Massaker-Jahrestag

Polen ernüchtert über Katyn-Gedenkfeier

08.04.2010

Das Wort "Entschuldigung" sei in Putins Rede nicht gefallen.

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© EPA/RIA NOVOSTI
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Die gemeinsame russisch-polnische Gedenkfeier zum 70. Jahrestag des Massakers von Katyn am Mittwoch, die international als Schritt zur Versöhnung gewertet wird, hat in Polen Ernüchterung hervorgerufen. Die meisten polnischen Beobachter weisen darauf hin, dass der russische Premier Wladimir Putin nicht auf die polnischen Postulate einging, so die Öffnung der Archive, und auch die Schuldigen an dem Verbrechen nicht exakt benannte.

Noch nicht reif für Entschuldigung
Der Rede von Putin habe "das i-Tüpfelchen gefehlt", sagte Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski von der rechtsliberalen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) am Donnerstag gegenüber Radio TOK FM. Das Wort "Entschuldigung" sei nicht gefallen, so Komorowski. Putins Rede sei "verlegen" gewesen, er habe sich wohl von Meinungsumfragen in Russland leiten lassen, die zeigten, dass die russische Gesellschaft für eine Entschuldigung noch nicht reif sei. Dennoch sei die gemeinsame Feier von Putin mit dem polnischen Premier Donald Tusk (PO) "ein großer Schritt nach vorne" gewesen, so Komorowski.

Noch kritischer beurteilte das rechtskonservative Lager Putins Rede. "Ich bewerte sie negativ", erklärte der Historiker Witold Wasilewski vom Institut für das nationale Gedenken (IPN) gegenüber dem Fernsehsender TVP am Donnerstag. Nichts habe darauf hingedeutet, dass Russland das Verbrechen politisch und juristisch neu beurteilen und es etwa als Kriegsverbrechen ansehen wolle, so Wasilewski. Der russische Premier habe nicht gesagt, dass das Politbüro der kommunistischen Partei das Verbrechen anordnete und der Geheimdienst NKWD es ausführte.

Totalitarismus verurteilt
Dennoch sahen liberale Kommentatoren die Gedenkfeier deutlich wohlwollender. "Es ist etwas Bedeutsames passiert", erklärte der Herausgeber der Zeitung "Gazeta Wyborcza" Adam Michnik zu der gemeinsamen Feier. Michnik hält dem russischen Premier Putin zugute, dass dieser den Totalitarismus eindeutig verurteilt habe.

Für Missstimmung sorgte bei manchen Polen auch, dass Wladimir Putin nach der Gedenkfeier, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Tusk, eine umstrittene Erklärung für das Verbrechen nannte: Stalin habe sich persönlich dafür rächen wollen, dass sowjetische Soldaten nach dem polnisch-sowjetischen Krieg 1920 in polnischer Kriegsgefangenschaft gestorben seien. Putin bezifferte die Opfer auf 32.000.

22.000 Menschen ermordet
In Katyn und an anderen Orten der ehemaligen Sowjetunion ermordete der sowjetische Geheimdienst NKWD im Frühjahr 1940 mindestens 22.000 polnische Soldaten und Zivilisten. Die Sowjetunion lastete das Verbrechen bis 1990 dem nationalsozialistischen Deutschland an. Putin hatte mit Tusk zum ersten Mal einen polnischen Premier zur gemeinsamen Gedenkfeier eingeladen. Vor allem die Angehörigen der Getöteten hatten sich davon auch konkrete Schritte erhofft, so die vollständige Öffnung der Archive, die das Verbrechen betreffen.

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