Vorgehen wie bei Ibiza-Video
Pariser Video-Krimi: Russischem Aktivisten droht Anklage
17.02.2020
Pawlenski und Partnerin De Taddeo sollen Ermittlungsrichter vorgeführt werden - Macrons Bürgermeisterkandidat Griveaux trat nach Video-Veröffentlichung zurück.
Paris. Wegen der Verbreitung eines angeblichen Sexvideos des Pariser Ex-Bürgermeisterkandidaten Benjamin Griveaux drohen dem russischen Aktionskünstler Pjotr Pawlenski und seiner Partnerin Alexandra de Taddeo eine Anklage. Wie die Pariser Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte, sollen Pawlenski und De Taddeo voraussichtlich am Dienstag einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.
Die in zahlreichen Online-Diensten kursierenden intimen Aufnahmen hatten Griveaux am Freitag zum Rückzug gezwungen. Pawlenski und De Taddeo waren im Zuge der Ermittlungen um die Veröffentlichung des Sexvideos am Sonntag in Polizeigewahrsam genommen worden. Laut Staatsanwaltschaft wird ihnen "Verletzung der Privatsphäre" und "Verbreitung von Bildern sexueller Natur ohne die Zustimmung der Person" zur Last gelegt.
Zuvor hatte der umstrittene russische Aktionskünstler erklärt, er habe das Video ins Internet gestellt, um Griveaux "Scheinheiligkeit" nachzuweisen. Der 42-jährige Politiker von Macrons Partei La République en Marche (Die Republik in Bewegung, LREM) habe seine Familie benutzt, um sich als "Ikone der Väter und Ehemänner von Paris" zu präsentieren. Sein wahres Verhalten stehe dazu aber im Widerspruch.
Griveaux reichte Klage gegen Pawlenski ein. Sein Anwalt Richard Malka bezeichnete die Vorwürfe des Russen als "grotesk" - und erklärte, er zweifle daran, dass Pawlenski allein gehandelt habe.
Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der 2022 erneut für das Präsidentschaftsamt kandidieren will, ist die Griveaux-Affäre heikel. Der frühere Regierungssprecher Griveaux war sein Wunschkandidat für das Pariser Rathaus. Um seinen Ex-Regierungssprecher durchzusetzen, hatte er ein Zerwürfnis innerhalb seiner Partei in Kauf genommen. Am Sonntag kündigte Gesundheitsministerin Agnès Buzyn an, an Griveaux' Stelle bei der Pariser Kommunalwahl im März für die LREM zu kandidieren.
Pawlenski, der im Frühjahr 2017 Asyl in Frankreich erhielt, ist wegen seiner "politischen" Aktionskunst umstritten. Im Oktober 2017 hatte er die Fassade einer Filiale der Banque de France in Brand gesteckt, um gegen deren "historisch beschämende" Präsenz an der Place de la Bastille zu protestieren. Dafür erhielt er eine Haftstrafe.