Guipfel in Brüssel
Polen droht EU mit Blockade
09.03.2017
Die Wiederwahl Tusks stößt bei dessen Landsleuten auf wenig Anklang.
Wie der polnische Außenminister Witold Waszczykowski am Donnerstag dem Sender TVN24 erzählte, werde sein Land die anderen EU-Länder informieren, „dass der ganze Gipfel gefährdet wird“, sollte eine Abstimmung über Personalie erzwungen werde. Die nationalistische Regierung des Landes von EU-Ratspräsident Donald Tusk stellte sich klar gegen ihren eigenen Kandidaten und forderte einen Ersatz. Dass sie dafür tatsächlich damit durchkommen, bleibt zu bezweifeln. Der Rückhalt innerhalb der Mitgliedstaaten ist nicht groß.
Polen droht auf dem EU-Gipfel mit seinem Widerstand gegen eine Wiederwahl von EU-Ratspräsident Donald Tusk eine Niederlage. Man erwarte eine "überwältigende Mehrheit" für Tusk bei der am Donnerstag geplanten Entscheidung, hieß es am Mittwoch in deutschen Regierungskreisen. Auch ein Vertreter der EU-Kommission in Berlin sagte: "Das Ergebnis wird eine sehr klare Sprache sprechen."
Der EU-Gipfel soll am Donnerstag über die Personalie entscheiden.
Widerstand gegen Tusk
Die polnische Regierung bekräftigte kurz vor dem EU-Gipfel ihren Widerstand gegen eine weitere Amtszeit Tusks. Ministerpräsidentin Beata Szydlo lehnte es in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief an die anderen 27 EU-Staats- und Regierungschefs ab, Tusks Mandat bis 2019 zu verlängern. Sie warf dem ehemaligen polnischen Regierungschef vor, auf dem EU-Posten gegen das Gebot politischer Neutralität "brutal verstoßen" und sich in die polnische Innenpolitik eingemischt zu haben.
Der ehemalige polnische Ministerpräsident Tusk hat das Amt seit Dezember 2014 inne. Er gehört der liberal-konservativen polnischen Bürgerplattform an, die in Polen in der Opposition ist.
"Nach meiner Kenntnis gibt es nur ein einziges Land, das sich gegen Tusk ausgesprochen hat", sagte ein deutscher Regierungsvertreter am Mittwoch. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel stelle sich offen hinter den früheren Ministerpräsidenten. "Die Position der Bundeskanzlerin ist die, dass sie die bisherige Arbeit von Ratspräsident Tusk sehr schätzt und dass aus ihrer Sicht eine Wiederwahl gut für Europa wäre."
Ungarn stellt sich nicht quer
Auch aus Ungarn sei keine Überraschung zu erwarten, hieß es am Mittwoch aus EU-Ratskreisen. Ungarn sei mit der bisherigen Amtszeit und der Arbeit des Polen Tusk sehr zufrieden.
Tusk muss nach zweieinhalb Jahren als Ratspräsident für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden. Die Wahl kann mit qualifizierter Mehrheit und damit gegen den Willen Polens getroffen werden. Es wäre das erste Mal, dass ein Ratspräsident gegen den Willen seines Heimatlandes gewählt würde. Nach Angaben der maltesischen EU-Ratspräsidentschaft wurde Polen darüber informiert, dass Saryusz-Wolski nicht zum Gipfel eingeladen wird. Die Entscheidung kann von den Staats- und Regierungschefs per Mehrheit getroffen werden.
Der Chef der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, hatte Tusk vorgeworfen, er verletze elementare EU-Regeln. Der Widerstand hat aber auch persönliche Gründe: Kaczynski hält Tusk für einen Flugzeugabsturz im Jahr 2010 "moralisch verantwortlich", bei dem neben mehreren Regierungsmitgliedern auch sein Zwillingsbruder Lech Kaczynski, der damalige Präsident Polens, ums Leben kam.