Selbst in der Ostermesse hat Benedikt XVI kein Wort dazu verloren. Angelo Sodano tat Kritik am Pontifex als "Geplapper" ab.
Papst Benedikt XVI. hat am Sonntag in seiner Osterbotschaft in Rom zu Frieden und Eintracht in einer von Gewalt, Diskriminierung und Terror geprägten Welt aufgerufen. Die ganze Menschheit müsse die sich ausbreitende "Kultur des Todes" überwinden, um eine Zukunft der Liebe und Wahrheit aufzubauen, in der jedes menschliche Leben geachtet und aufgenommen werde, verlangte Benedikt. Auf dem festlich geschmückten Petersplatz forderte er vor Zehntausenden von Gläubigen die Menschen so zu einer geistigen und moralischen Umkehr auf. Auf den Skandal um sexuellen Missbrauch in katholischen Einrichtungen mehrerer Länder ging Benedikt dabei nicht ein.
Ostergrüße in 65 Sprachen
Zu der traditionellen
Ansprache und dem anschließenden Segen "Urbi et orbi" (Der Stadt und dem
Erdkreis) waren trotz des strömenden Regens mehrere zehntausend Menschen auf
den Petersplatz gekommen. Vor dem Segen formulierte Benedikt XVI. Ostergrüße
in 65 Sprachen. Auf Deutsch sagte der Papst: "Euch allen ein gesegnetes und
frohes Osterfest! Der Friede und die Freude des auferstandenen Herrn sei mit
Euch."
"Hört nicht auf Geplapper"
Das Osterfest steht für
die katholische Kirche in diesem Jahr wegen des Missbrauchskandals unter
keinem guten Stern. In einem vom Kirchenprotokoll abweichenden Schritt
stellte sich der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano, ausdrücklich
hinter den Papst, der wegen des Skandals mehrfach persönlich angegriffen
worden ist. Das Volk Gottes werde auf Geplapper nicht hören, bekräftigte
Sodano. "Die ganze Kirche ist mit Ihnen", sagte der Kardinal dem knapp
83-jährige Kirchenoberhaupt. Sodano wünschte dem müde wirkenden Benedikt
fröhliche Ostern. Niemals zuvor war eine Ostermesse auf dem Petersplatz mit
einer solchen Botschaft an den Papst eröffnet worden.
Die Menschheit brauche das Heil des Evangeliums, "um aus einer Krise herauszukommen, die tief ist und als solche tiefe Veränderungen verlangt", sagte Benedikt in seiner Osterbotschaft nach der Messe. Er beklagte nachdrücklich die Gewalt und die Spannungen im Heiligen Land und in mehreren afrikanischen Ländern, die weiter zerstört würden und leiden müssten. Den von Terrorismus und sozialen oder religiösen Diskriminierungen betroffenen Ländern wünschte der Papst die Kraft, "Wege des Dialogs und des friedvollen Zusammenlebens einzuschlagen."
Mit Blick auf den lateinamerikanischen Kontinent beklagte Benedikt XVI. ein Erstarken der Kriminalität in Zusammenhang mit dem Drogenhandel. Ostern solle dort zu einem "Sieg des friedlichen Zusammenlebens und der Achtung des Gemeinwohls" beitragen. Weiters rief Benedikt XVI. zu einem Ende der Konflikte in Afrika auf, vor allem im Kongo, in Guinea und Nigeria. Nur Frieden und Versöhnung böten eine Gewähr für die Entwicklung des Kontinents. Besonders erinnerte der Papst auch an die verfolgten Christen in Pakistan und bat für Länder, die vom Terrorismus und von sozialen oder religiösen Diskriminierungen betroffen sind, um Kraft zu einem neuen Dialog.
Im Wirtschaftsleben und bei Finanzaktionen müssten endlich die Kriterien der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der brüderlichen Hilfe gelten, appellierte Benedikt XVI. an die Regierenden der Weltgemeinschaft. Die "rettende Kraft der Auferstehung Christi" solle der Menschheit helfen, die "vielfachen und tragischen Äußerungen einer sich ausbreitenden Kultur des Todes zu überwinden", so der Papst.
Cantalamessa entschuldigt sich
Der persönliche Prediger von
Benedikt XVI. hat sich unterdessen für seinen Vergleich der Anschuldigungen
gegen den Papst im Missbrauchsskandal mit dem Antisemitismus entschuldigt.
"Wenn ich gegen meinen Willen das Zartgefühl der Juden und der Opfer von
Pädophilie verletzt habe, bedauere ich das aufrichtig, und ich entschuldige
mich und bekräftige meine Solidarität sowohl mit den einen wie auch mit den
anderen", zitierte die italienische Zeitung "Corriere della Sera" am
Ostersonntag Pater Raniero Cantalamessa.
Weder der Papst noch andere Vertreter des Vatikan seien über den Inhalt seiner Predigt vorab informiert gewesen. Der Prediger hatte am Karfreitag bei einem Gottesdienst im Petersdom, an dem auch der Papst teilnahm, einen Auszug aus dem Brief eines jüdischen Freundes vorgelesen. In der Missbrauchsdebatte würden Stereotypen verwendet und die persönliche und kollektive Verantwortung verwechselt, zitierte Cantalamessa aus dem Brief. Das erinnere an die "schändlichsten Aspekte des Antisemitismus". Der Vatikan hatte sich von dem Vergleich distanziert.