Porsche-Crash tötet vier Fußgänger: Zweifel an Unfallversion
09.09.2019
Am Freitagabend raste ein Porsche-SUV in eine Fußgänger-Gruppe – vier Menschen starben. Ein neues Dashcam-Video lässt Zweifel an der Unfallversion aufkommen.
Berlin. Nach dem für vier Menschen tödlichen Unfall in Berlin begleitet Kritik an schweren Sportgeländewagen (SUV) die Suche nach der Unglücksursache. Ein solches hochmotorisiertes Auto war am Freitagabend im Zentrum der Hauptstadt von der Straße abgekommen und hatte vier Fußgänger tödlich verletzt, darunter einen dreijährigen Buben. Nachdem nun eine Dashcam-Aufnahme aufgetaucht ist, erhärten sich die Zweifel an der Unfallversion. Ein Taxifahrer filmte den Porsche kurz vor dem Horror-Crash.
Auf dem Video ist zu sehen, dass der SUV links vorbei auf den Gegenverkehr fährt und noch einmal zu beschleunigen scheint. In dem Video ist der SUV zunächst nur zu hören. Er kündigt sich schon aus der Ferne mit lauten Motorengeräuschen an.
Offene Fragen. Nun wackelt die Annahme, dass es sich um einen medizinischen Notfall gehandelt habe. Verliert ein Lenker das Bewusstsein, kippt er normalerweise zur Seite. Wird das Auto nicht gelenkt, würde es wohl kaum so gleichmäßig geradeaus fahren. Die Frage bleibt ebenso, ob nicht auch der Fuß bei einem medizinischen Notfall des Lenkers vom Gaspedal rutschen müsste. Dass das Auto sogar noch beschleunigt, ist ebenfalls ungewöhnlich.
Polizei macht keine näheren Angaben
Die Polizei machte auch am Sonntag bis zum Nachmittag noch keine näheren Angaben, wie es zu dem Unfall kommen konnte, und verwies auf die nächsten Tage. In Betracht gezogen wird unter anderem ein medizinischer Notfall beim Fahrer. Zur Ursachenforschung wollte die Polizei den Unfall gegebenenfalls im 3D-Modell nachstellen.
SUV (Sport Utility Vehicle) sind bei Autokäufern in Deutschland zunehmend beliebt, obwohl sie von Kritikern als besonders umweltschädlich bezeichnet werden. Im August fiel mehr als jeder fünfte Neuwagen in diese Kategorie. Hinzu kommen in der Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes noch zehn Prozent herkömmliche Geländewagen.
Mahnwache auf der Kreuzung
Anrainer und Passanten suchten auch am Sonntag den Unfallort in Berlin auf. Blumen lagen auf dem Weg, außerdem Kerzen, Kuscheltiere und Bilder. Am Samstagabend hatten etwa 500 Menschen mit einer Mahnwache auf der Kreuzung Invalidenstraße/Ackerstraße der Opfer gedacht. Vier Minuten lang schwiegen sie am Unfallort - je eine Minute für jedes Todesopfer. Auf Transparenten verlangten Teilnehmer "Motorisierte Gewalt stoppen", sie kritisierten "motorisierte Mordwerkzeuge".
Die Deutsche Umwelthilfe hatte die Debatte eröffnet, indem sie auf Twitter schrieb, SUV hätten in den Städten nichts zu suchen. Sie erntete dafür auch Kritik: So warf der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Mario Luczak dem Verein und anderen vor, den Unfall zu instrumentalisieren. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von einem schrecklichen Unfall.
Nach Anwohnerangaben hatte der Porsche Macan mit hoher Geschwindigkeit auf der Gegenfahrspur den stehenden Verkehr an der Ampel überholt und war auf den Gehsteig geraten. Der Sportgeländewagen knickte einen Ampelmast und mehrere Poller um, durchbrach einen Bauzaun und kam erst auf einem Baugrundstück zum Stehen.
Keine Angaben zu Verwandtschaftsverhältnissen
Auf dem Gehweg kam neben dem Kleinkind eine 64-jährige Frau ums Leben - nach unbestätigten Informationen die Großmutter des Buben. Zudem wurden zwei Männer im Alter von 28 und 29 Jahren getötet. Die Mutter des Dreijährigen, die ein weiteres Kind dabei hatte, überlebte nach Feuerwehrangaben. Die Polizei machte zu Verwandtschaftsverhältnissen keine Angaben, teilte aber mit, eine 38-Jährige und ihr neunjähriger Bub hätten Schocks erlitten.
Der 42 Jahre alte SUV-Fahrer erlitt Kopfverletzungen und liegt im Krankenhaus. Um die Unfallursache zu klären, wurde dem Mann Blut entnommen. Auf eine vorsätzliche Tat deutet nach Einschätzung der Polizei nichts hin. Im Auto saßen auch ein sechs Jahre altes Mädchen und eine 67 Jahre alte Frau. Auch sie erlitten Schocks.