Otunbajewa bleibt
Präsidentenwahl in Kirgistan abgesagt
19.05.2010
Die für Oktober geplante Wahl eines neuen Präsidenten in Kirgistan ist am Mittwoch von der Übergangsregierung abgesagt worden.
Die Chefin der Übergangsregierung, Rosa Otunbajewa, soll nun bis Ende 2011 die Aufgaben des Präsidenten übernehmen, teilte die Übergangsregierung in Bischkek in einem Dekret mit. Der bisherige Staatschef Kurmanbek Bakijew war vor rund einem Monat nach Massenprotesten gestürzt worden.
Erneut Tote und Verletzte
Bei neuen blutigen Unruhen sind in der
zentralasiatischen Republik zudem mindestens drei Menschen getötet und mehr
als 62 weitere verletzt worden. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen
zwischen Kirgisen und der usbekischen Minderheit seien im Süden des Landes
Menschen durch Schüsse, Steinwürfe und Knüppel verletzt worden, teilte das
Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Bischkek mit. In Jalalabad wurde
wegen der blutigen Straßenschlachten bis zum 1. Juni der Ausnahmezustand
verhängt.
Weil die Lage im Land seit dem Sturz des autoritären Präsidenten Kurmanbek Bakijew Anfang April weiter instabil ist, soll nun Übergangsregierungschefin Rosa Otunbajewa das Amt des Staatsoberhaupts übernehmen. Ein Dekret über ihre Ernennung werde vorbereitet, teilte die Regierung mit. Verteidigungsminister Ismail Issakow entsandte Truppen nach Jalalabad, eine Hochburg der Bakijew-Anhänger, um die Lage im Süden unter Kontrolle zu bringen.
Instabiles Jalalabad
In Jalalabad, der Heimat Bakijews, kämpfen
seine Anhänger und Kräfte der neuen Führung sowie Angehörige der usbekischen
Minderheit gegeneinander. Beobachter befürchteten, dass sich die Unruhen auf
das Nachbarland Usbekistan ausweiten könnten. Seit dem blutigen
Volksaufstand Anfang April wurden bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen
in Kirgistan etwa 100 Menschen getötet, mehr als 1.500 weitere wurden
verletzt.
Russland hatte der Regierung unter Otunbajewa wiederholt Unterstützung zugesichert. Experten erwarten, dass auch die von Russland zum Schutz der eigenen Bürger und Militärstützpunkte nach Kirgistan entsandten 150 Soldaten als "Friedenskräfte" eingesetzt werden könnten. Der russische Staatschef Dmitri Medwedew hat den Sondergesandten Wladimir Ruschailo nach Kirgistan geschickt, der die Lage dort sondieren soll.
Die Übergangsregierung hatte zuletzt angekündigt, im Juni über eine neue Verfassung abstimmen und im Oktober Neuwahlen abhalten zu lassen. Für einen schnelleren Ausweg aus dem Machtvakuum soll jetzt Otunbajewa das höchste Amt des Staates vorübergehend übernehmen.
Kirgistan leidet unter Wirtschaftsblockade
Die völlig verarmte
Ex-Sowjetrepublik kommt zudem wirtschaftlich nicht zu Kräften. Die Lage sei
gespannt, weil die autoritär regierten Nachbarstaaten Kasachstan und
Usbekistan eine Wirtschaftsblockade gegen Kirgistan errichtet hätten,
meldete Akipress.
Unternehmen kritisierten die Blockade als Verstoß gegen internationales Recht. Sie forderten die Regierung auf, bei den Vereinten Nationen und der OSZE gegen die "unzulässigen Sanktionen" zu protestieren. Kasachstan hat derzeit den OSZE-Vorsitz inne und hatte auch dem gestürzten Bakijew zeitweilig Unterschlupf gewährt. Der Ex-Präsident lebt inzwischen in seinem Exil im autoritär geführten Weißrussland, das seine Auslieferung ablehnt.