten Ungarn eine wichtige Rolle. Oppositionsführer Péter Magyar von der Partei TISZA forderte Balázs Orbán zum Rücktritt noch vor dem Nationalfeiertag am 23. Oktober auf, wenn des Ungarn-Aufstandes gedacht wird. "Mit diesen Sätzen hat Balázs Orbán viele tausend ungarische Freiheitskämpfer gedemütigt, von denen viele Hunderte - im Gegensatz zu Balázs Orbán - bereit waren, selbst ihr Leben für die Freiheit und Unabhängigkeit ihrer Heimat zu opfern", schrieb der EU-Abgeordnete Magyar am Donnerstag auf Facebook.

Der bekannte Politologe Gábor Török sprach auf Facebook vom "größten politischen Fehler des Jahres". Die Aussagen des Fidesz-Politikers stünden nämlich im krassen Gegensatz zur offiziellen Kampfrhetorik der Orbán-Regierung, die ständig von der "Eroberung Brüssels" oder vom "Kampf für unsere Souveränität" spricht.

Reaktion aus Österreich

FPÖ-Chef Herbert Kickl, ein politischer Verbündeter von Fidesz und Viktor Orbán, hatte jüngst in der TV-Konfrontation mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Montag darauf hingewiesen, dass eine militärische Konfrontation Österreichs mit einer angreifenden Großmacht aussichtslos sei: "Die Realität im Zusammenhang mit der Landesverteidigung ist wohl die, dass ein kleines Land, die einen Angriff einer Großmacht wahrscheinlich nicht abwehren wird können. Das ist die Realität auf der ganzen Welt, dem muss man sich stellen", begründete er seine ablehnende Haltung zum Luftabwehrsystem Sky Shield. Kickl argumentiert, dass man sich durch die Kooperation mit NATO-Staaten zum Angriffsziel mache.

Die NEOS bezeichneten die Aussagen von Balázs Orbán als "unfassbar". "Ein Angriff auf Ungarn wäre ein Angriff auf die EU und damit auch auf Österreich! Bundeskanzler Karl Nehammer muss umgehend zu diesen brandgefährlichen Äußerungen aus dem Umfeld seines Amtskollegen Stellung beziehen, auf das Schärfste gegenüber Orbán protestieren und der Außenminister (Alexander Schallenberg, Anm.) den ungarischen Botschafter (Botschafterin Edit Szilágyiné Bátorfi, Anm.) einbestellen", forderte der EU-Abgeordnete und Außenpolitiksprecher Helmut Brandstätter. "Auch Herbert Kickl, deklarierter Verbündeter Orbáns, hat dringenden Erklärungsbedarf. Der Chef der FPÖ, mit der die ÖVP ja koalieren will, muss den Österreicherinnen und Österreichern dringend erklären, was er von diesem Anschlag auf unsere Sicherheit durch sein Vorbild Orbán hält", so Brandstätter in einer Aussendung. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen müsse "ein Machtwort" sprechen.

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