Libyens Premier Ali Seidan war mehrere Stunden in der Hand von Geiselnehmern.
Nichts demonstriert das Chaos in Libyen drastischer als die Kurz-Geiselnahme des Premiers Ali Seidan. Der Politiker ist in der Nacht zum Donnerstag aus der Lobby des Hotel Corinthia in Tripolis von mehreren Bewaffneten entführt worden. Die Maskierten schleppten den Politiker zu einem Autokonvoi vorm Hotel, rasten weg.
Die Entführer nannten sich „Kommandoraum der revolutionäre Libyens“ und „Kampfbrigade gegen das Verbrechen“. Als Grund für die Entführung wird eine Vergeltungsmaßnahme für die Gefangennahmen des Al-Kaida Kommandanten Abu Anas al-Libi angenommen. Der Terrorchef wurde vergangene Woche in Tripolis von US-Spezialeinheiten verhaftet und außer Landes gebracht.
Regierungschef gilt als Marionette der USA
Rache. Stunden nach der Entführung wurde Ali Seidan wieder freigelassen. Er überstand die Kurz-Geiselnahme unverletzt.
Ali Seidan ist der erste gewählte Präsident Libyens, er kam nach dem gewaltsamen Sturz von Diktator Muammar Gaddafi an die Macht, regiert seit November 2012. Zuvor lebte er im Irak und in Deutschland im Exil. Der „Premier „ gilt unter den „Rebellen“ in Tripolis als Amerikafreund.
Als oberste Priorität nannte Ali Seidan stets den Aufbau einer neuen Armee und einer funktinierenden Polizei. Das ist ihn bis heute nicht gelungen. Zahlreiche frühere Rebellenmilizen sind noch immer bewaffnet. Wiederholt besetzten die Milizen Ministerien, um von der Regierung ausstehende Gehälter einzufordern. Jetzt schlugen die Islamisten zu.
Terrorchef verhaftet
US-Delta Forces entführten vergangene Woche Al-Kaida-Terrorboss Abu Anas al-Libi aus seinem Haus in Tripolis.
Die US-Einheiten lauerten dem Top-Terroristen vor seinem Haus in der libyschen Hauptstadt auf. Nach dem Morgengebet wurde al-Libi von den Elitekämpfern verschleppt und außer Landes gebracht – vermutlich brachten sie ihn mit einem Hubschrauber auf ein US-Militärschiff im Mittelmeer.
Al-Libi (Osama-bin-Laden- Vertrauter) gehörte zu den meistgesuchten Terroristen weltweit. Bei Anschlägen auf US-Botschaften in Nairobi (Kenia) und Daressalam (Tansania) waren 230 Menschen getötet worden, Hunderte wurden verletzt.