Schütze "eliminiert"
Amoklauf an der Prager Universität: 14 Tote bestätigt
21.12.2023
Nach dem verheerenden Schusswaffenangriff an der Karls-Universität in Prag haben die Behörden die Zahl von 14 Toten offiziell bestätigt.
Das sagte der tschechische Polizeipräsident Martin Vondrasek am späten Donnerstagabend auf einem im Fernsehen übertragenen Briefing. Zuvor hatte er von 15 Toten gesprochen. Nach den neuen Angaben wurden 25 Menschen verletzt, davon zehn schwer bis lebensgefährlich. Sie wurden auf zahlreiche Krankenhäuser verteilt.
Ein männlicher Schütze hatte am Nachmittag im Hauptgebäude der Philosophischen Fakultät im Stadtzentrum das Feuer eröffnet. Auch er war tot. Ob er erschossen wurde oder sich selbst richtete, war noch unklar. Vor der Bluttat soll der Student nach ersten Erkenntnissen seinen Vater ermordet haben. Der mutmaßliche Täter – es soll sich um David K. handeln – habe sich wahrscheinlich von Amokläufen im Ausland inspirieren lassen, vermutete Vondrasek.
Der tschechische Innenminister Vit Rakusan sagte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen CT, es gebe keine Hinweise auf einen zweiten Täter oder auf einen terroristischen Hintergrund. Es habe sich um einen einsamen Schützen gehandelt, sagte Regierungschef Petr Fiala. Es dürfte der schlimmste Schusswaffenangriff in der Geschichte der seit 1993 unabhängigen Tschechischen Republik sein.
Keine Österreicher betroffen
Das Außenministerium in Wien betonte auf Anfrage der APA, es gebe nach Rücksprache mit der österreichischen Botschaft in Prag derzeit keine Hinweise, dass österreichische Staatsbürger von der Schussattacke in Prag betroffen seien. Man stehe weiter mit der diplomatischen Vertretung Österreichs in der Tschechischen Republik in engem Kontakt.
Blutbad nahe der Karlsbrücke
Zu den Schüssen kam es an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität am Jan-Palach-Platz. Dort werden Geisteswissenschaften unterrichtet. Die Polizei war mit einem Großaufgebot an Ort und Stelle, darunter waren Spezialkräfte. Der Jan-Palach-Platz befindet sich nur wenige hundert Meter von der bekannten Karlsbrücke entfernt, dem Wahrzeichen der Stadt an der Moldau. In einem Video eines Users auf X waren Menschen zu sehen, die über die bei Touristen sehr beliebte Karlsbrücke flüchteten. Im Begleittext war zu lesen, dass sie sich von den Schüssen, die in der Nähe zu hören gewesen seien, entfernten.
Die Polizei rief die Menschen auf, die Gegend weiträumig zu meiden und sperrte den Platz ab. Bewohner sollten nicht aus dem Haus gehen. Auf Fotos war zu sehen, wie Studenten das Universitätsgebäude mit erhobenen Armen verlassen. Die Universität verschickte ein E-Mail an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in Deckung zu gehen und die Türen zu verschließen. Nach einem Bericht des Fernsehsenders Nova soll sich der Schütze zuletzt auf dem Dach des Fakultätsgebäudes aufgehalten haben. Auch eine Explosion sei demnach zu hören gewesen.
Polizei riegelte Univiertel ab
Die Polizei rief die Menschen auf, die Gegend weiträumig zu meiden. Bewohner sollten nicht aus dem Haus gehen. Auf Fotos war zu sehen, wie Studenten das Universitätsgebäude mit erhobenen Armen verlassen. Die Universität verschickte ein E-Mail an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in Deckung zu gehen und die Türen zu verschließen. Nach einem Bericht des Fernsehsenders Nova soll sich der Schütze zuletzt auf dem Dach des Fakultätsgebäudes aufgehalten haben. Auch eine Explosion sei demnach zu hören gewesen.
Studenten und Mitarbeiter der Universität teilten in den sozialen Medien mit, dass sie sich in Hörsälen und Büros verbarrikadiert hätten. Die Menschen sollten nun nach und nach aus dem Gebäude gebracht werden. Der Rettungsdienst schickte mehrere Rettungswagen, Notärzte und einen Großraumrettungswagen zum Einsatzort.
Nähere Informationen zu einem möglichen Motiv gab es zunächst nicht. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock kondolierte ihrem tschechischem Amtskollegen Jan Lipavský auf X und sprach von einem "Anschlag", der Europa mitten ins Herz treffe.
Tschechiens Politik reagiert erschüttert
Der tschechische Präsident Petr Pavel sprach den Angehörigen der Getöteten sein Beileid aus. Er dankte den Bürgern beim Kurznachrichtendienst X am Donnerstag dafür, dass sie den Anweisungen der Sicherheitskräfte gefolgt seien. Wie das Büro des Staatsoberhaupts mitteilte, bricht Pavel seinen derzeitigen Frankreich-Besuch ab und kehrt vorzeitig nach Tschechien zurück. Es dürfte sich um die schlimmste Tat mit Schusswaffen in der Geschichte der seit 1993 unabhängigen Tschechischen Republik handeln.
Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala brach einen Arbeitsbesuch in Mähren ab. "Aufgrund der tragischen Ereignisse habe ich mein Arbeitsprogramm in Olomouc abgesagt und werde nach Prag zurückkehren", teilte der liberalkonservative Politiker mit. "Ich stehe in Kontakt mit dem Innenminister und der tschechischen Polizei und bitte alle Bürgerinnen und Bürger, die Empfehlungen der Rettungsdienste zu beachten." Am späten Abend sollte die Regierung zu einer Krisensitzung zusammenkommen.
Der Prager Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda zeigte sich schockiert. "Das ist eine Tragödie", sagte er dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen CT. "Das Schlimmste daran ist, dass diese Dinge nicht zu verhindern sind." Viele dächten, so etwas könne nur in den USA passieren, weil viele dort bewaffnet seien. Es zeige sich, dass dem nicht so sei. Zum Zeitpunkt der Schüsse sei er in seiner Residenz unweit der Universität gewesen. "Die Polizei hat uns eingeschlossen, wir durften das Gelände nicht verlassen", sagte Svoboda.
Van der Bellen "tief schockiert"
Auch Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte seine Solidarität: "Ich bin tief schockiert von der grausamen Attacke heute in Prag, die so viele Opfer forderte. In diesen schmerzhaften Stunden sind unseren Gedanken mit dem Menschen in der Tschechischen Republik, bei den Familien und Freunden der Opfer", schrieb Van der Bellen auf X.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) schrieb auf X: "Ich bin zutiefst schockiert von den schrecklichen Nachrichten über Schüsse und Todesopfer an der Universität in Prag. Mein herzliches Beileid den Familien und Freunden der Opfer." Und an seinen tschechischen Amtskollegen Petr Fiala gewandt: "Wir stehen fest an eurer Seite!" Auch zahlreiche Regierungsmitglieder von ÖVP und den Grünen zeigten sich betroffen.
Ähnlich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, ebenfalls auf X: Die Nachricht über die tödlichen Schüsse habe ihn zutiefst erschüttert. "Ich bekunde meine Solidarität mit den Opfern, den Verletzten und ihren Angehörigen sowie mit dem tschechischen Volk und den tschechischen Behörden."
Die Karls-Universität wurde 1348 gegründet und zählt damit zu den ältesten europäischen Universitäten. Sie hat insgesamt rund 49.500 Studentinnen und Studenten. Davon studieren rund 8.000 an der Philosophischen Fakultät Fächer wie Germanistik, Slawistik oder Geschichtswissenschaft.