Analyse am Weekend

"Pager Tom": Jagd auf das Austro-Bombenhirn

20.09.2024

Viele Spuren im Pager-Bomben-Krimi führen auch nach Wien.

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© APA/AFP
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Hybrid-Krieg. Viele falsche Fährten, kein Ergebnis. In zwei Wellen schwappte eine Bombenserie über den Libanon und eine große Zahl an Mitgliedern der Terrormiliz Hisbollah wurden getroffen: 3.250 Verletzte, 37 Tote. Ein Angriff wie im einem Science-Fiction-Film, eine völlig neue Dimension hybrider Kriegsführung.

Erst explodierten im Libanon innerhalb einer Sekunde Tausende Pager von Hisbollah-Mitgliedern. Dann waren es ­manipulierte Walkie-Talkies, die es zerfetzte, eines davon beim Begräbnis eines Hisbollah-Offiziers. Auch der iranische Botschafter im Libanon, Modschtaba Amani, wurde verletzt. Niemand hat Zweifel, dass der israelische Geheimdienst Mossad hinter den Attacken steckt.

Die Hisbollah sollte massiv getroffen werden. Der Schlag ist gelungen. Zur Aufgabe der Feinde Israels wird es aber nicht führen, das steht fest (siehe unten).

Pager-Verbot im Flieger

Erstmals wurden elek­tronische Geräte, die wir aus dem Alltag kennen, zu Killermaschinen. Vielleicht wurden neben den Pagern auch Laptops, Mikrowellen manipuliert. Ab sofort verbietet der Libanon die Mitnahme von Pagern und Walkie-Talkies auf allen Flügen aus Beirut. Weder im Hand- noch im aufgegebenen Gepäck dürfen sie mitgeführt werden.

Masterminds in Wien und Budapest. Wer aber hat die Akkus der Pager mit TNT-Sprengstoff gefüllt? Die derzeit heißesten Spuren führen via Bulgarien, Ungarn nach Österreich. Auf verkohlten Resten der Pager-Bomben ist das Logo der taiwanesischen Firma Gold Apollo zu sehen. Hsu Ching-Kuang, Chef der Firma, schwört, dass die Pager nicht in Taiwan gebaut wurden. Sie seien in Lizenz von der ungarischen Firma BAC Consulting Kft. in Budapest hergestellt worden. Chefin der BAC-Consulting ist Cristiana Barsony-Arcidiacono, eine junge Italienerin aus Catania.

© Cristiana Bársony-Arcidiacono/linkedin

Sie schwört: „Ich mache keine Pager. Ich bin nur die Vermittlerin“, sagt sie und die ungarische Regierung springt ihr bei: „Die Firma ist nur Zwischenhändlerin. Sie verfügt über keine Fertigung“, so Orbáns Sprecher Zoltán Kovács.

Die Kontrolle über die Herstellung der Pager habe ein österreichischer Vertreter gehabt. Der heiße „Tom“. Das bestätigt auch Hsu Ching-Kuang in Taiwan.

Mehrmals habe er via Video mit „Tom“ konferiert, beteuert Hsu. „Tom“ habe mit einer Gruppe von Ingenieuren einen eigenen Pager entworfen, diesen gegen Lizenzgebühren unter dem Markennamen Gold Apollo vertrieben. „Tom“ wiederum soll mit einer bulgarische Firma names „Norta Global Ltd“ in Sofia den gesamten Verkauf der Pager abgewickelt haben. Die Firma hat aber keinen Ansprechpartner mehr. Auch „Pager-Tom“ in Wien bleibt (vorerst) ein Phantom, die angeblichen Ingenieure sind weg. Man habe „seit fast drei Jahren“ nicht mehr an „Tom“ geliefert, schwört Firmenchef Hsu in Taiwan. Der Pager-Thriller wird uns noch Monate beschäftigen.

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