Der deutsche Minister soll bei der Doktorarbeit geschummelt haben.
Der beliebteste deutsche Politiker gerät persönlich unter Druck: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) soll bei seiner Doktorarbeit abgekupfert und Texte ohne Quellenhinweis kopiert haben. Die "Süddeutsche Zeitung" ("SZ") schrieb, es gebe in Guttenbergs Doktorarbeit einige Passagen, die wörtlich mit Formulierungen anderer Autoren übereinstimmten - ohne dass er dies gekennzeichnet habe. Guttenberg schließt einzelne Fehler beim Zitieren nicht aus.
Die Doktorarbeit sei an mehreren Stellen "ein dreistes Plagiat" und "eine Täuschung", sagte der Bremer Jus-Professor Andreas Fischer-Lescano der "SZ". "Die Textduplikate ziehen sich durch die gesamte Arbeit und durch alle inhaltlichen Teile."
Guttenberg: "Vorwürfe sind abstrus"
Guttenberg ließ mögliche Fehler offen. "Ich bin gerne bereit zu prüfen, ob bei über 1.200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten und würde dies bei einer Neuauflage berücksichtigen", teilte der Minister mit. Er wehrte sich aber zugleich: "Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus." Guttenberg betonte, dass an der Dissertation keine Mitarbeiter mitgewirkt hätten. "Die Anfertigung dieser Arbeit war meine eigene Leistung."
Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle nahm den CSU-Politiker in Schutz. "Der Vorwurf ist absurd, die Arbeit ist kein Plagiat", sagte Häberle der "Bild"-Zeitung (Donnerstag-Ausgabe). "Sie wurde von mir in zahlreichen Beratungsgesprächen eingehend kontrolliert."
Mit Bestnote promoviert
Der heute 39 Jahre alte Guttenberg hatte seine Doktorarbeit 2006 an der juristischen Fakultät in Bayreuth abgegeben. 2007 wurde er mit der Bestnote summa cum laude zum Dr. jur. promoviert. Die Dissertation trägt den Titel "Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU".
Bei den Vorwürfen geht es laut "SZ" um eine Textpassage aus einem Bericht der "NZZ (Neue Zürcher Zeitung) am Sonntag" vom 22. Juni 2003, eine Passage aus einem Aufsatz des Politikwissenschaftlers Hartmut Wasser sowie um die schriftliche Fassung eines Vortrags des Politologen Wilfried Marxer am Liechtenstein-Institut von 2004. Dabei finde sich kein Nachweis. Der "NZZ"-Text sei in zwei Details geändert worden, die beiden übrigen Texte zeigten kleine Abwandlungen.
"Allererste Zeilen abgeschrieben"
Der österreichische Medienwissenschaftler und Plagiatgutachter Stefan Weber weitete die Vorwürfe gegen Guttenberg aus: Dieser habe nicht nur mehrere Stellen seiner Arbeit von anderen Autoren kopiert. "Guttenberg hat sogar bereits die allerersten Zeilen seiner Dissertation unzitiert abgeschrieben", verweist er in einer Aussendung auf den Hinweis eines Lesers seines "Blogs für wissenschaftliche Redlichkeit". Demnach soll der Politiker für seine Einleitung einen Artikel der Politikwissenschafterin Barbara Zehnpfennig in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) aus dem Jahr 1997 abgekupfert haben.
Weber bewertete die Vorwürfe gegen den Minister als schwerwiegend: "Es handelt sich um Plagiate auf Basis einer klaren Intention", sagte er der "Welt". Ihm drohe damit die Aberkennung seines Doktortitels. Weber warf dem Minister vor, sehr geschickt zu täuschen. "Besser täuschen kann man gar nicht."
Universität prüft
Die Universität Bayreuth will den Plagiatsvorwürfen auf den Grund gehen. "Wir prüfen jetzt, ob dieser Vorwurf berechtigt ist", sagte der Dekan der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Markus Möstl. Die Kommission zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft an der Universität Bayreuth wollte sich bei einem regulären Treffen am Mittwoch auch mit den Vorwürfen gegen Guttenberg befassen.
Guttenberg wirbt mit Vertrauen
Auf seiner Webseite wirbt Guttenberg mit Werten wie Verantwortung und Vertrauen für sich. Der deutsche Verteidigungsminister war bereits unter Druck geraten, weil auf dem Segelschulschiff "Gorch Fock" der Deutschen Marine chaotische Zustände nach dem Tod einer Kadettin geherrscht haben sollen. Dazu kamen ein mysteriöser Schießunfall bei der Bundeswehr in Afghanistan und geöffnete Feldpost. Auch in den eigenen Reihen gab es Kritik am gemeinsamen Besuch von Guttenberg und seiner Frau in Afghanistan im Dezember, wo der TV-Moderator Johannes B. Kerner zudem eine Sendung aufzeichnete.